Tarifstreit:Hoffnungsschimmer

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Wegen der Streiks von Piloten und Flugbegleitern fallen seit Monaten immer wieder Lufthansa-Flüge aus. Ein schwerer Schlag für den Konzern - und seine Kunden. (Foto: Fredrik Von Erichsen/dpa)

Nach wochenlangem Streit zwischen UFO und Lufthansa herrscht plötzlich Ruhe - ein gutes Zeichen?

Von Jens Flottau, Frankfurt

Der Fahrplan für den Dienstag war klar definiert. Die Unabhängige Flugbegleiter Organisation (UFO) wollte mitteilen, wo und wann genau sie am Donnerstag und am Freitag bei Lufthansa wieder streiken wird. Der Vorlauf, so UFO-Chef Nicoley Baublies, werde dieses Mal länger sein als beim achttägigen Streik Anfang des Monats, damit die Passagiere mehr Zeit haben umzubuchen, wenn ihr Flug ausfallen sollte. An den Tagen, an denen alle Stationen zum Streik aufgerufen waren, wurden immerhin jeweils knapp 1000 Flüge gestrichen, mehr als 100 000 Passagiere mussten umdisponieren.

Doch am Dienstag herrschte auf allen Informationskanälen der sonst äußerst umtriebigen Gewerkschaft verdächtige Ruhe, bis UFO am späten Nachmittag verkündete, es gebe einen neuen "Deeskalationsversuch. Schon am Tag war die Stille derart verdächtig, dass man vermuten konnte, hinter den Kulissen tue sich nach Monaten stetiger Eskalation nun doch etwas. Der Versuch einer Gesprächsaufnahme könne noch dazu führen, dass die Streiks wieder abgesagt werden. Näheres will UFO am Mittwoch bekannt geben.

Der Konflikt eskalierte nicht zuletzt, weil die Beteiligten nicht miteinander können

Würde der für Ende der Woche geplante Streik doch noch abgesagt werden, wäre dies das erste positive Zeichen in dem seit Wochen aufgeheizten Konflikt zwischen Deutschlands größter Fluggesellschaft und den Flugbegleitern. Baublies hatte dies am Montag bereits für den Fall in Aussicht gestellt, dass Lufthansa "endlich" die Initiative ergreife und mit ernst gemeinten und verbindlichen Vorschlägen den Gesprächsfaden wieder aufnehme. Viel wichtiger, als einen weiteren Streik zu verhindern, aber wäre es, wenn inhaltlich Bewegung in den seit eineinhalb Jahren andauernden Konflikt kommen würde, der somit schon viel länger dauert, als dem Lufthansa-Management lieb sein dürfte.

Beobachter auf beiden Seiten sind sich mittlerweile einig, dass der Konflikt auch wegen einer ungünstigen Personalkonstellation so eskalieren konnte. Schließlich sind inhaltlichen Differenzen nicht so groß, wie sie von den Beteiligten oft dargestellt werden. Die Spitzenvertreter Baublies (UFO) und Bettina Volkens (Lufthansa-Personalvorstand) können mittlerweile überhaupt nicht mehr miteinander. Die UFO-Seite wirft Volkens mehr oder weniger offen Inkompetenz in Tariffragen vor. Karl-Ulrich Garnadt, der sich als Vorstand für die Kernmarke stärker einschalten könnte, gibt sein Ressort am 1. Januar an Harry Hohmeister ab ( siehe Text oben), der sich wiederum noch nicht einmischen kann. Konzernchef Carsten Spohr hält sich bislang ebenfalls weitestgehend aus dem Konflikt heraus, aus Angst, er könne bei einem öffentlich ausgetragenen Disput mit UFO beschädigt werden. Den Flugbegleitern überhaupt Zusagen zu machen, fällt dem Unternehmen auch deswegen so schwer, weil es befürchtet, daraus könnte die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) für sich vorteilhafte Rückschlüsse ableiten.

Der Konflikt zwischen UFO und Lufthansa umfasst fast zwei Dutzend offene Tarifthemen. Am wichtigsten dabei sind die Übergangs- und Altersversorgung. Das Pensionssystem soll von einer Garantierente auf garantierte Beiträge umgestellt werden. Das Zinsrisiko geht dabei vom Unternehmen auf die Mitarbeiter über. Beide Seiten sind sich im Grundsatz darüber einig, dass das neue Pensionsmodell für die Flugbegleiter kommen soll, sie diskutieren aber weiter die genauen Modalitäten. Der zweite wichtige Streitpunkt ist die Billigflugsparte Eurowings. Lufthansa hat bereits Ende 2014 einen Vorvertrag unterschrieben, in dem sie sich dazu bereit erklärte, mit UFO einen Tarifvertrag für die neue Fluggesellschaft auszuhandeln, der auf die Marktanforderungen im Billigflugsegment zugeschnitten ist. Der Gewerkschaft zufolge ist der Konzern später aber wieder von seinen früheren Zusagen abgerückt. Unter anderem hat Lufthansa in Wien den Ableger Eurowings Europe gegründet, für den nicht die Gewerkschaft UFO, sondern die österreichische Gewerkschaft Vida zuständig ist.

© SZ vom 25.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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