Strenge Auflagen für TV-Gewinnspiele:Reizen und geizen

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Schluss mit leichtbekleideten Moderatorinnen, die Zeit schinden: Für TV-Gewinnspiele gibt es bald strenge Auflagen. Bei Verstößen drohen den Sendern saftige Geldstrafen.

Klaus Ott

Je später der Abend, desto freizügiger sind manche TV-Sender. "Heiße Spielchen" offeriert auch der Spartenkanal 9Live, in dem sich zu nächtlicher Stunde kaum bekleidete Damen räkeln und bei dem es ansonsten auch viel zu gewinnen gibt - gegen entsprechende Einsätze natürlich.

Neun-Live-Moderatorin Alida Kurras schwimmt zwar nicht in ihrem eigenen Geld, doch auch die Gewinnspiel-Sendungen des Senders werden wohl bald weniger gewinnträchtig sein. (Foto: Foto: obs/Neun Live)

Die Damen bleiben leichtbekleidet

Bei 9Live und anderen Stationen dieser Art könnte sich jedoch bald einiges ändern, gezwungenermaßen. Deutschlands Medienwächter wollen, im Auftrag der Politik, den Spieltrieb im Fernsehen eindämmen.

Die Damen aus dem Nachtprogramm müssen deshalb aber nicht mit ihren Reizen geizen, sie dürfen weiterhin zum Mitmachen animieren. Vielmehr sollen die Auflagen für Gewinnspiele drastisch verschärft werden.

Strenge Vorschriften auf zwölf Seiten

Das könnte 9Live oder etwa das Deutsche Sportfernsehen (DSF) viele Kunden kosten, die bislang per Telefon dort mitmachen - und dafür treu bezahlen. Die Landesmedienanstalten, die das Privatfernsehen beaufsichtigen, haben eine zwölfseitige Satzung für Gewinnspiele ausgearbeitet, die strenge Vorschriften enthält.

Das ist eine Reaktion auf die Vorgabe der 16 Bundesländer, den Verbraucherschutz zu stärken. Sollte der seit dieser Woche vorliegende Satzungsentwurf so verabschiedet werden, dann müssen 9Live, das DFS und ähnliche Sender vom Herbst an strengere Vorschriften als bisher beachten oder mit Bußgeldern bis zu 500.000 Euro rechnen.

Moderatoren dürfen keine Zeit schinden

17 mögliche Verstöße, die als Ordnungswidrigkeit eingestuft werden, sind im Entwurf aufgelistet. Das reicht von der Missachtung des Jugendschutzes bis zur Irreführung der Teilnehmer. Bußgelder kämen teuer, der Einsatz indes soll billig sein.

"Für die Teilnahme darf nur ein Entgelt bis zu 0,50 Euro verlangt werden", inklusive Mehrwertsteuer. Anreize oder gar Aufforderungen zum wiederholten Mitspielen wären nach der neuen Satzung unzulässig.

Die Moderatoren dürften sich künftig bei der Suche nach den richtigen Worten oder anderen Lösungen keine Zeit mehr lassen, damit möglichst viele Leute noch anrufen. Sofern ein in die Sendung bereits durchgestellter Zuschauer die Antwort nicht weiß, "ist sofort ein weiterer Teilnehmer durchzustellen". Ruck-Zuck soll das also gehen.

Umgekehrt wäre auch die "Vorspiegelung eines Zeitdrucks unzulässig", was potentielle Kunden ansonsten dazu bewegen könnte, sich schnell noch einzuwählen. Außerdem sollen die TV-Sender während des Spielverlaufs über zahlreiche Details informieren: Höhe des Einsatzes, Spielvariante, maximale Dauer, die Teilnahmebedingungen, gegebenenfalls über das technische Verfahren zur Auswahl der Teilnehmer. Und so weiter.

Die Moderatoren hätten dann wohl kaum noch Zeit, die Zuschauer zum Mitmachen aufzufordern.

"Überzeugungsarbeit nötig"

Bei der Pro Sieben Sat 1 AG, die 9Live betreibt, gibt man sich offiziell gelassen. "Wir erwarten keine wesentlichen Auswirkungen", sagt ein Sprecher. So stelle 9Live seit jeher sicher, "dass für jeden Teilnehmer zu jeder Zeit des Spiels eine Chance besteht, ausgewählt zu werden und zu gewinnen". Technische Systeme, die das gewährleisten, werden im Satzungsentwurf gefordert. Alle Zuschauer müssten die gleiche Gewinnchance haben.

Ob diese Auflage so ohne weiteres erfüllt werden kann, wird in den Medienanstalten bezweifelt. Dort betrachtet man die Folgen der neuen Satzung bei den betreffenden Sendern als gravierend.

Jugendschutz soll gestärkt werden

Breiten Raum nimmt auch der Jugendschutz ein. "Besonders kinder- und jugendaffine Gewinnspiele sind unzulässig." Das soll auch für Fragen und Preise gelten, die diese Klientel ansprechen. Minderjährige dürfen sowieso nicht teilnehmen.

Beim Jugendschutz sei "noch Überzeugungsarbeit nötig", sagt Wolf-Dieter Ring, Präsident der Bayerischen Landesmedienzentrale, über die bevorstehenden Gespräche mit den Privatsendern. Ring ist auch Vorsitzender der bundesweiten Kommission für Jugendmedienschutz. Ihm dürften harte Debatten bevorstehen. 9Live und andere Anbieter werden die Satzung bestimmt nicht widerspruchslos hinnehmen.

© SZ vom 11.7.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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