Steve Jobs im Interview:"Die Leute haben auf iTunes gewartet"

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In den USA ist Apple bei der Online-Musik bereits Klassenbester. Nun bringt Vorstandschef Steve Jobs den iTunes Music Store auch nach Europa — und glaubt fest an dessen Erfolg.

Von Antonie Bauer

SZ: Anders als in den USA sind Sie in Europa nicht der erste Online-Musikladen, es gibt unter anderem Napster, OD2 und Phonoline. So richtig viel Geschäft machen die allerdings noch nicht. Hat Europa auf iTunes gewartet?

Auch er hat schon mal versucht, illegal Musik aus dem Internet herunterzuladen — natürlich nur zu Marktforschungs-zwecken: Apple-Vorstandschef Steve Jobs. Foto: AP (Foto: N/A)

Steve Jobs: Das werden wir herausfinden. Wir haben unseren Dienst am Dienstag in Deutschland, Frankreich und Großbritannien gestartet; in ein paar Wochen werden wir die Reaktionen sehen. Aber ich glaube tatsächlich, dass die Leute auf iTunes gewartet haben.

SZ: Wie stark schätzen Sie die Konkurrenz ein?

Jobs: In den USA hat iTunes einen Marktanteil bei legalen Downloads von 70 Prozent. Die Konkurrenz ist stark, aber iTunes gewinnt. In Europa sind die Wettbewerber Napster und OD2, aber sie verkaufen bislang nicht viele Songs. Im Vereinigten Königreich sind es rund 50.000 Stücke in der Woche, wir verkaufen dagegen in den USA rund zweieinhalb Millionen in der Woche. Ich hoffe, dass iTunes jetzt den Markt richtig in Gang bringt.

SZ: Wer ist Ihr stärkster Konkurrent?

Jobs: Die legalen Wettbewerber haben alle zusammen gerade mal 30 Prozent Marktanteil. Womit iTunes wirklich konkurrieren muss, ist die Piraterie. In Deutschland etwa sind die Musikverkäufe im vergangenen Jahr deswegen um 19 Prozent geschrumpft.

SZ: Und wie kommen Sie dagegen an, immerhin kostet ein Song bei Ihnen 99 Cent?

Jobs: Mit einem besseren Produkt. Ich habe ja auch schon mal versucht, was illegal herunterzuladen — zu Marktforschungszwecken natürlich — und was finden Sie da? Songs, die offenbar von einem Zehnjährigen aufgenommen worden sind, und die letzten zwei Sekunden fehlen ganz.

SZ: Es hat ja bis zu Ihrem europäischen Start eine Weile gedauert. War es schwer, die Zustimmung der Musikkonzerne zu bekommen?

Jobs: Nein, das Problem waren die ganzen Rechte. Da hat zum Beispiel ein Musikkonzern das Recht, einen Song in den US zu vertreiben, und für Großbritannien hat dieses Recht eine andere Firma. Für Deutschland ist es vielleicht ein drittes Unternehmen. Und es gibt keine zentrale Datenbank. Wir mussten also mit den Musikkonzernen zusammenarbeiten um herauszufinden, wen wir jeweils bezahlen müssen. Dazu kommen dann noch die Musikverlage. Diese ganzen Rechte abzuklären, hat lange gedauert.

SZ: Sie hatten also die dreifache Arbeit wie bei Ihrem amerikanischen Musikladen?

Jobs: Nicht die dreifache, sondern viel mehr, auch deshalb, weil wir je nach Land ein unterschiedliches Repertoire haben, mit nationalen Künstlern.

SZ: Warum bieten Sie nicht auch wie einige andere einen Abo-Dienst an?

Jobs: Die Menschen wollen ihre Musik nicht mieten, denn sie wollen ihre Lieblingsstücke nicht nur einmal hören. Wenn ich monatlich sieben, acht, neun Pfund für ein Abo bezahle, dann sind das nach zehn Jahren 1000 Pfund.

SZ: Wird der Start in Europa nicht zu weiteren Engpässen bei den iPods führen, auf denen man die Musik abspielen kann? Es gibt ja schon jetzt Wartelisten.

Jobs: Das gilt nur für den im Januar eingeführten iPod Mini, den klassischen weißen kriegen Sie überall. Beim Mini war die Nachfrage in den USA so hoch, dass wir den internationalen Start verschieben mussten.

SZ: Wann ist er hier erhältlich?

Jobs: Ende Juli werden wir ihn auch hier verkaufen.

SZ: Fahren Sie die Produktion hoch?

Jobs: Wir versuchen es, so schnell es nur geht. Schließlich ist auch die Nachfrage in den USA noch viel zu hoch, also tun wir unser Bestes, um aufzuholen.

SZ: Welchen Anteil peilen Sie auf dem europäischen Musikmarkt an? 70 Prozent wie in den USA?

Jobs: Wir haben Ziele, aber die verraten wir nicht.

SZ: Wie schnell wird der Markt für legale Downloads wachsen?

Jobs: Er wächst schon jetzt sehr schnell, innerhalb eines Jahres von nichts auf nun zwei Prozent des gesamten Musikmarkts in den USA. Da ist es auch vorstellbar, dass er irgendwann fünf Prozent beträgt und irgendwann zehn und irgendwann noch mehr. Aber wir müssen einen Schritt nach dem anderen machen.

SZ: Nervt es Sie eigentlich, dass Sie, egal was Sie machen, immer auf Microsoft treffen?

Jobs: Meines Wissens macht Microsoft keine iPods, und es hat auch keinen Online-Musikladen.

SZ: Aber es arbeitet mit OD2 zusammen und es soll einen eigenen Musikladen planen.

Jobs: Wir werden sehen. Das ist schwerer, als es aussieht.

SZ: Ist das Apple der Zukunft eine Computerfirma, ein Musikgeschäft oder ganz was anderes?

Jobs: Uns ist vor einigen Jahren klar geworden, dass sich der PC verändern würde, dass er zu dem Ort würde, auf dem man digitale Fotos, Musik und Filme aufbewahren würde. Der Computer wandelt sich zur digitalen Drehscheibe des Lebens. Wir haben Jahre vor unseren Konkurrenten begonnen, daran zu arbeiten, und wir haben jetzt die beste Software dafür. Unsere Computersparte ist gesund, aber heute dreht sich alles um digitale Medien. Computer- und Musikgeschäft passen deshalb sehr gut zusammen. Es ist großartig, beides zu haben.

SZ: Soll der Musikladen auch den Mac-Absatz ankurbeln? Bei PC haben Sie ja Marktanteile verloren.

Jobs: Wir machen das nicht gezielt. iPod und iTunes bekommen Sie auch für Windows. Die meisten Leute nutzen ihren iPod mit Windows.

SZ: Und Sie hoffen nicht, dass die Nutzer dann auch andere Produkte aus Ihrem Haus kaufen?

Jobs: Das wäre schön.

SZ: Sie haben eine Allianz mit Hewlett-Packard geschlossen, das iTunes auf seinen PC vorinstalliert und unter seinem eigenen Namen einen digitalen Musikspieler auf Basis des iPod anbieten will. Wann geht es los?

Jobs: In diesem Sommer. HP installiert schon jetzt iTunes auf vielen Computern. Es vertreibt sie weltweit mehr als acht Millionen Mal. Das hilft uns sehr.

SZ: Wollen Sie noch weitere ähnliche Allianzen schließen?

Jobs: Das würden wir sehr gerne.

© SZ vom 17. Juni 2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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