Siemens vor Gericht:Fanal für die Wirtschaft

Eigentlich geht es im Siemens-Prozess um den früheren Direktor Reinhard Siekaczek. Doch längst ist daraus ein Verfahren geworden, bei dem ganz Siemens am Pranger steht.

Klaus Ott

Im ersten Prozess in der Schmiergeldaffäre bei Siemens sitzt, streng juristisch betrachtet, weder der frühere Vorstand auf der Anklagebank, noch wird über das Unternehmen als solches gerichtet.

Es geht um die Schuld des Angeklagten, des früheren Direktors Reinhard Siekaczek, der schwarze Kassen gebildet und verwaltet hat. Mit den über Scheinrechnungen und fingierte Verträge abgezweigten Mitteln wurden Regierungen und Geschäftspartner in aller Welt bestochen, um lukrative Aufträge zu erhalten.

Unternehmenskultur angeprangert

Doch aus dem Siekaczek- ist längst ein Siemens-Verfahren geworden. Mit deutlichen Worten prangert die Staatsanwaltschaft das Ex-Management und die frühere Unternehmenskultur an. Es habe schon lange Schmiergeldsysteme gegeben, der alte Vorstand habe nichts dagegen unternommen, und mit den vielen Millionen Mark und Euro seien letztlich auch korrupte Regime gestützt worden, die nicht vor Mord und Totschlag zurückschreckten. Demokratie und Menschenrechte würden so unterlaufen.

Das Siemens-Verfahren wird zum Fanal für die Wirtschaft, nicht nur in Deutschland. Schmiergeldzahlungen bei internationalen Geschäften sind keine Kavaliersdelikte mehr, Recht und Gesetz wird immer öfter Geltung verschafft.

Die OECD, ein Zusammenschluss von 30 Industrienationen, bekommt durch das Vorgehen im Fall Siemens Aufwind bei ihrem Kampf gegen die weltweite Korruption. Dass der erste Angeklagte nicht ins Gefängnis soll, mutet verwunderlich an, passt aber ins Bild. Er hat ausgepackt und die Aufklärung möglich gemacht; das wird belohnt. Auch das ist ein Signal. Wer schweigt, muss dagegen mit harten Strafen rechnen. Das könnte auch Ex-Vorstände treffen.

© SZ vom 25.07.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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