SZ-Interview mit Wendelin Wiedeking:"Der Einstieg bei VW war meine Idee"

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Der Porsche-Vorstandsvorsitzende über den neuen Kurs bei Volkswagen, Ferdinand Piëch und die künftige Präsenz im VW-Aufsichtsrat.

Porsche-Chef Wendelin Wiedeking verteidigt den Einstieg bei Volkswagen gegen jede Kritik. Der Porsche-Aufsichtsrat habe sogar die Ermächtigung gegeben, die Beteiligung noch weiter aufzustocken, sagte er der Süddeutschen Zeitung. Auf der VW-Hauptversammlung will er gemeinsam mit Niedersachsen agieren.

Wendelin Wiedeking (Foto: Foto: Reuters)

SZ: Herr Wiedeking, seit Ihrer Übernahme von 18,5 Prozent der VW-Aktien ist der Kurs des Autoherstellers deutlich gefallen, die Beteiligung ist jetzt 240 Millionen Euro weniger wert. Haben Sie den Einstieg schon bedauert?

Wiedeking: Nein, warum denn? Der jetzige Kurs hat mit der zukünftigen Entwicklung des Unternehmens nichts zu tun. Wir haben günstig gekauft. Entscheidend ist, ob diese Verbindung strategisch passt. Und das ist eindeutig der Fall.

SZ: Sie sagen, das 3,5 Milliarden Euro teure Engagement bei VW sei Ihre Idee gewesen. Doch offenbar hat Ferdinand Piëch, der Aufsichtsratsvorsitzende von Porsche mehr Einfluss. Wie finden Sie es, dass Piëch durch die Berufung des IG Metallers Horst Neumann zum VW-Personalvorstand, den Einfluss der Gewerkschaft in Wolfsburg deutlich gestärkt hat?

Wiedeking: Der Einstieg bei VW war meine Idee, egal was andere denken. An der Berufung des neuen Personalchefs waren wir nicht beteiligt. Das hat der VW-Aufsichtsrat entschieden.

SZ: Porsche braucht einen Kooperationspartner. Das sieht aus wie ein Zeichen der Schwäche. Wäre Porsche ohne VW nicht überlebensfähig?

Wiedeking: Wir brauchen neue Technologien, müssen die Entwicklungskosten aber auf größere Stückzahlen verteilen als wir selbst schaffen können. Durch die geordnete Zusammenarbeit mit VW schaffen wir einen Systemsprung. Eigentlich müssten unsere Konkurrenten im Luxusautomarkt beunruhigt sein.

SZ: Die Familie Porsche/Piëch hat neben der Porsche AG umfangreiche Handelsgeschäfte mit dem Volkswagen-Konzern in Osteuropa und Österreich. Sind Sie sicher, dass Ihre Interessen als Porsche-Chef und die der Familie bei Volkswagen identisch sind?

Wiedeking: Man kann nie in allen Themen einer Meinung sein. Ich werde im VW-Aufsichtsrat die Interessen der Porsche AG vertreten und kein anderer.

SZ: Sie streben zwei Sitze im VW-Aufsichtsrat an. Damit werden Sie nicht viel Einfluss auf die Strategie nehmen können. Wie viel Managementkraft zieht die neue Beteiligung von Porsche ab?

Wiedeking: Das zieht keine Kraft ab.

SZ: Aber Sie wollen einen ganzen Stab für die VW-Beteiligung berufen. Wie groß wird der sein?

Wiedeking: Der Stab braucht eine gewisse Größe. Wir müssen unsere Verantwortung als Aktionär deutlich wahrnehmen.

SZ: Wie wollen Sie sicherstellen, dass Sie zwei Mitglieder in den Aufsichtsrat bekommen? Einen Rechtsanspruch haben Sie nicht.

Wiedeking: Das stimmt. Also zählen unsere Argumente auf der VW-Hauptversammlung Anfang Mai. Das Land Niedersachsen und wir werden auf dem Aktionärstreffen eine gemeinsame Linie finden. Beide sind an einer Lösung interessiert.

SZ: Und wenn Sie es nicht schaffen?

Wiedeking: Ich glaube, dass wir eine gute Reputation haben. Es gibt keinen Grund, uns nicht in den Aufsichtsrat zu wählen. Das kann ich mir nicht vorstellen.

SZ: Im VW-Aufsichtsrat ist das Klima vergiftet. Die Arbeitgeberseite ist hoffnungslos zerstritten. Niedersachsens Ministerpräsident Wulff forderte schon öffentlich den Rücktritt des Aufsichtsratsvorsitzenden Piëch. Das spricht nicht für die Arbeitsfähigkeit dieses Unternehmens.

Wiedeking: Umso besser ist es, wenn sich Unternehmer in die Verantwortung nehmen lassen. Dieser Verantwortung stelle ich mich. Wir haben es bei Porsche geschafft, Ruhe ins Unternehmen zu bringen. Diese Kultur würde ich mir auch bei VW wünschen.

SZ: Bisher beruht der Einfluss von Porsche bei VW auf einer merkwürdigen Konstellation: Der engen Verbindung des früheren VW-Chefs und heutigen Aufsichtsratsvorsitzenden Ferdinand Piëch zur IG Metall. Wie soll diese Achse, die den VW-Konzern in die Krise führte, Garant für langfristigen Erfolg sein?

Wiedeking: Herr Dr. Piëch ist ein Aktionär von Porsche. Diese Diskussion möchte ich nicht öffentlich führen.

SZ: Warum investieren Sie die drei Milliarden Euro nicht in die Anlagen von Porsche? Die Investment-Bank JP Morgan hat vorgerechnet, das sei billiger.

Wiedeking: Die Rechnung ist falsch. Die Logik von JP Morgan ist, dass wir uns hohe Fixkosten ins Haus holen würden. Und das heißt: Wir müssten auch in schlechten Zeiten diese Kapazitäten auslasten, was uns einen Rattenschwanz von Problemen einbrächte. Die Herren von JP Morgan verstehen offensichtlich nichts vom Autogeschäft.

SZ: Mit gut 20 Prozent können Sie VW auf die Dauer nicht kontrollieren. Werden Sie die Beteiligung aufstocken?

Wiedeking: Das müssen wir sehen. Wir haben vom Aufsichtsrat die Genehmigung, über die bisher vorgesehenen 21,9 Prozent hinauszugehen.

SZ: Eine persönliche Frage zum Schluss. Sind Sie als Porsche-Chef nicht ausgelastet, brauchen Sie noch einmal eine ganz große Herausforderung?

Wiedeking: Ich hatte hier bei Porsche viel Erfolg und habe viel Erfahrung gewonnen, so dass ich inzwischen komplexe Dinge schnell auf den Punkt bringen kann. Aber ich bin sicher, dass wir mit dem Einstieg einen Schritt zur Zukunftssicherung von Porsche gemacht haben.

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