Tigerpress insolvent:Die letzten Spießer

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Das Comic-Heft Fix und Foxi wird eingestellt - denn Erfolg hat heute, was nur multimedial vermarktet werden kann.

Titus Arnu

In der neuesten Ausgabe des Comic-Magazins Fix und Foxi gibt es Probleme mit der virtuellen Realität. Lupo, ein fauler, verfressener Wolf, der aus unerfindlichen Gründen stets mit gelber Latzhose durch die Gegend schlurft, klaut die neueste Erfindung von Professor Knox - einen Datenhelm. Mit Hilfe dieses Omniflux entschwindet Lupo in einen Science-Fiction-Film. Fix und Foxi stellen den Apparat schließlich ab und holen Lupo in die heile Welt zurück.

Fix und Foxi: Besserwisser vom Dienst mit biederen Streichen. (Foto: Foto: dpa)

"Wir verlieren ganze Generationen"

In der Realität funktioniert so eine Omniflux-Rettungsaktion nicht so einfach. Wie es aussieht, ist Band 06/2009 die zunächst letzte Ausgabe von Fix und Foxi, und das liegt wohl auch daran, dass potentielle Leser sich lieber im Internet amüsieren als mit gedruckten Bildergeschichten. Die verkaufte Auflage des Comics lag zuletzt bei nur noch 11.000 Exemplaren. Das beigelegte Spaceball-Katapult konnte den Verkaufszahlen nicht auf die Sprünge helfen. Auch die Anzeigenerlöse seien "fast gänzlich zurückgegangen", sagt Jan Wickmann, Geschäftsführer des Hambuger Verlags Tigerpress, der Fix und Foxi seit 2005 herausbrachte. Nun hat Tigerpress Insolvenz angemeldet. Wickmann hat Ärger mit dem Omniflux: "Die Kinder wandern immer früher ins Internet ab, wir verlieren ganze Generationen."

Fix und Foxi war einmal das erfolgreichste deutsche Comic-Heft, es erschien seit 1953 mit zwei Unterbrechungen zunächst wöchentlich, später monatlich, insgesamt mehr als 2000 Mal. Die weltweite Auflage liegt bei mehr als einer Milliarde Heften und Büchern. Früher verkauften die Verlage Hunderttausende in der Woche. Für immer vorbei? Der Branchenführer Micky Maus liegt bei wöchentlich 213.000 verkauften Heften (erstes Quartal 2009/IVW), Prinzessin Lillifee bei 144.000 monatlich und Sponge Bob bei rund 100.000 Exemplaren. Alle Comics kämpfen gegen Leserschwund. Micky Maus hat innerhalb eines Jahres 50.000 Käufer verloren.

Zwillinge Jahrgang 1953

Dafür gibt es viele Erklärungen. Die Zielgruppe investiert das Taschengeld lieber in Computerspiele, DVDs oder gebührenpflichtige Online-Angebote. Der Anteil der Nicht- und Wenigleser unter Kindern und Jugendlichen wächst, weniger als die Hälfte der Sechs- bis Dreizehnjährigen liest wenigstens einmal pro Woche in einem Buch.

Comics in Papierform haben nur Überlebenschancen, wenn die Figuren multimedial vermarktet werden: als Spiel für den PC, die X-Box und Playstation, als Stoffpuppe, Schlüsselanhänger und Fernsehserie.

Der Panini-Verlag beherrscht diese Rundum-Verwurstung von Figuren recht gut. Die Firma, die mit Fußball-Sammelbildchen groß wurde, vermarktet Fernseh-Helden wie Sponge Bob Schwammkopf, das Sandmännchen oder die Simpsons in Form von Magazinen, Büchern, Kalendern und Karten. Selbst aus den seit 13 Jahren als TV-Serie, Kinofilm und Computerspiel bekannten Pokémon macht der Panini-Verlag noch Geld; monatlich werden 75.000 Pokémon-Heftchen verkauft. Auch Superhelden- und Science-Fiction-Comics wie Spider-Man und Star Wars laufen einigermaßen gut, weil sie an Hollywood-Blockbuster anknüpfen. Und die Simpsons-Comics wären vielleicht auch nicht mehr auf dem Markt, wenn die gelbe Chaos-Familie nicht seit Jahren erfolgreich im Fernsehen zu sehen wäre. Von 1999 bis 2002 wurde auch eine Fix und Foxi-Fernsehserie produziert, derzeit wird sie allerdings beim Kika nicht mehr gezeigt.

1953, als Rolf Kauka in München sein erstes Comic-Heft auf den Markt brachte, war die Freizeit der Kinder noch nicht vom Fernsehprogramm und vom Computer bestimmt. Es gab noch keine Playstation, kein Youtube und keinen Kinderkanal. Comics wie Walt Disneys Micky Maus oder Rolf Kaukas Fix und Foxi galten damals als frecher Angriff auf die etablierte Jugendliteratur.

Besserwisser vom Dienst

Aus heutiger Sicht muten die Streiche von Typen wie Fix und Foxi allerdings bieder an. Rolf Kauka hatte die schlauen Füchse als Gegenentwurf zu Disneys populären Helden geschaffen, im Vergleich zum notorisch erfolglosen und launischen Donald Duck wirken sie wie besserwisserische Streber, im Vergleich zum anarchischen Bart Simpson erst recht. Hängt das Ende von Fix und Foxi auch mit dem piefigen Image der Spießer-Zwillinge zusammen?

"Die Figuren wurden immer wieder gut modernisiert, sie könnten durchaus noch funktionieren", glaubt Verleger Jan Wickmann. Das hatte man beim Verlag Pabel-Moewig, von 1979 bis 1994 Inhaber der Veröffentlichungsrechte für Fix und Foxi, auch mal gedacht. Das Heft wurde damm wegen sinkender Verkaufszahlen 1994 nach dem Vorbild der Bravo umgestaltet und mit Berichten über Popstars garniert. Rolf Kauka war empört und entzog dem Verlag die Rechte. Erst 2005 erbarmte sich Jan Wickmann der Füchse und nahm die Produktion wieder auf. Ob Rolf Kaukas Witwe Alexandra einen neuen Verlag findet und die Rechte erneut vergibt, ist offen.

© SZ vom 16.06.2009/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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