Urteil:Richter rechtfertigen sich

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Der Bundesgerichtshof bestätigt Strafen für Ex-Manager der Privatbank Sal. Oppenheim und hat selbst Erklärungsbedarf: Die Strafen mögen niedrig sein, aber sie sind gut begründet.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Die ausführliche Begründung der Karlsruher Richter klang beinahe wie eine Entschuldigung dafür, dass der Bundesgerichtshof die ehemaligen Führungsriege der Privatbank Sal. Oppenheim nun doch vergleichsweise glimpflich davon kommen ließ. Zwar muss einer der Angeklagten - Friedrich Carl Jansen, einst für das Risikomanagement der Bank zuständig - tatsächlich ins Gefängnis. Das Landgericht Köln hatte ihn 2015 zu zwei Jahren und zehn Monaten wegen Untreue verurteilt - wegen eines überteuerten Immobiliengeschäfts, vor allem aber wegen verlustträchtiger Kredite und Aktienkäufe im Zusammenhang mit dem damals, 2008, schwer angeschlagenen Handelskonzern Arcandor. Der BGH hat das Urteil an diesem Mittwoch bestätigt. Aber für die anderen drei Angeklagten bleibt es bei Bewährungsstrafen. Die ehemaligen persönlich haftenden Gesellschafter Matthias Graf von Krockow, Christopher von Oppenheim und Dieter Pfundt müssen keine Haftzelle beziehen - trotz eines immensen Schadens von mehr als 80 Millionen Euro.

Es war vor allem die enorme Höhe des Schadens, die den milden Urteilsspruch des Landgerichts Köln als fragwürdig erscheinen ließ. Denn vor einigen Jahren hat der BGH jedenfalls für das Thema Steuerhinterziehung festgelegt, dass bei Überschreiten der Millionengrenze grundsätzlich Gefängnis fällig ist - ohne Bewährung. Zwar ist dieser für das Strafrecht eher ungewöhnliche Automatismus inzwischen auch im BGH selbst umstritten. Aber in der Revisionsverhandlung in Sachen Oppenheim wurde vor dem BGH die Frage aufgeworfen, ob dieser Grundsatz nicht auch auf Untreue übertragbar sei, wo es ja ebenfalls um finanzielle Einbußen geht.

Diese Frage hat der BGH nun klar verneint. Zwar sei das Ausmaß des finanziellen Schadens immer ein wichtiger Aspekt für die Höhe der Strafe, erläuterte der Senatsvorsitzende Jürgen Schäfer. Allerdings gebe es bei der Untreue eine sehr viel größere Bandbreite verschiedener Tatvarianten als bei der eher schematischen Steuerhinterziehung. Das heißt: Wer mit großer List und Tücke das Geld aus einem Unternehmen abzieht, lädt mehr Schuld auf sich als einer, der nur sorglos und nachlässig handelt. Deshalb hält der BGH das Prinzip "Haft ab einer Million Schaden" für nicht übertragbar auf Delikte jenseits der Steuerhinterziehung.

Ansonsten schien Schäfer zwar den Eindruck zu teilen, dass die Angeklagten gut, vielleicht zu gut weggekommen sind. Man könne die Strafen als maßvoll, als milde bezeichnen. "Keine Frage, die Höhe des Schadens ist groß." Er verwies aber auf die Rollenteilung zwischen dem Landgericht, das sich in mehr als 100 Verhandlungstagen eine Überzeugung gebildet hatte, und dem BGH, der Urteile allein auf Rechtsfehler überprüfen darf. Und da lautete das Fazit: Die Strafen mögen niedrig sein, aber sie sind aus Sicht des BGH aber überzeugend begründet. Etwa die Rolle des Aktionärsausschusses - eigentlich ein Kontrollgremium, das den Angeklagten aber weitgehend freie Hand gelassen habe. Dass die Kontrolle so lax war, durfte das Landgericht zugunsten der Angeklagten werten. Überhaupt die lange Liste der "Strafmilderungsgründe", vom Geständnis bis zur Länge des Verfahrens und seiner medialen Begleitung: Die Würdigung all dieser Umstände sei Sache des Landgerichts. Die Strafen seien jedenfalls "nicht unvertretbar niedrig" ausgefallen.

© SZ vom 15.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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