Urteil:Bundesgerichtshof stützt Versicherer

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Der BGH hat es für rechtens erklärt, dass Lebens­versicherungen ihre Kunden nicht stärker an den Überschüssen beteiligen müssen, die sie zum Beispiel mit Wertpapieren erwirtschaften.

Von Herbert Fromme, Köln

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Hoffnung von Verbraucherschützern zunichte gemacht, deutlich höhere Auszahlungen für Kunden aus Lebensversicherungen erreichen zu können. Die im August 2014 eingeführte Gesetzesänderung zu den Regeln für die Beteiligung der Kunden an den Bewertungsreserven, die zu spürbar reduzierten Auszahlungen geführt hat, sei nicht verfassungswidrig, urteilte der IV. Zivilsenat (IV ZR 201/17) am Mittwoch.

Die Verbraucherorganisation Bund der Versicherten (BdV), die geklagt hatte, kündigte an. "Wir wollen uns jetzt an das Bundesverfassungsgericht wenden", sagte BdV-Vorstandssprecher Axel Kleinlein.

Der BdV hatte für einen Kunden der Ergo-Tochter Victoria Leben geklagt. Der Kunde hatte dort 1999 eine Lebensversicherung abgeschlossen, die am 1. September 2014 planmäßig ablief. Am 1. Juli 2014 kündigte die Victoria eine Auszahlung von 50 274 Euro an, davon entfielen 2821 Euro auf die Beteiligung an den Bewertungsreserven. Am 22. August 2014 schrieb die Victoria erneut: Die Summe betrage 47 602, davon nur 149 Euro aus Bewertungsreserven. Am 6. August war die neue gesetzliche Vorschrift in Kraft getreten. Der BdV verklagte die Victoria auf die Differenz und verlor jetzt in der dritten Instanz.

Den aktuellen Fall muss das Landgericht Düsseldorf noch einmal verhandeln

Bewertungsreserven, früher auch stille Reserven genannt, entstehen, wenn Wertpapiere bei Verkauf mehr bringen würden als der Betrag, mit dem sie in der Bilanz stehen. Wenn die Zinsen sinken, steigen die Marktpreise für festverzinsliche Papiere wie Staatsanleihen, die noch einen höheren Zins haben. Dasselbe gilt für Aktien, wenn die Kurse steigen. Allerdings stehen solche Gewinne nur auf dem Papier, bis der Lebensversicherer sie verkauft.

Trotzdem setzten Verbraucherschützer 2006 durch, dass Kunden die Hälfte der Bewertungsreserven erhalten, die mit ihrem Geld erwirtschaftet wurden. Das Gesetz trat am 1. Januar 2008 in Kraft - in eben dem Jahr, in dem die Finanzkrise begann, die bis heute zu äußerst niedrigen Zinsen führt und den Versicherern große Probleme bereitet. 2014 änderte der Bundestag die Vorschrift erneut: Nur wenn ein Lebensversicherer genug Geld hat, um seine Garantiezinsen zu zahlen, darf er Kunden an den Bewertungsreserven aus festverzinslichen Wertpapieren beteiligen.

Das alles ist nicht verfassungswidrig, so der BGH. Trotzdem hat er das Urteil des Landgerichts Düsseldorf aufgehoben, dort muss man sich erneut mit dem Fall befassen. Die Düsseldorfer hätten darüber urteilen müssen, ob die Victoria Leben tatsächlich das eingesparte Geld brauchte, um ihre Garantiezusagen einhalten zu können.

© SZ vom 28.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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