SZ-Interview mit Wolfgang Sprißler:"Die Italiener sind uns ein Stück voraus"

Lesezeit: 4 min

Der Vorstandsvorsitzende der HypoVereinsbank über Privatkunden, Zukäufe in Deutschland und den Abgang von Spitzenmanagern

Die HypoVereinsbank, die seit dem vergangenen Jahr zu Unicredit gehört, ist wieder im Aufwärtstrend. Durch den Umbau der Konzernstruktur können die Münchner auf Milliardenerlöse hoffen. Diese will HVB-Chef Wolfgang Sprißler in Zukäufe stecken. Interessiert ist er etwa an der Bankgesellschaft Berlin.

Zufrieden mit der Entwicklung der HypoVereinsbank: Wolfgang Sprißler. (Foto: Foto: dpa)

SZ: Herr Sprißler, die HypoVereinsbank ist seit der Übernahme durch den Unicredit-Konzern nicht mehr wieder zu erkennen: Die Zahlen sind überraschend gut. Woran liegt das?

Sprißler: Wir ernten jetzt den Lohn unseres beispiellosen Umbaus in den vergangenen vier Jahren. Dass wir trotz der Mehrbelastungen aus der Integration in die Unicredit-Gruppe so gute Zahlen vorlegen, erfüllt mich mit Stolz auf unsere Mitarbeiter. Die Ergebnisse der ersten beiden Quartale bestätigen unseren Kurs. Eine Eigenkapitalrendite vor Steuern von 20,9 Prozent, wie wir sie im ersten Halbjahr erreicht haben, hätte ich übrigens vor einigen Jahren für die HVB nicht für möglich gehalten.

SZ: Ist das Tempo zu halten, kann das Halbjahrsergebnis auf 2006 hochgerechnet werden?

Sprißler: Nach einem außerordentlich guten ersten Quartal und einem guten zweiten Quartal rechne ich mit einer weiteren Normalisierung im Verlauf des Jahres. In diesem Jahr wollen wir nach wie vor eine Eigenkapitalrendite von mehr als zehn Prozent erreichen. Für mich gibt es keinen Anlass, neue Ziele vorzugeben.

SZ: Im deutschen Privatkundengeschäft, das 2005 Verluste geschrieben hat, haben Sie aber zu kämpfen. Wie geht es voran?

Sprißler: Wir arbeiten kräftig daran, im breiten deutschen Privatkundengeschäft wieder Gewinne zu erzielen. Das ist noch ein steiniger Weg, um am Ende auch die Profitabilität zu erreichen, die wir uns vorstellen. Mein Kollege Willibald Cernko leistet hier hervorragende Arbeit. Wir wollen vor allem den Anteil des Beratungsgeschäfts am Ergebnis deutlich steigern. Die Professionalität von Unicredit hilft uns dabei. Die Italiener sind uns mit Blick auf die Nähe zum Kunden noch ein Stück voraus.

SZ: Arbeiten Sie im Privatkundengeschäft wieder mit schwarzen Zahlen?

Sprißler: Die Rückkehr in die Gewinnzone müsste in diesem Jahr zu schaffen sein. Wir haben gerade in der Rekordzeit von nur 14 Wochen eine neue divisionale Struktur eingeführt, die sich an der des Unicredit-Konzerns orientiert. Im Rahmen dieses Projekts wurden 350 000 Kunden einer neuen Division zugeordnet, rund 70 000 davon erhielten einen neuen Betreuer. Am Ende des dritten Quartals werden wir erstmals in der neuen Struktur bilanzieren.

SZ: Zuletzt hatte die HVB aber doch kontinuierlich Privatkunden verloren?

Sprißler: Wir haben zwar Kunden verloren, aber gleichzeitig auch attraktive Kunden gewonnen. Die HVB geht in die Offensive. Das neue Willkommens-Konto für null Euro ist nur der Anfang unserer Aktivitäten zur Neukundengewinnung. Daneben wollen wir unsere Cross-Selling-Rate deutlich erhöhen. So waren viele unserer Kunden bisher so genannte Solisten, die nur ein Produkt, häufig einen Immobilienkredit, bei uns hatten. Diese Kunden müssen wir von den weiteren attraktiven Angeboten der HVB überzeugen.

SZ: Das ist doch auch das Eingeständnis, dass die HVB bisher im Privatkundengeschäft einiges falsch gemacht hat.

Sprißler: Unser neuer Ansatz im Privatkundengeschäft ist ja kein völliger Neustart. Wir haben schon vor dem Zusammenschluss mit der Unicredit vieles auf den Weg gebracht. Aber es ist ein Unterschied, mit welcher Konsequenz ein Programm umgesetzt wird. Wir werden unsere Fortschritte genau kontrollieren.

SZ: Unicredit baut kräftig um. Bei der Bank Austria-Creditanstalt wird gerade das Osteuropa-Geschäft gebündelt. Der Wiener Konzern soll dann von der HVB an die Unicredit-Holding übergehen. Das gesamte Investmentbanking der Gruppe wiederum soll zur HVB kommen. Wann steht die neue Struktur?

Sprißler: Alle Maßnahmen sollen bis Ende 2007 abgeschlossen sein. Wir werden nichts überstürzen. Denn das ist ein komplexer steuer- und aktienrechtlicher Vorgang.

SZ: Wie wird das vor sich gehen?

Sprißler: Im Investmentbanking wollen wir unsere Aktivitäten, die der Bank Austria-Creditanstalt und die von Unicredit bei der HVB zusammenfassen. Für die Umsetzung dieser Neuordnung gibt es mehrere Optionen. Die Abgabe der Bank Austria-Creditanstalt an Unicredit ist eine Milliardentransaktion. Dafür muss aber unter anderem ein unabhängiges Bewertungsgutachten erstellt werden. Nach den jüngsten Umgliederungen ist die HVB noch mit 56 Prozent an der Bank Austria-Creditanstalt beteiligt.

SZ: Fließt da auch Geld?

Sprißler: Wir werden alleine für die Bank Austria-Creditanstalt voraussichtlich einen Veräußerungsgewinn im Milliardenbereich erzielen. Die Fondstochter Activest haben wir bereits an Unicredit abgegeben. Im dritten Quartal werden wir dafür einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag verbuchen können.

SZ: Da wird eine Menge zusammen- kommen. Was haben Sie damit vor?

Sprißler: Das frische Kapital würde zunächst einmal unsere Kernkapitalquote signifikant verbessern. Damit wären wir unter anderem in der Lage, in Deutschland durch Akquisitionen zu wachsen. Das gilt übrigens nicht nur für das Privatkundengeschäft, sondern auch für den Bereich Firmenkunden. Neues Kapital könnten wir auch zur Verbesserung unserer Kapitalstruktur und für organisches Wachstum verwenden.

SZ: Bei der Berliner Bank und der Norisbank wurden Sie von der Deutschen Bank ausgestochen.

Sprißler: An beiden Instituten waren wir interessiert. Aber es sind Preise gezahlt worden, zu denen wir nicht bereit waren. Eine Investition muss sich in einem bestimmten Zeitraum rentieren.

SZ: Beteiligen Sie sich am Bieterverfahren für die Bankgesellschaft Berlin?

Sprißler: Wir haben grundsätzlich Interesse an der Bankgesellschaft Berlin.

SZ: Die Sparkassen werden sich offenbar vorab mit zehn Prozent an der Bankgesellschaft Berlin beteiligen. Wollen Sie trotzdem mitbieten?

Sprißler: Ein solcher Schritt würde die Attraktivität der Bankgesellschaft nicht unbedingt erhöhen.

SZ: Was wollen Sie sonst kaufen?

Sprißler: Unsere Planung erstreckt sich über drei Jahre. In einem solchen Zeitraum kann ich mir durchaus einiges vorstellen. Unicredit-Chef Alessandro Profumo hat immer wieder betont, dass Deutschland für die Gruppe der Schlüsselmarkt ist.

SZ: Hätten Sie auch Interesse an der Postbank, wenn die Deutsche Post die Mehrheitsbeteiligung verkaufen will?

Sprißler: Ich habe viel Phantasie. Was letztlich realisierbar ist, wird man sehen.

SZ: In der vergangenen Woche gab Johann Berger als einer der letzten Ex-HVB-Vorstände seinen Abschied bekannt. Kann auch er wie die anderen ausgeschiedenen HVB-Vorstände eine Spezialklausel nutzen und eine hohe Abfindung kassieren?

Sprißler: Das spielte für Herrn Berger keine Rolle. Herr Berger hatte einen Vertrag mit Unicredit. Die so genannte Change-of-Control-Klausel greift bei ihm nicht.

SZ: Was sind die Folgen?

Sprißler: Ich bin persönlich traurig über das Ausscheiden, denn Herr Berger war ein sehr geschätzter Kollege. Keine Frage, das ist ein Verlust. Der Abgang von Herrn Berger heißt aber in keinem Fall, dass sich die HVB aus der gewerblichen Immobilienfinanzierung zurückziehen wird. Wir werden dieses Geschäft weiter verfolgen.

SZ: Sind weitere Abgänge von Topmanagern zu erwarten?

Sprißler: Damit rechne ich nicht. Mein Eindruck ist, das sich das Team gut gefunden hat.

© Interview: Caspar Busse - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: