Transrapid:Es geht um Geld, Größe und Geschwindigkeit

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Noch streiten Bund und Bayern über die Finanzierung des Transrapid. Doch auch das Alternativprojekt einer schnellen S-Bahn ist umstritten. Die beiden Modelle im Vergleich.

Dominik Hutter

Warum ist in München eine neue Flughafen-Verbindung notwendig?

Bund und Länder sind beim Thema Transrapid uneins. (Foto: Foto: dpa)

Der Münchner Flughafen zählt zu den am stärksten wachsenden Airports Europas. Er ist der zweitgrößte in Deutschland und der siebtgrößte des Kontinents - von 2006 bis 2007 nahm die Zahl der Passagieren um mehr als zehn Prozent zu. Diese Entwicklung wird Prognosen zufolge in den nächsten Jahren weitergehen. Viele der neugewonnenen Passagiere sind Umsteiger. Nach wie vor aber starten oder landen etwa zwei Drittel der Fluggäste in München, sie benötigen also eine Transfermöglichkeit in die Stadt.

Die jetzigen Verbindungen über Straße und Schiene gelten als nahezu erschöpft, dazu kommt die lange Fahrtzeit in die Innenstadt von gut 40Minuten (mit dem Auto oft länger). Die zusätzliche Verbindung soll deshalb gleichzeitig das Wachstum des Flughafens auffangen sowie die Fahrtzeit verkürzen - und das möglichst umweltfreundlich auf der Schiene. Als Alternative zum Transrapid wird über eine Express-S-Bahn nachgedacht, die parallel zur jetzigen Bummel-S-Bahn verlaufen würde.

Was kosten die schnellen Züge - und wer soll sie bezahlen?

Der Transrapid soll 1,85 Milliarden Euro kosten - eine Summe, die auf einer mehrere Jahre alten Berechnung beruht. Kritiker gehen deshalb davon aus, dass letztlich zwei bis 2,5Milliarden Euro notwendig sind. Als Finanziers fest eingeplant sind der Bund, Bayern und die Deutsche Bahn, doch haben sich Bund und Freistaat noch nicht geeinigt. Bayerns Verkehrsminister Erwin Huber (CSU) hofft auf Beiträge des Flughafens München und der Europäischen Union.

Der Bau einer Express-S-Bahn müsste wie jede S-Bahn-Strecke von Bund und Freistaat gemeinsam aus dem Nahverkehrsetat bezahlt werden. Voraussetzung dafür ist eine Kosten-Nutzung-Abwägung, die für die S-Bahn spricht. Normalerweise übernimmt der Bund in solchen Fällen 60Prozent der Kosten, das Land 40. Rechnet man die vom Land zu bezahlende Planung mit ein, kommt man auf etwa 50:50. Die Stadt München schätzt die Baukosten, einen vier Kilometer langen Tunnel inklusive, auf etwa 860Millionen Euro. Der Freistaat geht von rund einer Milliarde Euro aus.

Wann könnten sie frühestens fertig sein und wie ist der Stand der Planung?

Beim Transrapid wird für den Jahreswechsel 2007/2008 die Baugenehmigung erwartet. Sollte also keine Verzögerung durch die angedrohten Klagen der Stadt München dazwischenkommen und die Bauzeit von dreieinhalb Jahren eingehalten werden, könnten Ende 2011/Anfang 2012 die ersten Züge schweben.

Für die Express-S-Bahn existiert überhaupt nur eine kurze Vorstudie. Die Planung müsste also erheblich vertieft werden, bevor auch nur der erste Genehmigungsschritt beantragt werden kann. Das Münchner Planungsreferat geht davon aus, dass kein Raumordnungsverfahren erforderlich ist, weil es nur um die Erweiterung und Untertunnelung einer bestehenden S-Bahn-Strecke geht. Man könnte also gleich ins Planfeststellungsverfahren übergehen, das normalerweise etwa zwei bis zweieinhalb Jahre dauert, und für das zuvor mehrere Dutzend Aktenordner mit bereits sehr konkreten Ausführungen, Prognosen, Plänen und Studien ausgearbeitet werden müssen. Die Bauzeit ist noch unklar - allerdings gelten Projekte, bei denen bei laufendem Betrieb gearbeitet und obendrein noch ein Tunnel gegraben werden muss, als zeitaufwendig. Vermutlich könnten die ersten Express-Bahnen etwa 2017 bis 2020 rollen. Huber behauptet, dass es bis 2027 dauern würde.

Wie schnell ist die Verbindung zwischen Hauptbahnhof und Flughafen?

Der Transrapid soll für die 37Kilometer knapp unter zehn Minuten benötigen, die Express-S-Bahn 25Minuten; je nach Ausbaustandard könnten es bis zu drei Minuten weniger sein.

Sind Transrapid und Express-S-Bahn wirtschaftlich zu betreiben?

Studien des Freistaats Bayern zufolge fährt der Transrapid, wenn er erst einmal fertig ist, jährlich einen zweistelligen Millionenbetrag als Gewinn ein. Zuschüsse der öffentlichen Hand seien nicht notwendig. Freilich ist vereinbart, dass die Bahn die Strecke nach 20Jahren - dann steigen die Kosten für Reparaturen und Instandhaltung - in die Obhut des Staates zurückgibt. Der Bundesrechnungshof hat dem Münchner Transrapid 2002 in einer Studie Unwirtschaftlichkeit bescheinigt: Fahrgastzahlen und Erlöse würden als zu hoch, die Kosten dagegen als zu niedrig angesetzt.

Ob die Express-S-Bahn Gewinne oder Defizite einfahren würde, wurde bisher nicht untersucht - der Staat muss ohnehin in jedem Fall für jeden gefahrenen Zugkilometer zahlen. Seit der Bahnreform 1996 sind die Länder zuständig für den Nahverkehr. Und das heißt: Wer eine S-Bahn will, muss dafür bezahlen. Der Freistaat Bayern schätzt die Kosten auf rund 20Millionen Euro pro Jahr.

Wie sehr würden die Anwohner belastet?

Prinzipiell ist der Transrapid leiser als die Eisenbahn, bei der die Fahrgestelle die Hauptlärmquelle sind. Das Transrapid-Herstellerkonsortium betont gerne, die Magnetschwebebahn sei bei Tempo300 nicht lauter als eine S-Bahn, die 80 fährt. Allerdings spielt jenseits von Tempo300 der Luftwiderstand eine erhebliche Rolle. Besucher der Teststrecke im Emsland oder der Trasse in Schanghai wissen, dass es jenseits dieser Marke ungemütlich wird an der Strecke. Allerdings werden große Teile der Münchner Innenstadt im Tunnel unterquert - wie übrigens auch bei der Express-S-Bahn.

Was würde die Fahrt jeweils kosten?

Die Tickets für den Transrapid sollen sich am Tarif der heutigen S-Bahn (8,40 bis 8,80Euro) orientieren - plus Zuschlag. Das macht etwa 13,50 bis 14,50Euro für die einfache Fahrt. Es gibt aber Ideen, mehr von den Fahrgästen zu verlangen, um wirtschaftlicher zu sein. Über den Tarif für eine Express-S-Bahn gibt es noch keine Aussagen.

Welche Zielgruppe würde am meisten profitieren?

Das Konzept des Transrapid richtet sich vor allem an Bahnkunden mit Fernreisezielen. Der Hauptbahnhof als Knotenpunkt des U- und S-Bahn-Netzes ist damit aber auch für Münchner gut erreichbar. Vorteil der Express-S-Bahn ist die Möglichkeit, in der Innenstadt, am Ostbahnhof und in den Medien-Vororten Ismaning oder Unterföhring zusteigen zu können.

Gibt es überhaupt weitere Alternativen, etwa einen ICE-Anschluss?

Theoretisch wäre es möglich, einen ICE vom Hauptbahnhof zum Flughafen weiterfahren zu lassen. Auch dafür müsste eine Strecke ausgebaut werden. Haltepunkt der wichtigen Nord-Süd-Trasse zwischen München und Nürnberg wird der Airport wohl nie werden - die erst jüngst eröffnete ICE-Strecke verläuft viele Kilometern entfernt.

© SZ vom 31.8.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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