Strategie-ETF:Kluge Fonds

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Wer einmal die Stundenzahl zurückdreht, kommt nie mehr auf die volle Arbeitszeit - die Angst vor der Teilzeitfalle ist nicht unbegründet. Das Brückenteilzeitgesetz soll gegensteuern. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Anbieter bringen immer mehr neue Produkte auf den Markt, die smart sein sollen. Die ETF-Produkte sind nicht immer so schlicht, wie man denken könnte. Was dahintersteckt.

Von Markus Zydra

Eigentlich könnte man annehmen, dass gute Investmentideen zeitlos sind. Doch auch die Geldbranche unterliegt Moden, wie man weiß. Indexfonds (ETF) gelten als einfache und leicht verständliche Produkte. Weil sie auch noch kostengünstig sind, gelten sie als passendes Vehikel für viele Anleger. Doch auch diese Branche entwickelt sich weiter. Die ursprünglich einfache Note ist in den letzten Jahren um einen komplexeren Teil erweitert worden. Indexfonds sind nicht mehr so schlicht, wie man gemeinhin denken mag. Dieses Urteil gilt auch für sogenannte Smart-Beta-ETF.

Klassische ETF bilden Indizes ab. Das bedeutet: Ein Dax-ETF wirft im Regelfall nahezu dieselbe Rendite ab wie der deutsche Leitindex selbst. Anleger wissen also beim Blick auf den Dax sofort, wie es um ihre Altersvorsorge steht. Bei Smart-Beta-Indexfonds ist die Sache nicht ganz so trivial.

Wenn die Branche etwas als "smart" bezeichnet, stecken meist PR-Köpfe dahinter

Um den Unterschied zu verstehen, genügt der Blick auf die klassischen ETF. Die folgen einem Index, etwa dem Dax, wobei die Unternehmen im Dax nach ihrer Marktkapitalisierung gewichtet werden. Unternehmen, die an der Börse viel wert sind, haben im Dax ein stärkeres Gewicht als die anderen. Nun sind die Schwergewichte nicht immer die beste Anlageentscheidung. Aktien mit kleinerer Marktkapitalisierung bieten manchmal mehr Chancen, Unternehmen, die höhere Dividenden als andere zahlen, können in bestimmten Phasen auch interessanter sein. Dazu kommt, dass die Börsenentwicklung immer auch momentumgetrieben ist. Das bedeutet: Es gibt kurze Phasen, in denen die Kurse, und zwar alle, fallen. Es gibt Phasen, in denen die Kurse wieder durch die Bank steigen. Diese Trends zu erkennen ist Gold wert, es gelingt aber nicht vielen Investoren. Smart-Beta-ETF wollen weg von der vorgegebenen Indexgewichtung, sie wollen Momentum, Dividende und kleine Unternehmen im Produkt berücksichtigen.

Doch Vorsicht: Wenn die Investmentbranche etwas als "smart" bezeichnet, dann stecken dahinter meist PR-Köpfe, die beim Kunden das Gefühl erzeugen möchten, es dank eines solchen Produkts besser draufzuhaben als andere Anleger. Die Smart-Beta-ETF möchten ein besseres Rendite-Risiko-Profil erreichen als herkömmliche ETF, die stur den Indizes folgen. "Doch Berater sollten Vorsicht walten lassen. Was auf den ersten Blick als natürliche Weiterentwicklung des ETF-Markts daherkommt, ist nichts weniger als eine Palastrevolution in der ETF-Branche", sagt Ali Masarwah, Analyst der Ratingagentur Morningstar. Smart-Beta-Produkte brächen mit Erfolgsrezepten der Vergangenheit. "Die Kosten dieser Produkte sind zum einen nicht niedrig - jedenfalls nicht im Vergleich mit herkömmlichen ETF. Zum zweiten, und das ist entscheidend, erfordern diese ETF Timing-Fähigkeiten, da nicht jeder Faktor zu jeder Zeit auskömmliche Prämien liefert", so Masarwah.

Doch am Timing sind schon viele gescheitert. Wer weiß schon, wann der richtige Zeitpunkt für den Einstieg an der Börse ist? Außerdem war es ja gerade ein Verkaufsargument für die klassischen ETF, dass man sich ums Timing nicht kümmern sollte. Für langfristig orientierte Anleger gilt jeder Zeitpunkt als richtig, weil Aktien, so die Erfahrung, auf Sicht von 20 Jahren immer eine ordentliche Rendite abwerfen. Zudem gibt es keine einheitlichen Standards bei den Smart-Beta-ETF. "Jeder Anbieter kocht sein eigenes Süppchen und definiert die Ingredienzien seiner Faktormodelle unterschiedlich", sagt Masarwah. Der Value-ETF von iShares unterscheide sich also unter Umständen deutlich von den entsprechenden Produkten der Deutschen Bank, Lyxor, UBS oder Deka. "Dass bei Smart Beta Bedacht geboten ist, liegt also auf der Hand, zumal herkömmliche ETF in vielen Standard-Fondskategorien kaum zu schlagen waren", so Masarwah. Die Morningstar-Fünf-Sterne-Ratings für ETF auf den S&P 500, MSCI World oder Barclays Euro Aggregate Bond würden zeigen, dass herkömmliche Indexprodukte kein Performance-Problem hätten. Im Gegenzug seien die allermeisten Smart-Beta-ETF noch sehr jung, sodass sich nicht einmal ein vorläufiges Urteil über ihr Rendite-Risiko-Profil formulieren lasse. "Diese Produktgeneration nimmt Anleger und Berater also gewissermaßen mit auf eine Reise ins Ungewisse."

© SZ vom 21.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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