Transrapid:"Besser als bei der Eisenbahn"

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Wie sicher ist der Transrapid? Viele Bedenken sind unsinnig, aber es bleiben begründete Zweifel. Das Hauptrisiko ist die hohe Geschwindigkeit.

Dominik Hutter

Das Horrorszenario sah so aus: Ein Transrapid rast mit 280 oder mehr Kilometern pro Stunde durch die Landschaft, als der Strom ausfällt und mit ihm die Bremsen - und der schnelle Magnetzug kracht am Streckenende in die Haltestation.

So schilderten die in einem Verband organisierten Münchner Transrapid-Gegner in diesem Mai das Szenario des schlimmsten Falls - gestützt auf ein Gutachten, das die Bürgerinitiative vorher allerdings selbst in Auftrag gegeben hatte. Der schlimme Unfall im Emsland mit 23Toten lag erst wenige Monate zurück.

Und hatte es nicht erst kürzlich, im August 2006, auch ein Feuer gegeben an einem Transrapidzug in Shanghai? Wie sicher also ist dieses angeblich so innovative Verkehrsmittel?

Die Bahn-Tochter DB Magnetbahn reagierte sofort auf die These vom Bremsproblem: "Blanker Unsinn'' sei das. Selbstverständlich gebe es diverse Sicherungen, die auch bei Stromausfall ein kontrolliertes Anhalten ermöglichten.

Die Sicherheitsdebatte aber war zurückgekehrt in die schon Jahre währende Argumenteschlacht rund um das letzte noch verbliebene Transrapid-Projekt in Deutschland.

Verstärkt wurde das Misstrauen durch die Weigerung der Magnetbahngesellschaft, ihr Sicherheitskonzept zu veröffentlichen. Nicht einmal der Stadt München wurde Einblick gewährt - weil angesichts möglicher Terrorgefahren Geheimhaltung erforderlich sei.

"Sicherer als die herkömmliche Eisenbahn"

Die meisten Verkehrsexperten gehen allerdings davon aus, dass die Magnetschwebebahn ein sehr sicheres Verkehrsmittel ist. Herbert Jansen, der Transrapid-Experte des Tüv Rheinland, hält die technischen Sicherheitssysteme sogar für "besser als bei der herkömmlichen Eisenbahn''.

Technologie-spezifische Risiken seien erkannt und "beherrschbar'' gemacht worden. Beispiel Trag- und Führmagnete, die die Schwebetour erst ermöglichen und die herausfallen oder bei hohem Tempo anschlagen könnten - eine beunruhigende Vorstellung.

Man könne aber durch spezielle Schaltungen gewährleisten, dass möglichst nur eine einzelne Komponente und nicht das gesamte Trag- und Führsystem ausfällt. Redundanz nennt das der Fachmann, bekannt vom Flugzeug, dessen Sicherheitsausstattung mehrfach vorhanden ist.

Ähnlich funktioniert es bei den Bremsen, versichern die Experten des Herstellerkonsortiums von Siemens und Thyssen-Krupp. Im Normalbetrieb dient der im Fahrweg versteckte Antrieb auch zum Bremsen.

Die Züge verfügen aber zusätzlich über die vom ICE bekannte, berührungsfrei arbeitende "Wirbelstrombremse'', die bei einem Stromausfall wie auch die Schwebemagnete aufs Bordnetz umschaltet.

Das wiederum funktioniere wahlweise über Batterie oder über spezielle Vorrichtungen, die die Restgeschwindigkeit zur Stromerzeugung nutzen. Fällt tatsächlich einmal die komplette Schwebetechnologie aus, kann der Zug auch noch auf Kufen aufsetzen.

Das Hauptrisiko beim Transrapid, davon sind Experten überzeugt, bildet die hohe Geschwindigkeit. Die Energie beim Aufprall, so lautet eine Faustregel, wächst mit dem Quadrat der Geschwindigkeit. Ein Unfall hätte also sehr schwerwiegende Folgen - die in München geplante Transrapidstrecke soll immerhin mit Tempo 350 befahren werden.

Um das Risiko zu minimieren, wird die Strecke durch Zäune, Mauern und Überdachungen abgeschirmt. Morgens vor Betriebsbeginn soll die Trasse bei einer sogenannten Besenfahrt überprüft werden, außerdem überträgt eine an jedem Zug angebrachte Kamera Bilder in die Leitstelle.

Denn die Kontrollinstanz Lokführer gibt es beim Transrapid nicht mehr. Die Züge würden fahrerlos durch die Landschaft schweben, überwacht über die Monitore einer Betriebszentrale, die den Transrapid im Notfall stoppen kann. Ob das rechtzeitig gelingt, ist allerdings fraglich.

Das Tempo ist, wie auch beim ICE, zu hoch, um vor einem mit bloßem Auge erkennbaren Hindernis noch rechtzeitig anhalten zu können. Für den Fall der Fälle wurde die Frontpartie des Transrapid speziell verstärkt.

Sollte es tatsächlich einmal zu einem Zusammenstoß kommen, hält es Jansen für vorteilhaft, dass der Transrapid seinen Fahrweg umschließt und somit nicht entgleisen kann.

Der Unfall im Emsland hätte noch schlimmer ausgehen können

Dieses Prinzip habe sich beim Unglück im Emsland bewährt, das nach Einschätzung des Experten weitaus schlimmere Folgen gehabt hätte, wenn der Zug von der Strecke gefallen wäre. Diese These ist allerdings umstritten. Der Eisenbahningenieur Rudolf Breimeier etwa hält das Entgleisen nicht in jedem Fall für einen Nachteil.

Vorfälle beim französischen TGV hätten gezeigt, dass mit Verlassen des Fahrwegs Energie umgelenkt oder sogar abgebaut werden könne - so dass in einem Fall selbst bei Tempo 300 niemand zu Schaden gekommen sei. Der Aufprall auf eine nahezu starre Masse habe dagegen "katastrophale Folgen für Fahrzeug und Insassen''.

Viele Risiken, das räumen selbst die Gegner des Transrapid ein, treten freilich auch bei anderen schnellen Verkehrsmitteln auf. Selbst das Unglück im Emsland ist nach derzeitigen Kenntnissen nicht auf die Transrapid-Technologie selbst zurückzuführen - dort wurden Sicherheitsvorschriften missachtet, die in ähnlicher Form auch im herkömmlichen Eisenbahnsystems verwendet werden.

Ähnlich sehe es mit der Brandgefahr aus, betont Jansen. Der Transrapid benötige zwar große Strommengen: "Er hat dafür aber keinen Brennstofftank.''

© SZ vom 29.08.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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