Start-up-Monitor:Wenig Geld und maximales Glück

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Gründer gestalten die Zukunft des Landes. Aber woher kommen sie? Was können sie? Und was gründen sie? Neun Erkenntnisse aus dem deutschen Start-up-Monitor.

Von Sophie Burfeind

1) Die deutsche Start-up-Szene wird weiblicher und jünger.

Der bundesweite Anteil von Frauen in Gründerteams steigt. Der Studie zufolge liegt er nun bei 14,6 Prozent - vor drei Jahren waren es nur zehn Prozent. Trotzdem ist der Frauenanteil in der Szene damit nicht gerade hoch, auch im Vergleich zur Geschlechterverteilung bei Selbstständigen im Allgemeinen - da liegt die Frauenquote nämlich bei 40 Prozent. Die meisten Gründerinnen leben in Berlin, wo der Anteil bei 16 Prozent liegt, am seltensten trifft man sie in Hamburg und München (10,5 Prozent).

Außerdem werden deutsche Gründer jünger: Im Durchschnitt sind sie 35,3 Jahre alt und damit ein Jahr jünger als im Vorjahr. Die allermeisten von ihnen, knapp 92 Prozent, besitzen die deutsche Staatsbürgerschaft, etwa fünf Prozent kommen aus einem anderen EU-Staat. Daran hat sich in den letzten Jahren nicht viel verändert. Die meisten Gründer mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit leben in München - dort machen sie fast zehn Prozent aus.

2) Im Gegensatz zum Silicon Valley gibt es in Deutschland nicht einen Start-up-Ballungsraum, sondern mehrere.

Genauer gesagt sind es sechs Regionen, aus denen mehr als die Hälfte der Start-ups kommt. Nach wie vor liegt Berlin dabei an der Spitze: In der Hauptstadt haben knapp 17 Prozent der Unternehmen ihren Sitz. Danach folgt aber nicht München oder Hamburg, wie man annehmen könnte, sondern die Metropolregion Rhein-Ruhr. Dort sind 11,3 Prozent aller Start-ups ansässig. Dahinter rangieren dicht hintereinander die anderen Ballungsräume für Start-ups: die Regionen Stuttgart-Karlsruhe (6,4 Prozent), Hamburg (6,2 Prozent), Hannover-Oldenburg und München mit 6,0 Prozent. Im vergangenen Jahr kamen immerhin noch sieben Prozent der Start-ups aus München.

Ein Merkmal von Start-ups ist: Sie werden fast immer im Team gegründet. Frauen gründen etwas häufiger allein als Männer. (Foto: Rainer Berg/ imago)

Wenn es nach Bundesländern geht, schneidet Bayern aber besser ab: Es landet nach Berlin und Nordrhein-Westfalen auf Platz 3. Insgesamt geht die Zahl der Unternehmensgründungen in Deutschland seit dem Jahr 2001 zurück. Damals lag die Quote derjenigen im erwerbsfähigen Alter, die ein Unternehmen gründen, bei 2,9 Prozent, jetzt liegt sie bei 1,3 Prozent. Ein Grund dafür ist der anhaltende Beschäftigungsrekord auf dem Arbeitsmarkt.

3) Deutsche Gründer bevorzugen technologische Branchen und die IT- und Softwareindustrie.

In diesen beiden Bereichen sind etwa 32 Prozent von ihnen tätig - dazu zählen auch industrielle Technologien und die Entwicklung von Hardware. Neun Prozent von ihnen haben im Bereich Online-Marktplatz und 6,8 Prozent im Bereich E-Commerce ein Unternehmen gegründet. Die Anzahl von Fintechs ist in Deutschland mit einem Anteil von 4,6 Prozent zwar noch klein, aber sie wächst. Grundsätzlich ist mehr als die Hälfte der deutschen Start-ups ausschließlich oder überwiegend im B2B-Bereich aktiv, richtet sich also nicht direkt an die Kunden, sondern an andere Unternehmen.

4) Wer in Deutschland ein Start-up gründet, hat mit großer Wahrscheinlichkeit BWL oder VWL studiert.

Knapp 27 Prozent der Gründer haben einen solchen Studienabschluss. 20 Prozent haben Informatik, Computer Science oder Mathematik studiert und 18 Prozent etwas im Bereich Ingenieurwissenschaften. Knapp neun Prozent der Gründer sind Naturwissenschaftler und etwa sechs Prozent Kultur-, Sozial- oder Geisteswissenschaftler. Der am meisten verbreitete Studienabschluss unter Gründern ist daher auch das Diplom.

20 Prozent der Gründer haben nicht studiert, etwa sieben Prozent der Teilnehmer haben nur ein Abitur. Dafür können umso mehr Gründer einen Doktortitel vorweisen - nämlich immerhin 17.

Die Top-Hochschule für Start-ups steht im Süden der Republik, es ist die Technische Universität München: Die TUM bringt 3,2 Prozent aller deutschen Gründer hervor. Danach folgen das Karlsruher Institut für Technologie und die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen.

5) Wenn es um das Geldeinsammeln geht, ist bei deutschen Start-ups noch Luft nach oben.

Die wichtigste Finanzierungsquelle sind für 83 Prozent der Gründer nach wie vor die eigenen Ersparnisse. Nur jedes dritte Start-up finanziert sich durch staatliche Fördermittel oder durch Kapital von Freunden oder der Familie. Etwas mehr als 20 Prozent der Gründer erhielten eine Förderung von privaten Geldgebern, von sogenannten Business Angels, 18 Prozent der Unternehmen finanzieren sich durch das operative Geschäft.

Risikokapital sammelten nur knapp 16 Prozent der jungen Unternehmen ein, 14 Prozent nahmen einen Kredit auf. Am häufigsten werden Münchner Start-ups aus der eigenen Tasche finanziert. Bislang haben die befragten Start-ups 2,1 Milliarden Euro an externem Kapital eingesammelt - nach Einschätzungen von Experten ist das zu wenig.

6) Deutsche Start-ups sind überwiegend in Deutschland aktiv.

Fast 80 Prozent der Unternehmen machen ihre Umsätze in Deutschland, nur elf Prozent in den übrigen EU-Ländern. Das muss sich ändern, finden viele Gründer. Mehr als 80 Prozent von ihnen gaben deswegen an, sich internationalisieren zu wollen - ihr Hauptziel ist der europäische Markt.

7) Start-ups und etablierte Unternehmen arbeiten immer seltener zusammen.

Nur die Hälfte der Start-ups kooperiert noch mit großen Unternehmen und Mittelständlern, im vergangenen Jahr waren es noch 70 Prozent. Dafür arbeiten Start-ups nun enger mit anderen Start-ups zusammen. Im vergangenen Jahr waren es etwas mehr als die Hälfte, jetzt sind es mehr als zwei Drittel.

Experten fordern oft, dass Start-ups und etablierte Unternehmen stärker zusammenarbeiten müssen. Von einer solchen Zusammenarbeit würden beide Seiten profitieren: Die Jungen könnten von den großen Unternehmen Zugänge zu Märkten, Kunden, Technologien und Geld erhalten, den Alten könnte es helfen, digitaler und innovativer zu werden.

8) Mit der deutschen Politik sind die Gründer nicht besonders zufrieden.

Der Bundesregierung gaben sie die Schulnote 3,8, die Landesregierungen schnitten etwas besser ab. Wenn es um das generelle Verständnis für Start-ups geht, fallen die Politiker mit einer 4,6 durch. Die Befragten wünschen sich, dass regulatorische und bürokratische Hürden abgebaut, dass Steuern reduziert und sie bei Kapitalbeschaffung unterstützt werden. Wichtig ist einen auch, dass es einfacher wird, Mitarbeiter aus Nicht-EU-Ländern zu gewinnen, und dass EU-weite Netzwerke geschaffen werden, um Start-ups zu fördern. Außerdem wollen sie, dass Unternehmertum (Entrpreneurship) Teil des Bildungswesens wird, also an Schulen und Hochschulen eine wichtigere Rolle spielt. Für kompetent halten sie in all diesen Belangen nur die FDP. Deshalb ist der Lieblingspolitiker deutscher Gründer auch den FDP-Vorsitzenden Christian Linder.

9) Deutsche Gründer sind sehr optimistisch und zufriedener als Durchschnittsdeutsche.

Fast die Hälfte der Befragten beurteilen ihre derzeitige Geschäftslage als gut. Knapp 68 Prozent der Jungunternehmer glauben sogar, dass die kommenden sechs Monate besser werden. Und selbst wenn sie mal scheitern, verlieren sie ihre Zuversicht nicht: 63 Prozent der Gründer gaben an, auch ein zweiten Mal gründen zu wollen. Nur 20 Prozent von ihnen würden wieder als Angestellte arbeiten wollen, wenn es nicht klappt.

Außerdem wurden die Gründer gebeten, ihre Lebenszufriedenheit auf einer Skala von 0 bis 10 anzugeben. Das Ergebnis: Mit einem Wert von 7,8 sind Start-up-Gründer durchschnittlicher zufriedener mit ihrem Leben als deutsche Arbeitnehmer. Deren Lebenszufriedenheit liegt dem Meinungsforschungsinstitut Gallup zufolge nur bei 7. Fast 15 Prozent der Gründer vergaben sogar eine 10 und sind damit wunschlos glücklich.

© SZ vom 17.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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