Übernahme:Zweifel an den Traumpaaren

Lesezeit: 2 min

Bayer und Monsanto müssen für die geplante Fusion noch einige Überzeugungsarbeit leisten. Denn Politiker und Bauern dies- und jenseits des Atlantiks beobachten die vielen Zusammenschlüsse in der Agrochemie mit Sorge.

Von Michael Bauchmüller und Elisabeth Dostert, München

www.advcancingtogether.com, so heißt die Internetseite, die Bayer und Monsanto mit Informationen über ihre geplanten Zusammenschluss füttern. Mitteilungen und Fotos, kurze Videos, Bayer-Chef Werner Baumann und Monsanto-Chef Hugh Grant händeschüttelnd, obwohl der Amerikaner Videos eigentlich blöd findet. Die Botschaft ist immer dieselbe und ziemlich aufdringlich: Bayer und Monsanto sind ein Traumpaar.

Zumindest im Deutschen Bundestag haben die beiden Unternehmen da aber noch einige Überzeugungsarbeit vor sich. Am Mittwoch debattiert er in einer Aktuellen Stunde über die geplante Fusion. Die Anhänger, das zeigt sich schnell, sind rar gesät. Sie finden sich nur in den Reihen der Union. Die CDU-Abgeordnete Kristina Schröder etwa wirbt für die Chancen der grünen Gentechnik, für einen neuen, größeren deutschen Konzern - der sich dann deutschen Gesetzen beugen müsse. Negative Folgen der Gentechnik seien wissenschaftlich nicht feststellbar. "Das war eine wunderbare Bewerbung als Pressesprecherin für den neuen Konzern", sagt gleich anschließend der Linken-Politiker Niema Movassat. Schnell ist klar: Müsste der Bundestag über die Fusion entscheiden, könnten Bayer und Monsanto ihre Werbe-Homepage gleich wieder aus dem Netz nehmen.

"Eine solche Marktmacht können wir im Nachhinein nicht mehr eingrenzen."

Denn SPD, Grüne und Linkspartei sehen vor allem die Gefahren der Fusion. "Die Verlierer werden die Landwirte sein", sagt die Grünen-Wirtschaftspolitikerin Katharina Dröge. Mit der Marktmacht werde auch der politische Einfluss des neuen Konzerns steigen. "Die Kartellbehörden müssen sehr genau hinsehen." Ähnlich die SPD-Abgeordnete Elvira Drobinski-Weiß: "Eine solche Marktmacht können wir im Nachhinein gar nicht mehr eingrenzen", warnte sie. Und das Geschäftsmodell des neuen sei weit von dem entfernt, "was tatsächlich nachhaltig ist".

Derlei Zweifel gibt es auch jenseits des Atlantiks, zumal es nicht die einzige Transaktion in der Agrochemie-Branche ist. Binnen nicht mal eines Jahres paaren sich auch Dow Chemical und Dupont sowie Chem China und Syngenta. "Es sieht so aus, als ob aus der Konsolidierungswelle ein Tsunami geworden ist", sagte Chuck Grassley. Der Mann aus Iowa sitzt für die Republikaner im US-Senat und ist Vorsitzender des Ausschusses, dem sich am Dienstagabend Vertreter des Agrochemie-Industrie stellen mussten. Grassley ist selbst Farmer. Zu Beginn der Anhörung schildert er die angespannte Lage in der Landwirtschaft. Ein Bushel Mais, das sind etwa 25 Kilogramm, koste gerade mal drei Dollar, nicht einmal mehr halb so viel wie im Spitzenjahr 2012. Gleichzeitig seien die Preise für Saatgut in den vergangenen Jahrzehnten von zwölf bis 15 Dollar je Sack auf rund 300 Dollar, allerdings ohne Rabatte.

Die Bauern stünden unter enormen finanziellem Druck, beklagte Grassley. Die Kosten für Saatgut, Pflanzenschutz und Dünger insgesamt hätten sich in den vergangenen 20 Jahren fast verdoppelt. Die Fusionen, so beklagte Diana Moss, Präsidentin des American Antitrust Institute, eliminierten den Wettbewerb bei Saatgut für Mais, Sojabohnen und Baumwolle, der Anreiz zu Innovationen lasse nach. Kleinere Konkurrenten dagegen hätten das Nachsehen.

Die Industrie argumentierte in der US-Anhörung wie Unionsabgeordnete im Bundestag: Um drei Milliarden Menschen mehr zu ernähren, müssten die Erträge um 60 Prozent gesteigert werden, behauptete Jim Blome, Chef der US-Sparte von Bayer Crop Science. Ohne kontinuierliche Investitionen in neue Technologien sei das nicht machbar. "Monsanto passt perfekt zur Agrarsparte von Bayer."

© SZ vom 22.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: