Siemens-Vorstand:Verjüngung

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Michael Sen, 48, studierte Betriebswirtschaft in Berlin und fing 1996 bei Siemens an. 2015 wechselte er in den Vorstand des Energiekonzerns Eon. Nun wird er zurück nach München zu Siemens gehen. (Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Siemens holt zwei neue Vorstände: Der eine ist ein alter Bekannter, der andere kommt vom US-Konzern Cisco. Beide sollen für einen Generationswechsel sorgen.

Von Caspar Busse, München

Das einzig Beständige ist der Wandel, diese Weisheit gilt auch für Siemens. An diesem Mittwoch haben der Vorstandsvorsitzende Joe Kaeser, 59, seit 2013 im Amt, und Aufsichtsratschef Gerhard Cromme, 73, einmal mehr den Vorstand durcheinander gewürfelt. Zwei neue Mitglieder wurden verpflichtet, und ein Teil der Zuständigkeiten neu verteilt. Damit soll ein Generationswechsel eingeleitet werden.

Anfang April des kommenden Jahres kommen Cedrik Neike, 43, und Michael Sen, 48, neu dazu. Beide waren schon mal in München tätigt - und haben zuletzt bei anderen Konzernen Karriere gemacht. Neike, der von 1997 bis 2001 mal bei Siemens war, arbeitet schon lange für den US-Netzwerksausrüster Cisco und betreut dort den Verkauf in Asien und Europa. Der Deutsch-Franzose hat in London und an der französischen Eliteuniversität Insead studiert. Er verfüge über "Digitalisierungskompetenz", so bezeichnet es Siemens.

Er ist für die Region Asien/Australien und für den Bereich Energienetze verantwortlich. Sen hat bereits vor seinem Betriebswirtschaftsstudium in Berlin bei Siemens eine Ausbildung zum Industriekaufmann absolviert. Von 1996 an machte er Karriere, erst in der Unternehmensplanung und im Bereich Finanzen. Danach war er im Geschäftsfeld Mobile Netzwerke tätig, der Bereich wurde in ein Gemeinschaftsunternehmen mit Nokia ausgegliedert und schließlich verkauft. Von 2008 bis 2015 arbeitet er bei Siemens als Finanzchef im Bereich Medizintechnik. Sen gilt als Vertrauter von Kaeser. Zwischenzeitlich wurde er als neuer Finanzvorstand gehandelt, als Kaeser zum Vorstandschef befördert wurde und die Position frei wurde. Doch er kam nicht zum Zuge. 2015 wechselte Sen, gebürtig aus Korschenbroich am Niederrhein, nach Düsseldorf - als Finanzvorstand zum Energiekonzern Eon. Dort organisierte er die Aufspaltung des Konzerns. Uniper ging erfolgreich an die Börse.

Nun kehrt Sen zurück nach München und ist im Vorstand vor allem für die Medizintechnik-Sparte zuständig. Diese bereitet derzeit ebenfalls den Börsengang vor. Ob Siemens weiter die Mehrheit an dem Bereich halten wird, ließ Kaeser zuletzt offen. Der margenstarke Bereich von Siemens gilt jedenfalls als möglicher Kandidat für den Dax, der Börsenwert könnte nach Schätzungen bei bis zu 30 Milliarden Euro liegen. Kaeser brachte zuletzt das Modell Fresenius ins Spiel. Der Gesundheitskonzern und seine weitgehend unabhängige Schwester FMC sind beide im Dax notiert.

Roland Busch, 52, wird im Vorstand künftig den wichtigen Bereich Technologie betreuen und zum sogenannten Chief Technology Officer ernannt. Damit ist er auch verantwortlich für die Start-up-Holding Next 47, auf die Siemens so große Hoffnungen setzt. Hier sollen bis zu einer Milliarde Euro in junge Firmen investiert werden. Er behält die Zuständigkeit für die Verkehrstechnik. Siegfried Russwurm, 53, dagegen wird Ende März 2017 aus dem Vorstand ausscheiden. Es soll Unstimmigkeiten gegeben haben.

Siemens-Vorständin Lisa Davies, 53, wird künftig nicht nur für Energie zuständig sein, sondern auch für das amerikanische Geschäft, die USA sind der größte Einzelmarkt für Siemens. Der bisherige US-Chef Eric Spiegel, 59, scheidet aus. Der künftige amerikanische Präsident Donald Trump hatte sich zuletzt im Zusammenhang mit Windkrafträdern kritisch über Siemens geäußert, viel Arbeit also für die gebürtige Amerikanerin Davis. Finanzchef Ralf Thomas, 55, ist nun auch für Akquisitionen zuständig. Janina Kugel (Personal), 46, und Klaus Helmrich (Industrie), 58, behalten ihre Bereiche.

Möglicherweise ist unter ihnen bereits der Nachfolger von Kaeser. Sein aktueller Vertrag läuft noch bis 2018. Zuletzt hieß es zwar, eine Verlängerung sei "sehr wahrscheinlich", doch auf längere Sicht muss er einen Nachfolger aufbauen. Als Kandidaten gelten nun Roland Busch, der die Zugsparte erfolgreich saniert hat und nun seinen Einfluss ausbauen kann. Chancen werden aber auch Michael Sen eingeräumt. Sollte unter seiner Regie das Milliardenprojekt des Medizintechnik-Börsengangs gelingen, stiege seine Reputation weiter.

© SZ vom 01.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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