Sportausrüster ziehen EM-Bilanz:Und der Gewinner heißt: Adidas

Lesezeit: 3 min

Adidas sieht sich nach der Fußball-EM als klarer Sieger im Ausrüsterkampf, doch Konkurrent Nike rüstet im Marken-Duell auf. Beide Konzerne kämpfen nun um den Osteuropa-Markt.

Uwe Ritzer

Die Spannung vor dem Finale der Europameisterschaft hielt sich bei Adidas in Grenzen, die Freude danach war umso größer. "Es hat selten ein Endspiel gegeben, vor dem ich so gelassen war", sagte Vorstandschef Herbert Hainer. Deutschland gegen Spanien - dies war Hainers Wunschfinale. Schließlich stehen die beiden Nationalmannschaften bei Adidas unter Vertrag.

Adidas-Chef Hainer hat gut lachen: Er sieht sein Unternehmen als Ausrüster-Sieger bei der Fußball-EM. (Foto: Foto: AP)

Dementsprechend waren am Sonntagabend auf dem Rasen des Wiener Ernst-Happel-Stadions nur dreigestreifte Trikots, Hosen und Stutzen zu ziehen. Der Großteil der Spieler trat in Adidas-Schuhen gegen einen Ball namens "Europass", den ebenfalls die Sportartikelmarke aus Herzogenaurach herstellt. Als Sponsor des europäischen Fußballverbandes Uefa und Ausrüster des Turniers war Adidas damit vor vielen hundert Millionen Fernsehzuschauern weltweit allgegenwärtig.

"Adidas hat sich bei dieser EM ganz klar durchgesetzt", sagt Klaus Jost, Vorstand des größten europäischen Sportfachhandel-Einkaufsverbunds Intersport, zu dem 5000 Geschäfte in 30 Ländern gehören. Nike, die eigentliche Nummer eins der Sportartikelindustrie, scheine wie schon bei der WM 2006 "am Ende etwas die Luft ausgegangen zu sein", so Jost. Und Puma, der Ausrüster der Gastgeberteams Österreich und Schweiz? "Puma hatte ein bisschen Pech, weil beide Länder vorzeitig ausgeschieden sind", sagt der Intersport-Chef.

Fans am Ball

Für die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Pricewaterhouse-Coopers steht Adidas auch in anderer Hinsicht als Sieger fest. Eine Umfrage ergab, dass von allen bei der EM vertretenen Marken Adidas von den Konsumenten am stärksten wahrgenommen wurde. Die Plätze zwei und drei belegen Coca-Cola und McDonald's.

"Dabei spielt eine enorme Rolle, dass Adidas den Spielball stellte, denn er ist das in allen Medien ständig präsente Symbol für das gesamte Event EM", sagt Klaus Jost. Für ihn hat die Europameisterschaft jedoch noch einen weiteren Gewinner: Den Sportfachhandel. Gemessen an der EM 2004 habe sich dessen Umsatz mit Fußballprodukten und Fanartikeln hierzulande "locker verdoppelt". Von den 7,1 Milliarden Euro, die in Deutschland jährlich für Sportartikel ausgegeben werden, entfallen etwa zehn Prozent auf Produkte, die mit Fußball in Zusammenhang stehen.

Verglichen mit dem WM-Jahr 2006, das dem Fachhandel im Austragungsland Deutschland eine außergewöhnliche Sonderkonjunktur bescherte, liegen die Fußball-Umsätze der Intersport-Geschäfte voraussichtlich etwa um ein Fünftel niedriger. Europaweit dürften sie jedoch das Niveau von 2006 erreichen, sagt Jost. Sie würden noch höher liegen, hätte England die Qualifikation zur EM geschafft. So aber läuft das Geschäft auf der fußballverrückten Insel in diesem Jahr nur verhalten.

Großbritannien wird in den kommenden Jahren ein ganz wesentlicher Schauplatz sein im Duell der beiden größten Sportartikelhersteller Nike und Adidas um die Vorherrschaft in der weltweit populärsten Sportart Fußball. Für mehr als 400 Millionen Euro haben die Amerikaner unlängst Umbro gekauft; eine kleine, aber im Fußball tief verwurzelte Marke - nicht zuletzt als Ausrüster der englischen und der schwedischen Nationalmannschaft. Nike und Umbro werden zwar als Marken auch künftig streng getrennt auftreten; allerdings eröffnet die Übernahme den Amerikanern viel Potential. So wird es ihnen möglich sein, attraktive Teams und Stars unter strategischen Gesichtspunkten hin- oder herzuschieben.

Milliardenspiel der großen Hersteller

Adidas macht dies vor. Der fränkische Konzern hat bekanntlich vor drei Jahren den US-Rivalen Reebok übernommen. Der rüstete bis dahin den sportlich wie unter PR-Gesichtspunkten attraktiven Traditionsverein FC Liverpool aus. Weil die Marke Adidas jedoch in der englischen Premier League stärker präsent sein wollte, übernahm sie kurzerhand von Reebok den Ausrüstervertrag mit Liverpool. Umgekehrt wird in der kommenden Saison der deutschen Bundesliga der 1. FC Köln statt in Adidas- in Reebok-Leibchen spielen.

Wer in welchen Marken gegen den Ball tritt, ist im Milliardenspiel der großen Hersteller ein ganz entscheidender Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg. Vor allem die jugendlichen Fans orientieren sich bei ihrem Einkauf daran, was ihre Idole tragen. Entsprechend sind viele Märkte danach verteilt, welche Sportartikelmarke die zugkräftigsten Vereinsmannschaften, vor allem aber das jeweilige Nationalteam ausrüstet. So ist nach Aussage von Intersport-Chef Klaus Jost das Fußballgeschäft in den Niederlanden und in Portugal seit Jahren fest in Nike-Hand. Adidas dominiert hingegen in den Finalländern Deutschland und Spanien.

Besonders hart umkämpft werden in den nächsten Jahren die großen Wachstumsmärkte in Osteuropa sein. So dürfte der über weite Strecken überzeugende Auftritt des russischen Teams bei der EM auch dessen Ausrüster Nike in dem Land einen Schub bringen. Auch wenn es für die Russen diesmal noch nicht ins Finale gereicht hat.

© SZ vom 01.07.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: