Übernahme vor dem Aus:Condor zu teuer für Air Berlin

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Die aggressive Strategie des Air-Berlin-Chefs ist gescheitert: Die Übernahme des Ferienfliegers Condor ist so gut wie geplatzt. Die Spritkosten machten Joachim Hunold einen Strich durch die Rechnung.

Jens Flottau und Meite Thiede

Die Konsolidierung der deutschen Ferienflieger scheitert wohl an den hohen Treibstoffkosten. Während Air Berlin und Condor bereits Alternativen zur vereinbarten Fusion prüfen, zögern Lufthansa und Tui die geplante Zusammenlegung ihrer Fluglinien hinaus.

Air-Berlin-Chef Joachim Hunold: Die hohen Spritpreise lassen die Condor-Übernahme platzen. (Foto: Foto: AP)

Kerosinkosten sorgen für Druck

Die im September vergangenen Jahres eingefädelte Übernahme des Ferienfliegers Condor durch Air Berlin ist nach Informationen aus Branchenkreisen so gut wie geplatzt. "Die Sache ist gestorben, weil Air Berlin sich Condor nicht mehr leisten kann", sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person.

Auch Condor-Inhaber Thomas Cook könne schließlich kein Interesse daran haben, an den bestehenden Verträgen festzuhalten, wenn dadurch Air Berlin an den Rand der Pleite gerate. Die hohen Kerosinkosten haben die Fluggesellschaft unter Druck gebracht.

Europas zweitgrößter Reisekonzern Thomas Cook hatte am Dienstag erstmals eingeräumt, Alternativen zu dem Verkauf seines Ferienfliegers Condor an Air Berlin zu prüfen. Gegenwärtig würden beide Seiten darüber sprechen, ob die Transaktion überhaupt noch sinnvoll sei, sagte Vorstandschef Manny Fontenla-Novoa. Seit der Vereinbarung im vergangenen Jahr habe sich der Markt stark verändert; die Situation sei schwierig.

Auf der Suche nach Alternativen

Bis spätestens Oktober will die Reisetochter des Arcandor-Konzerns (ehemals Karstadt-Quelle) nun eine Lösung finden. Fontenla-Novoa versicherte, er betrachte die Fluggesellschaft nach wie vor "als leistungsstarkes Unternehmen mit beachtlichem Potential".

Doch das Scheitern der Pläne mit Air Berlin bringt seine Strategie ins Wanken. Thomas Cook will nämlich nicht länger ein integrierter Reisekonzern sein, sondern sich als Händler von Reisen aufstellen. Das bedeutet, dass eine hohe Kapitalbindung in eigene Hotels und Flugzeuge vermieden werden soll, um die Risiken zu mindern. Eine geringere Marge wird im Gegenzug in Kauf genommen.

Überfällige Konsolidierung

Auch Joachim Hunold, Chef von Air Berlin, stimmte am Dienstag seine Aktionäre auf die neue Lage ein. Auf der Hauptversammlung in London sagte er: "Aufgrund der erheblichen Verzögerungen bei der Zulassungsprüfung und des sich verändernden konjunkturellen Umfelds prüfen wir derzeit zusammen mit Thomas Cook, ob die Condor-Transaktion nach wie vor sinnvoll ist."

Damit ist die von Experten als längst überfällig betrachtete Konsolidierung des deutschen Billigfliegermarktes, der unter zu hohen Kapazitäten leidet, vorerst gescheitert. Auch Tui und Lufthansa kommen mit ihren Plänen einer Allianz der Ferienflieger Tui-Fly und Germanwings nicht voran. Die im Januar vereinbarte Fusion sollte spätestens mit dem Sommerflugplan 2009 wirksam werden. Seither wird über Konditionen verhandelt. Jetzt aber hat Tui für 2009 erst einmal einen eigenen Flugplan aufgestellt. Die Verhandlungen seien komplexer als erwartet, heißt es.

Thomas Cook und Air Berlin hatten ursprünglich vereinbart, dass Thomas Cook in Stufen einen 30-Prozent-Anteil an Air Berlin übernehmen und im Gegenzug dort seine Flugsparte einbringen sollte. Das Geschäft sah auch eine vom Aktienkurs abhängige Barzahlung an Thomas Cook vor, durch die ein sinkender Börsenwert von Air Berlin ausgeglichen werden sollte.

Dramatischer Absturz

Wie dramatisch der Absturz ausfallen würde, hat aber wohl keiner erwartet: Die Air-Berlin-Aktie hat innerhalb eines Jahres rund zwei Drittel ihres Wertes eingebüßt. Der theoretisch fällige Baranteil übersteigt damit 300 Millionen Euro - ein Betrag, den Air Berlin nicht so leicht entbehren kann.

Dabei hatte sich Air Berlin eigentlich an die Spitze der Konsolidierung gestellt. Innerhalb eines Jahres hatte sich das Unternehmen erst LTU und dba einverleibt und dann nach Condor gegriffen. Doch die hohen Treibstoffkosten machten Hunold einen Strich durch die Rechnung.

Air Berlin hatte zuletzt mehrere Gewinnwarnungen abgeben müssen und plant die kommende Wintersaison mit deutlich geringerer Kapazität. Der Vorstand hat ein Sanierungsprogramm gestartet, dessen Details nicht bekannt sind. Insider haben das Rezept schon parat: Air Berlin müsse deutlich schrumpfen und sich auf den Ferien- und Billigflugmarkt konzentrieren.

© SZ vom 25.06.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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