Tesla in Deutschland:Zum Shoppen in die Eifel

Lesezeit: 3 min

Er hat auch in Deutschland Fans: 2015 trat Tesla-Chef Elon Musk vor deutschen Managern auf. Gastgeber war Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel. (Foto: Odd Andersen/AFP)

Der kalifornische Elektroautopionier Tesla kauft einen deutschen Maschinenbauer. Eigentlich ein ganz normales Geschäft. Doch zu den Kunden der Firma gehören auch deutsche Autohersteller.

Von Thomas Fromm, München

Elon Musk, der Chef des kalifornischen Elektroautoherstellers Tesla, und der Mittelständler Klaus Grohmann aus Prüm in der Eifel halten eine gemeinsame Pressekonferenz per Telefon ab - das ist an sich ja schon eine Geschichte. Musk, der Multimilliardär aus dem Silicon Valley, IT-Überflieger und Betreiber des privaten Raumfahrtunternehmens Space-X, kauft den Maschinenbauer aus Rheinland-Pfalz, der mit Anlagen für automatisierte Produktion 790 Mitarbeiter beschäftigt und 123 Millionen Euro umsetzt. Und so kommt es, dass Musk und Grohmann zur gleichen Zeit im gleichen Telefon-Call sitzen. Wann rücken Kalifornien und Eifel schon mal so dicht aneinander wie in diesem Fall?

Für die deutschen Autohersteller ist es eine neue Situation. Denn wie es aussieht, will Tesla nun mehr als nur Elektroautos verkaufen. Die Amerikaner treibt es in die Heimat der großen, traditionellen Autokonzerne, das Land der Audis, BMWs und Daimlers. Seit Jahren schon schauen die großen deutschen Konzerne ängstlich zur Westküste rüber; sie wollen verstehen, wie Tesla das mit seinen Elektroautos macht und suchen nach Gegenstrategien.

Dass ihnen Musk nun direkt im eigenen Land so gefährlich nah auf die Pelle rückt, hätten sie wohl kaum erwartet. "Tesla wird in Teilen ein deutsches Unternehmen", sagt Musk, und Grohmann sagt, er sei "stolz, Teil der innovativen Tesla-Company" zu sein. "Sounds good", sagt dann auch Musk. Die offizielle Geschichte dazu geht so: Tesla will wachsen und braucht dafür Technologien und Ingenieure. Die Produktion des günstigeren Tesla-Massenwagens Model 3 soll bis 2018 von 50 000 auf 500 000 ausgebaut werden; 2020 will Elon Musk eine Million dieser Elektroautos verkaufen. Dafür kann er die Robotertechnologie aus Deutschland gut gebrauchen, zumal die Firma auch in China und den USA aktiv ist. Ein Mittelständler zwar, aber dafür sehr global.

Grohman gehörten bisher 75 Prozent an seiner Firma, der Rest dem Finanzinvestor Deutsche Beteiligungs-AG (DBAG).

Die neue Firma wäre dann auch Zulieferer für Audi, BMW und Co.

Wie teuer die Deutschland-Expedition des Elon Musk ist, darüber wurde Stillschweigen vereinbart. Sollten die Behörden den Deal durchwinken und es Anfang des kommenden Jahres zum Abschluss kommen, dann wäre Grohmann Teil von Tesla und hieße dann: Tesla Grohmann Automation .

Wenn Kalifornier Mittelständler aus der Eifel kaufen, dann hat das etwas zu bedeuten, wahrscheinlich sogar weniger für Grohmann als für seine Kunden. Grohmann verdient sein Geld vor allem damit, anderen Konzernen aus der Auto-, Halbleiter-, Medizintechnik- oder Pharmaindustrie Fertigungsanlagen in die Fabrik zu stellen. Tesla wird also am Ende selbst so etwas wie ein Zulieferer. In der Vergangenheit soll Grohmann unter anderem auch BMW mit Anlagen ausgerüstet haben - zum Beispiel für Teile der Produktion des Elektro-Sportwagens i8. Der Anlagenhersteller Tesla Grohmann Automation aus Prüm in der Eifel, Konzernzentrale in Palo Alto, wäre dann irgendwie auch als Zulieferer für Audi, BMW und Co. unterwegs. Sehr besonders.

Bei BMW in München hieß es am Dienstag lediglich, man gehe davon aus, dass alle Verträge mit Grohmann eingehalten werden. Doch der Elektroautopionier Musk wäre nicht Musk, wenn er das komplizierte Wirtschaftliche nicht ins Missionarische wenden würde.

Wie es nun mit den vielen Autokunden von Grohmann weitergehe? Die Tesla-Technik werde allen in der Elektromobilität weiterhelfen, sagt er. Die Grohmann-Kunden - alle, auch die aus der Autoindustrie - sollen auch in Zukunft beliefert werden. Man werde seine Verträge einhalten und "hilfreich" sein, versprach der Unternehmer und Manager.

Er habe "großen Respekt für German Engineering", bekennt Musk. Deshalb sei Grohmann nur der "Nukleus"; neue Jobs würden dazukommen.

Der Wettkampf um Kunden und Ingenieure ist eröffnet. 1000 Jobs für hoch qualifizierte Techniker will Musk an verschiedenen Standorten in Deutschland schaffen. Dafür braucht er Leute, die den Rivalen aus Stuttgart und München möglicherweise irgendwann fehlen werden. Aber, so Teslas Technikchef JB Straubel: Deutschland habe eben ein sehr großes Angebot an Ingenieuren. Im kommenden Jahr will man entscheiden, wo in Europa eine große Tesla-Fabrik entstehen soll. Weitere Fabriken sollen vielleicht später folgen. Zurzeit werden Teslas in Europa nur in den Niederlanden montiert. Die Kalifornier sind also, wie man in der Autobranche sagt, auf Expansionskurs.

"Wir glauben an internationalen Handel und Kooperationen."

Vielleicht ist es ja auch deshalb kein Zufall, dass der 45-jährige Elon Musk kein ausgesprochener Freund des republikanischen US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump ist. Menschen aus der Wirtschaft tun sich oft schwer mit politischen Aussagen. Nicht Musk. Auf die Frage, wie er die Präsidentschaftswahlen in seinem Land sehe, antwortete der Unternehmer ausgesprochen klar. Man glaube bei Tesla nicht, dass Trump "der ideale Mann" sei, um Präsident zu werden. "Wir glauben an internationalen Handel und Kooperationen" - Trump stehe hier für eine andere Politik.

Unter Präsident Barack Obama lief es für Musk und Tesla gut. Erst kürzlich hatten die US-Behörden erklärt, dass man das Netzwerk für Elektroauto-Tankstellen auf Amerikas Straßen weiter ausbauen wolle. Als Vertreter eines umweltfreundlichen Verkehrs war Trump bisher nicht in Erscheinung getreten. Musk, der sich zuletzt auch für ein weltweites und bedingungsloses Grundeinkommen ausgesprochen hatte, ist von einem Donald Trump also ziemlich weit entfernt.

© SZ vom 09.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: