Tarifstreit bei der Bahn:"Die GDL muss siegen - sonst ist sie am Ende"

Lesezeit: 1 min

Seit Monaten streiten Lokführer und Deutsche Bahn um einen separaten Tarifvertrag. Am Freitag stehen die Zeichen auf Streik. Lässt sich der Konflikt überhaupt noch lösen?

Ansgar Siemens

Der Countdown läuft: Am Freitag will die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) den Zugverkehr in Deutschland lahm legen. GDL-Chef Manfred Schell fordert 31 Prozent mehr Lohn und einen separaten Tarifvertrag für etwa 12.000 Mitglieder. Darunter nicht nur Lokführer, sondern auch Zugbegleiter.

Der neuerliche Aufstand ist der vorläufige Höhepunkt in einem monatelangen Machtpoker. Gespräche und Drohgebärden, Ausstand und Schlichtung - all das haben die Erzfeinde Schell und Bahnchef Hartmut Mehdorn längst hinter. Doch eine Einigung, so scheint es, lag noch nie so fern wie jetzt.

Wie lässt sich ein Kompromiss finden? "Die GDL muss einen Sieg erringen, sonst ist sie am Ende", sagt Horst-Udo Niedenhoff im Gespräch mit sueddeutsche.de. Niedenhoff ist Gewerkschaftsexperte beim arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft in Köln.

"Es gibt ja auch noch einen Arbeitsminister"

Ein Sieg sei ein separater Tarifvertrag oder ein höherer Lohnabschluss für die Lokführer. Die konkurrierenden Gewerkschaften GDBA und Transnet hatten für das Gros der Bahn-Beschäftigten bereits eine Lohnerhöhung von 4,5 Prozent ausgehandelt.

Die eleganteste Lösung laut Experte Niedenhoff: Die drei Bahngewerkschaften bilden eine Transportgewerkschaft, um einen neuen Tarifvertrag auszuhandeln. Darin sei es möglich, die Lohngruppen stärker zu unterscheiden - und die Lokführer besser zu stellen. "So können alle Parteien ihr Gesicht wahren." Eine Fusion sei in der Vergangenheit auch unter verfeindeten Gewerkschaften vorgekommen.

Hans-Peter Müller, Gewerkschaftsexperte an der Fachhochschule für Wirtschaft in Berlin, warnt indes die GDL davor, den Bogen zu überspannen. "Dauert der Streik länger als zwei Tage, könnte die Sympathie für die Lokführer kippen", sagte Müller zu sueddeutsche.de.

GDL-Chef Schell habe bereits "Fehler gemacht". Die Forderung nach 31 Prozent mehr Lohn sei "maßlos" und komme in der Öffentlichkeit schlecht an. Müller hält es für möglich, dass die Politik Druck auf Bahnchef Mehdorn ausübt, wenn der Konflikt eskaliert. "Es gibt ja auch noch einen Arbeitsminister", sagte Müller.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: