Telefon-Anschlüsse:Er kommt, er kommt nicht ...

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Ein Techniker an einem Schaltschrank. Die Leitungen in die Häuser müssen von der Telekom geschaltet werden. (Foto: imago/Westend61)

Vodafone klagt, dass die Telekom Wettbewerber benachteilige: Techniker kämen oft einfach nicht, um die Leitung beim Kunden frei zu schalten.

Von Helmut Martin-Jung, Berlin/München

Die Hausnummer prangt in riesigen Lettern auf einer Tafel neben dem Eingang des Hauses im Berliner Stadtteil Tempelhof. Damit auch wirklich alles klappt mit dem Internetanschluss, haben die neuen Mieter deutlich sichtbar auch noch ein DIN-A-4-Blatt mit dem Hinweis platziert, der Techniker der Telekom möge doch bitte durchgehen zum Hinterhof und sich dann nach rechts zum Aufgang wenden. Doch alles stundenlange Warten ist vergeblich - kein Techniker erscheint. Von Vodafone, dem Anbieter des Internetanschlusses, ist schließlich zu erfahren: Der von der Telekom entsandte Techniker habe das Haus nicht gefunden.

Ein Einzelfall? Offenbar nicht. 58 Prozent der deutschen Internetnutzer trauten sich nicht, den Anbieter zu wechseln, weil sie befürchten, bei der Umstellung könnte etwas schieflaufen und sie dann tage- oder gar wochenlang ohne Internet dastehen. Die Zahl entstammt einer Studie, die das Telekommunikationsunternehmen Vodafone selbst in Auftrag gegeben hat.

Das Problem: Die Leitungen auf der sogenannten letzten Meile, also auf der Strecke vom Verteilerkasten auf der Straße bis ins Haus hinein, gehören dem Nachfolgeunternehmen der Bundespost, der Deutschen Telekom. Sie muss ihren Mitbewerbern gegen Gebühr Zugang zu diesem Netz gewähren, geschaltet werden die Anschlüsse aber von Technikern der Telekom. Gegrummel darüber, dass die Telekom ihre eigenen Kunden besser bediene als die der Konkurrenz, gibt es schon lange. Die Telekom wies das bis jetzt stets weit von sich.

Nun aber geht Vodafone auf Konfrontationskurs: In der Studie werden völlig andere, wesentlich höhere Zahlen von Problemen mit Telekom-Technikern genannt, als von der Telekom. Deren neuer Deutschlandchef Dirk Wössner nannte am Mittwoch in einem Interview die Zahl von 400 Fällen, die pro Tag schiefgingen. Sein Chef, Tim Höttges, sagte am Donnerstag auf dem Kapitalmarkttag der Telekom, die Zahl der sogenannten "No-shows", also der geplatzten Techniker-Termine, sei in Deutschland im vergangenen Jahr um ein Drittel zurückgegangen. "Ich schaue mir die Zahlen täglich an."

Die Vodafone-Studie aber nennt eine Zahl, die 15-mal so hoch liegt wie die Wössners: Mehr als 6000 Einsätze pro Tag verliefen erfolglos, ein Drittel aller etwa 20 000 Versuche, eine Leitung zu schalten oder einen Zugang wieder herzustellen. Auch der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM), nennt die Erfahrungen der Wettbewerber alarmierend. Die Servicemängel erreichten inzwischen "eine Größenordnung, die für die Bürger nicht mehr erträglich" sei und den Wettbewerb aushebele. Bei der Neuschaltung eines DSL-Anschlusses sei die von der Telekom gelieferte Servicequalität besonders stark eingebrochen.

Die Telekom dagegen argumentiert, man stehe zur Verantwortung des ehemaligen Staatskonzerns. Vodafone versuche lediglich von eigenen Service-Problemen abzulenken, so ein Sprecher. Die Techniker der Telekom erledigten zu 98 Prozent ihre Außendienst-Termine pünktlich.

Auch in der Wohnung Berlin-Tempelhof funktioniert das Internet inzwischen übrigens - nach dem immerhin vierten vereinbarten Techniker-Termin. Zweimal war zur angegebenen Zeit kein Techniker erschienen.

© SZ vom 25.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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