Spar-Appell an Mitarbeiter:SAP bittet um Verzicht

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Der Softwarekonzern SAP ruft wegen der Finanzkrise dazu auf, Dienstreisen zu stornieren und freiwillig auf Urlaubstage zu verzichten.

Dagmar Deckstein

Der Text in der Mitarbeitermail vom Mittwoch liest sich, als ob Europas größter Softwarekonzern SAP kurz vor dem Exitus stünde: "Unternehmensweit gilt ein kompletter Einstellungsstopp ... ist jegliche Zusammenarbeit mit externen Personalvermittlern ab sofort einzustellen ... Bis auf Weiteres sind alle externen Schulungen zu stornieren ... ALLE internen Reisen, die keinen Kundenbesuch zum Anlass haben, dürfen nicht mehr stattfinden."

In diesem Duktus geht es weiter in jener Brandpost mit der Überschrift: "Sofort gültige Kostensparmaßnahmen". Unterzeichnet war sie mit "Henning Léo" - Henning steht in diesem Fall für Henning Kagermann und Leó für Léo Apotheker, die Vorstandssprecher des Konzerns.

Zweite Klasse für den Vorstand

Verschickt wurde die Nachricht weltweit an die 51.400 Mitarbeiter des Softwarekonzerns. Über den Anlass des dramatischen Appells müssen die SAP-Beschäftigten nicht lange rätseln: "Was als Finanzkrise begann, hat sich in den letzten Wochen zu einer weltweiten Wirtschaftskrise ausgedehnt."

Erst am Montag hatte SAP überraschend mitgeteilt, dass die Geschäftszahlen für das dritte Quartal unter den Erwartungen geblieben seien, weil sich die Kunden insbesondere in den USA wegen der Finanzmarktkrise mit Aufträgen sehr zurückhielten. So erfuhren die Mitarbeiter am Mittwoch zunächst auf einer Betriebsversammlung und danach per E-Mail, welche Ad-hoc-Sparmaßnahmen der Vorstand "unternehmensweit ohne Ausnahme" verfügt hat.

So dürfen zum Beispiel für die noch zulässigen Dienstreisen zu Kunden nur noch Economy- oder 2. Bahnklasse gebucht werden - das gilt auch für Vorstände. Bereits gebuchte Reisen, die keinen Kundenbezug haben, müssen storniert werden, auch wenn Stornogebühren anfallen. Alle zehn SAP-Vorstände spendieren je zehn Urlaubstage, "um die Höhe der für Urlaubstage gebildeten Rückstellungen zu verringern."

Mitarbeiter, die ebenfalls Urlaubstage spenden möchten, könnten das in Absprache mit ihren Führungskräften tun, heißt es weiter. Außerdem will der Softwarekonzern auch die Beschäftigung von Managementberatern beenden und prüfen, ob sich an Drittanbieter ausgelagerte Entwicklungsaufgaben in das Jahr 2009 verschieben lassen.

Auch sind alle externen Schulungen zu stornieren und interne Meetings in SAP-Gebäuden abzuhalten. Nicht zuletzt sollen alle geplanten Investitionen in Hardware, Software, Betriebsanlagen und Firmenwagen kritisch geprüft werden: "Bestellen Sie in der Zwischenzeit kein weiteres Equipment." Schließlich wird der Konzern die gesamte Budgetplanung für 2009 bis auf Weiteres zurückstellen.

"Reine Vorsichtsmaßnahme"

Einer SAP-Sprecherin zufolge handele es sich um eine "reine Vorsichtsmaßnahme," da man ja nicht wisse, wie lange die Finanzkrise anhalten werde. SAP wolle nicht in eine Lage geraten, in der dann einschneidendere Maßnahmen erwogen werden müssten.

Der Appell des Vorstands an die Mitarbeiter sei zugegebenermaßen etwas "dringlich formuliert", aber damit wolle man keineswegs Krisenstimmung in der Belegschaft auslösen, sondern die Ernsthaftigkeit der Sparmaßnahmen betonen.

Eine konkrete Summe, die eingespart werden soll, stünde nicht zur Debatte. "Je mehr Geld eingespart wird, desto besser", hieß es. Der komplette Einstellungsstopp betreffe 1400 Stellen. Ursprünglich hatte SAP in diesem Jahr weltweit 3500 neue Jobs in Aussicht gestellt, von denen bisher 2100 geschaffen worden seien.

Dass die Stimmung der Softwareunternehmen und verwandter IT-Dienstleister im dritten Quartal in den Keller gerauscht ist, dokumentierte das Mannheimer Zentrum für Wirtschaftsforschung (ZEW) am vergangenen Dienstag. Der vom ZEW seit 2003 regelmäßig erhobene Stimmungsindikator rutschte mit 46,9 Punkten auf ein historisches Tief.

© SZ vom 10.10.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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