Studie zum Mindestlohn:Arme werden ärmer, Reiche werden reicher

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Jobkiller Mindestlohn: Laut einer Studie könnte ein Mindestlohn in Höhe von 7,50 Euro insgesamt 1,2 Millionen Arbeitsplätze vernichten.

Sibylle Haas

Die Einführung gesetzlicher Mindestlöhne wäre mit erheblichen Beschäftigungsverlusten verbunden. Außerdem würden die öffentlichen Haushalte deutlich belastet. Dies geht aus der jüngsten Studie zum Mindestlohn des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung RWI in Essen hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Friseur in Köln: Laut einer Studie könnte ein Mindestlohn 1,2 Millionen Jobs kosten. (Foto: Foto: dpa)

Ein gesetzlicher Mindestlohn von 7,50 Euro würde der Studie zufolge zum Abbau von 1,2 Millionen Arbeitsplätzen führen, davon gut eine Million in Westdeutschland. Betroffen wären vor allem Jobs von Gering- und Mittelqualifizierten. Hochqualifizierte würden dagegen von Mindestlöhnen profitieren, ergab die RWI-Studie.

Belastung in Höhe von neun Milliarden Euro

"Dieses auf den ersten Blick paradoxe Ergebnis entspricht der ökonomischen Logik", sagt Christoph M. Schmidt, RWI-Präsident und Professor für Wirtschaftspolitik und angewandte Ökonometrie an der Ruhr-Universität Bochum. "Wenn gering- und mittelqualifizierte Arbeitnehmer teurer werden, dann ist die verstärkte Einstellung von hochqualifizierten Mitarbeitern für die Unternehmen profitabel", sagt Schmidt, der mit dem Arbeitsmarktexperten und Chef des Berliner RWI-Büros, Jochen Kluve, das Forschungsteam geleitet hat. "Damit verschärfen Mindestlöhne die ungleiche Lage, weil sie die Starken stärker und die Schwachen schwächer machen", betont Schmidt.

Laut RWI-Studie würden die öffentlichen Haushalte durch einen gesetzlichen Mindestlohn von 7,50 Euro mit etwa neun Milliarden Euro belastet. Die Wirtschaftsforscher begründen dies mit der durch den Mindestlohn verursachten höheren Arbeitslosigkeit. Zwar entstünden dem Staat durch höhere Löhne Mehreinnahmen aus der Einkommensteuer, allerdings würden diese durch die staatlichen Mehrausgaben (Arbeitslosengeld und Hartz IV) überkompensiert.

Auch eine Unternehmensbefragung, die von den Forschern mit den wissenschaftlichen und statistisch überprüften Analysen verknüpft wurde, gibt keine Empfehlung für einen gesetzlichen Mindestlohn von 7,50 Euro ab. Danach würden immerhin 16,5 Prozent der befragten Firmen bei einer entsprechenden Lohnuntergrenze Mitarbeiter entlassen.

Jobabbau vor allem in Ostdeutschland

Befragt wurden im Februar und März 800 Firmen aus acht Branchen, in denen teilweise die Einführung des Mindestlohns diskutiert wurde. Dazu zählen das Friseurhandwerk, der Einzelhandel und das Wachgewerbe. Die Befragung zeigt, dass vor allem Unternehmen in Ostdeutschland mit Entlassungen reagieren würden. Ein Mindestlohn von 7,50 Euro würde für 60 bis 75 Prozent der ostdeutschen Betriebe des Friseurhandwerks, der Floristik und des Wachgewerbes bedeuten, dass sie Mitarbeiter freisetzen. Dies hänge mit den im Vergleich zu Westdeutschland niedrigeren Löhnen im Osten zusammen, so Schmidt.

"Bemerkenswert ist, dass die Mehrzahl der Betriebe die Idee von Mindestlöhnen unterstützt und sogar eine Lohnuntergrenze von 7,50 Euro für angemessen hält, zugleich aber mit Entlassungen im eigenen Betrieb reagieren würde", betont der RWI-Präsident. Es sei eben ein Unterschied, ob jemand als Staatsbürger antworte oder als Praktiker, dessen Firma durch höhere Löhne unter Wettbewerbsdruck gerate.

"Die Ergebnisse der Studie geben den Skeptikern recht", sagt Schmidt. Das RWI sehe sich in seiner Ablehnung eines gesetzlichen Mindestlohns bestätigt. Die Arbeitsplatzverluste gerade der gering- und mittelqualifizierten Beschäftigten zeigten auch, dass man mit Mindestlöhnen Armut nicht vorbeugen könne.

© SZ vom 29.05.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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