Statistik:Arbeitslosenquote sinkt — aber nicht gegenüber 2003

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Trotz einer leichten Herbstbelebung steckt der deutsche Arbeitsmarkt weiterhin in einer Krise - die neuesten Zahlen haben Hoffnungen auf einen "goldenen Oktober" enttäuscht.

Zwar ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland im Oktober saisonbedingt um 50.100 auf 4.206.600 gesunken. Aber nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) waren dies 55.300 mehr als vor im Oktober 2003.

Der Abstand zum Vorjahresmonat hat sich damit aber erstmals seit Februar wieder verringert. Die Arbeitslosenquote ging im Oktober um 0,2 Punkte auf 10,1 Prozent zurück, berichtete die BA am Mittwoch in Nürnberg. Vor einem Jahr hatte die Quote bei 10 Prozent gelegen.

Auf der Grundlage der bis zum Jahresende 2003 gültigen Statistikverfahren wären im Oktober sogar 4,338 Millionen Menschen ohne Arbeit. Dies wäre die höchste Oktober-Arbeitslosigkeit seit der Wiedervereinigung. Seit Jahresanfang fallen Teilnehmer an Eignungsfeststellungs- und Trainingsmaßnahmen aus der Arbeitslosenstatistik heraus.

"Ermutigende Zeichen auf der Beschäftigungsseite"

Weise betonte, trotz einer positiven wirtschaftlichen Grundtendenz sei eine Wende auf dem Arbeitsmarkt noch nicht zu erkennen. "Allerdings gibt es ermutigende Zeichen auf der Beschäftigungsseite", sagte er.

So sei der Rückgang der Arbeitslosenzahlen in diesem Oktober stärker ausgefallen als im Durchschnitt der vergangenen drei Jahre. Auch der saisonbereinigte Anstieg sei mit einem Plus von 12.000 auf 4,457 Millionen moderater gewesen als in den vorigen Monaten.

BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt räumte ein, der Rückgang der Arbeitslosenzahlen sei hauptsächlich auf das verstärkte Angebot so genannter Ein-Euro-Jobs zurückzuführen.

Bundesweit seien im Oktober 46.200 Arbeitslose auf diese mit ein bis zwei Euro pro Stunde vergüteten Arbeitsgelegenheiten vermittelt worden. Bis zum Jahresende sollen rund 100.000 solcher Stellen zur Verfügung stehen. Sie sollen ab 2005 nach und nach die bisherigen Arbeitsbeschaffungs- Maßnahmen (ABM) ersetzen.

Ost-West-Gefälle

Der Rückgang der Arbeitslosigkeit im Oktober beschränkte sich fast ausschließlich auf den Osten. In Westdeutschland hat sich die Arbeitslosigkeit kaum verändert.

In den neuen Bundesländern ergab sich im Monatsvergleich - mit Ausnahme von Mecklenburg-Vorpommern - ein sichtbarer Rückgang der Zahl der Erwerbslosen. Insgesamt sank im Osten die Zahl der Arbeitslosen um 42.500 auf 1.514.100. Das sind lediglich 300 mehr als im Vorjahr.

Im Westen ging die Zahl der Menschen ohne Beschäftigung im Vergleich zum Vormonat dagegen nur um 7600 auf 2.692.400 zurück. Das sind 55.300 mehr als vor zwölf Monaten. Entsprechend sank die Arbeitslosenquote im Osten um 0,5 Punkte auf 17,5 Prozent (Vorjahr 17,3 Prozent). Im Westen verharrte sie bei 8,2 Prozent (Vorjahr 8,0 Prozent).

Bereinigt um saisonale Effekte ist die Arbeitslosenzahl den Angaben zu Folge um 12.000 auf 4,457 Millionen gestiegen. Einer Zunahme im Westen von 14.000 steht ein Rückgang im Osten um 2000 gegenüber. Laut Weise fiel der Anstieg insgesamt aber schwächer aus als in den Vormonaten.

BA erwartet 2005 keine Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt

Für den bevorstehenden Winter schloss Alt die Überschreitung der Marke von fünf Millionen Arbeitslosen nicht aus. Grund sei, dass rund 300.000 bis 400.000 arbeitsfähige Arbeitslosengeld-II-Empfänger zum Jahresanfang 2005 erstmals in der Arbeitsmarkt-Statistik auftauchen werden.

Man wisse nicht genau, wie viele von ihnen als arbeitsfähig gelten werden. Für das kommende Jahr rechnet der BA-Manager noch nicht mit einer durchgreifenden Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt.

Die BA-Führung warnte vor einer Überbewertung der jüngsten Erwerbstätigenzahlen, die im August - dem aktuellsten Stand - mit 38,49 Millionen um 107.000 über dem Vorjahreswert lagen. Bei vielen der neu geschaffenen Arbeitsplätze handele sich um so genannte nicht sozialversicherungspflichtige Mini- und Midi-Jobs sowie um Existenzgründungen.

Offensiver Kampf gegen Langzeitarbeitslosigkeit

Dagegen seien seit August vergangenen Jahres 335.000 sozialversicherungspflichtige Stellen weggefallen. "Der Anstieg der Erwerbstätigkeit ist deshalb nicht konjunkturell zu interpretieren", sagte Alt.

Zugleich kündigte die BA eine Offensive im Kampf gegen die Langzeitarbeitslosigkeit an. Mit einer "Initiative Arbeitsmarkt im Aufbruch" sollen vor allem arbeitslose Jugendliche stärker gefördert, die Sprachkenntnisse arbeitsloser Ausländer verbessert und zusätzliche Ein-Euro-Jobs angeboten werden, betonte Alt.

Nach BA-Angaben waren bei den örtlichen Arbeitsagenturen im Oktober 1,7 Millionen Menschen registriert, die länger als ein Jahr arbeitslos waren. Das waren 155.200 mehr als vor einem Jahr.

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