Tui trotzt Türkei-Krise :Nicht genug Schiffe

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Für die Kreuzfahrtschiffe des weltgrößten Reiseveranstalters übersteigt die Nachfrage das Angebot. Warum die Tui Group ziemlich gut durch das Jahr der Türkei-Krise gekommen ist und das operative Ergebnis jährlich um noch mindestens zehn Prozent wachsen soll.

Von Michael Kuntz, München

Der Mann hat Sorgen, die andere Manager auch gern hätten. Für seine Kreuzfahrtschiffe ist die Nachfrage größer als das Angebot. "Zum Teil können wir die Schiffe nicht besorgen", stöhnt Friedrich Joussen, der Chef des weltgrößten Reiseveranstalters Tui Group. "Wenn wir jetzt bestellen, bekommen wir die Schiffe nicht vor 2023." Die All-Inklusive-Ferienflotte ist zu 103 Prozent ausgelastet, wegen der Beistellbetten in einigen Kabinen. Bei der Schiffssparte mit den Marken Tui Cruises und Hapag-Lloyd sprang der operative Gewinn im abgelaufenen Geschäftsjahr (30.9.) um zwei Drittel auf 130 Millionen Euro. Nicht nur ausgebuchte Kreuzfahrtschiffe, auch mehr eigene Hotels und der Verkauf seiner Datenbank Hotelbeds trugen dazu bei, dass der Reiseveranstalter erfolgreich durch ein für die Branche schwieriges Jahr gekommen ist.

Mit der Türkei war zum ersten Mal eines des beliebtesten Reiseziele weitgehend ausgefallen. Eine Serie von Anschlägen und die politische Reaktion auf den Putschversuch führten dazu, dass nur noch halb so viele Menschen in das Land fuhren. Mit der Tui waren noch eine Million Urlauber in der Türkei, viele fuhren stattdessen nach Spanien oder Portugal. Etliche blieben aber auch in Deutschland oder buchten eine Ferienwohnung und verzichteten dabei auf die Dienste eines Reiseveranstalters. So sank die Zahl der Gäste bei der Tui um ein Prozent auf 19 Millionen. Nicht zuletzt weil Spanien und Portugal aber teurere Reiseländer sind als die Türkei kletterte der Umsatz der Tui Group um ein Prozent auf 17,8 Milliarden Euro.

Der Gewinn stieg im Geschäftsjahr um 14,5 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro. Etwa ein Drittel wird ausgeschüttet an die Aktionäre, von denen der russische Milliardär Alexej Mordaschow der größte Investor ist. Pro Aktie gibt es 63 Cent nach 56 Cent vor einem Jahr, so der Vorschlag für die Hauptversammlung am 14. Februar. "Das ist eine Dividende so hoch, wie es sie bei uns noch nicht gegeben hat", sagt Joussen.

Zum Thema Tuifly und Niki in einer neuen Gemeinschaftsfirma mit dem Air-Berlin-Großaktionär Etihad aus Abu Dhabi wollte der Tui-Chef anlässlich der Bilanzvorlage nichts sagen. Er verwies auf die bevorstehenden Erklärungen der beteiligten Unternehmenseinheiten. Bekanntlich war es im Oktober, also bereits im neuen Geschäftsjahr, zu massiven Krankmeldungen bei der Fluggesellschaft gekommen. Verbraucherschützer verlangen seit den wilden Streiks Entschädigungen über die von der Tui erbrachten Leistungen hinaus.

Wo geht die Reise hin beim Marktführer mit 67 000 Mitarbeitern in 100 Ländern? Eine nachlassende Reisefreude ihrer britischen Kunden spürte die Tui trotz Brexit bislang nicht. Die Türkei werde als Reiseland wieder zurückkehren angesichts des "sehr großen Hotelangebotes und der wunderschönen Natur", sagt Joussen zwar. Doch investiert die Tui erst einmal woanders, nämlich in die aktuell stärker gefragten Zielgebiete. Das sind die Kapverdischen Inseln, Bulgarien und Kroatien.

"Wo sonst lässt sich derzeit so viel verdienen wie in der Karibik?"

Ein gutes Dutzend neue Hotels will die Tui in der Karibik bauen, wo es nicht genügend gute Unterkünfte gebe. Das macht Joussen richtig Spaß, denn hier beträgt die Rendite auf das Kapital zwischen 20 und 25 Prozent. "Wo sonst lässt sich derzeit so viel verdienen?"

Ein kleiner Wermutstropfen ist dabei, dass sich die Tui die Gewinne im besonders erfolgreichen Hotelgeschäft mit den eigenen Marken oft mit ihrem spanischen Partner Riu teilen muss. Ähnlich ist es bei den Kreuzfahrtschiffen der Mein-Schiff-Flotte. Hier ist die Royal Caribbean der Partner der Tui bei den Schiffen, von denen es derzeit durchaus noch ein paar mehr geben könnte, obwohl jährlich ein Neubau dazukommt. Das Geschäft mit den All-Inklusive-Schiffen läuft dermaßen gut, dass die Gemeinschaftsfirma mit der amerikanischen Großreederei ihre umfangreichen Investitionen aus eigenen Mitteln stemmt und noch genug Geld für eine Dividende an die Tui da ist.

Weil es bisher so gut lief, verlängert Friedrich Joussen seine Prognose um ein Jahr bis 2018/19: Das operative Ergebnis der Tui Group soll jährlich auf Basis konstanter Wechselkurse um mindestens zehn Prozent wachsen.

© SZ vom 09.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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