Strafzahlungen:Wohin das Geld fließt

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Noch immer werden die Banken für die weltweite Finanzkrise von 2008 zur Kasse gebeten. Doch wer profitiert eigentlich davon?

Von C. Hulverscheidt, M. Schreiber, New York/Frankfurt

Acht Jahre sind vergangen seit dem Höhepunkt der Finanzkrise. Noch immer sind die Schäden nicht vollends behoben, etwa die der US-Häuslebauer, die sich zu hohe Kredite aufgehalst und dann ihre Immobilien verloren haben, oder die der Investoren, die teilweise auf ihren Verlusten sitzen geblieben sind. Für diese windigen Immobiliengeschäfte, die als Auslöser der Finanzkrise gelten, bittet das US-Justizministerium jetzt Bank für Bank zur Kasse.

Der Deutschen Bank - so wurde Ende vergangener Woche bekannt - droht dabei eine Rekordstrafe: 14 Milliarden Dollar (12,5 Milliarden Euro) soll sie für diese Altlasten bezahlen. Sie gehen auf die Jahre 2005 bis 2007 und damit auf die Ära von Ex-Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann zurück. Vermutlich werden die Frankfurter die Summe drücken können. Ob aber ihre Rückstellungen von gut drei Milliarden Euro ausreichen, ist ungewiss.

Auch wohin das Geld fließen wird, ist derzeit noch offen. Frühere Fälle zeigen jedoch, dass solche Strafzahlungen meist unter den betroffenen Bürgern, den beteiligten Behörden sowie besonders engagierten Bundesstaaten aufgeteilt werden. Ein großer Teil fließt zudem an den US-Finanzminister, der die Mittel meist verwendet, um das Haushaltsdefizit zu senken. Allein im Zusammenhang mit der Finanzkrise des Jahres 2008 haben die Banken in den USA bisher 110 Milliarden Dollar an Strafen zahlen müssen. Nach Recherchen des Wall Street Journals landeten davon 49 Milliarden direkt oder über Umwege im Finanzministerium. Weitere 45 Milliarden Dollar gingen an geschädigte Bürger, darunter Hausbesitzer, die die rapide steigenden Kreditzinsen nicht mehr hatten bezahlen können, und Sparer, denen die Banken letztlich wertlose hypothekenbesicherte Wertpapiere aufgeschwatzt hatten.

Whistleblower werden in den USA an den Einnahmen beteiligt

Das Justizministerium, das die Ermittlungen geleitet hatte, strich knapp 450 Millionen Dollar ein, die Bundesstaaten 5,3 Milliarden. Hauptprofiteure waren jene Landesregierungen, deren Generalstaatsanwälte sich bei der Aufklärung der Bankmachenschaften besonders hervorgetan hatten. Dazu zählen traditionell der New Yorker Ressortchef Eric Schneiderman sowie seine Kollegen aus New Jersey, Delaware, und einer Reihe weiterer Staaten.

Die restlichen zehn Milliarden Dollar flossen an Bundesbehörden, die mit dem Wohnungsmarkt oder der Restrukturierung und Abwicklung von Banken zu tun haben. Ein Teil der Summe ging zudem an Menschen, die durch Tipps an die Behörden illegale Geschäfte erst aufgedeckt hatten. Solche Whistleblower werden in den USA traditionell an den Einnahmen beteiligt, die der Staat durch ihre Hinweise eintreiben kann. Manch ein Tippgeber erhielt hohe Millionensummen.

Die beteiligten Behörden und Bundesstaaten setzen die eingenommenen Gelder oft für Programme ein, die direkt oder indirekt mit dem konkreten Fall in Zusammenhang stehen. Die Strafzahlungen der Zigarettenindustrie Ende der 1990er-Jahre etwa flossen vorwiegend in Gesundheitsprojekte und Nichtraucherkampagnen.

Ein Teil der Mittel jedoch wird auch für andere Zwecke abgezweigt. Manche Bundesstaaten verwendeten das Geld für Leseprogramme an Schulen, andere rüsteten ihre Polizeidienststellen mit neuen Computerprogrammen aus. Der Staat New York finanzierte damit die Sanierung einer Brücke und eines Hafens - und sogar den Bau eines neuen Pferdestalls auf dem jährlichen Staatsjahrmarkt.

© SZ vom 19.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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