Transnet-Chef Hansens Wechsel zur Bahn:Der böse Schein

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Transnet-Chef Norbert Hansen wird im Gedächtnis bleiben als der Mann, der alle Mitglieder geleimt hat. Er beschädigt mit seinem Seitenwechsel nicht nur Transnet, sondern alle DGB-Gewerkschaften.

Detlef Esslinger

Die Bahn-Gewerkschaft Transnet ist gewiss nicht die wichtigste der acht DGB-Gewerkschaften; gemessen an der Zahl der Mitglieder ist sie sogar eher unbedeutend: 239.000 Eisenbahner gehören ihr an, nur die Gewerkschaft Nahrung - Genuss - Gaststätten (NGG) und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sind noch kleiner.

Hansen unterstützt die Privatisierung - prompt wird er Vorstand. (Foto: Foto: AP)

Der Name, den sie sich vor ein paar Jahren gegeben hat - früher hieß sie Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands -, ist in der Öffentlichkeit nach wie vor nur halbwegs bekannt.

Norbert Hansen werden sich die Leute merken

"Transnet", wer nicht weiß, um was es sich dabei handelt, der könnte dahinter auch eine Spedition oder eine Stromfirma vermuten. Jetzt aber hat Transnet eine Chance, richtig bekannt zu werden: allerdings nur als die Gewerkschaft, deren Chef Norbert Hansen hieß; der Mann, der alle Mitglieder geleimt hat.

Diese Feststellung ist unfair, zumindest voreilig? Mag sein. Ob es für die Beschäftigten der Bahn von Vor- oder von Nachteil sein wird, dass ihr wichtigster Interessenvertreter als Personalvorstand in den Konzern wechseln wird, muss sich in der Tat erst noch erweisen. Aber ob die Vorwürfe, die Hansen nun allenthalben gemacht werden, letztlich berechtigt sind - darauf kommt es nicht so sehr an.

Der böse Schein ist das Problem. Dieser Vorsitzende hat in den vergangenen Jahren die Privatisierung der Bahn unterstützt, trotz der Skepsis fast aller Mitarbeiter.

In den vergangenen Wochen hat er eine Beschäftigungssicherung vereinbart, die keine ist. Und prompt wird er Vorstand. Wer da nicht auf finstere Gedanken kommt, der ist nicht von dieser Welt. Den Schaden hat nicht nur Transnet, den Schaden haben alle DGB-Gewerkschaften.

Seit Jahren versuchen sie, den Rückgang der Mitgliederzahlen zu stoppen. Für diesen Rückgang gibt es viele Gründe: mangelnde Attraktivität bei jungen Menschen, bei Frauen und bei Angestellten, der Wechsel älterer Mitglieder in den Ruhestand, sodass sie glauben, eine Gewerkschaft nicht mehr zu brauchen, Arbeitslosigkeit, sodass viele sich den Mitgliedsbeitrag sparen wollen.

Die Zeiten sind grundsätzlich schwierig für Gewerkschaften, oft werden sie in der Öffentlichkeit unter Wert gehandelt. Und dann geht einer ihrer Vorsitzenden hin, in dem für seine Organisation heikelsten Moment, und wechselt in die Chefetage.

Gut möglich, dass die Leute die Lohnabschlüsse der jüngsten Zeit, über sieben und mehr Prozent, schon bald verdrängt haben. Aber Norbert Hansen, den werden sie sich merken.

© SZ vom 10.05.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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