Siemens-Affäre:IG Metall stellt Strafantrag

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Die Hinweise auf AUB-Sponsoring durch Siemens mehren sich. Der frühere Betriebsratschef Schelsky soll von Siemens Beraterhonorare in zweistelliger Millionenhöhe erhalten haben.

Markus Balser, Sibylle Haas und Uwe Ritzer

In der Affäre um Millionenzahlungen an den früheren Chef der Arbeitnehmerorganisation AUB muss sich Siemens auf eine erste Strafanzeige gefasst machen. "Wir werden Strafantrag nach Paragraf 119 des Betriebsverfassungsgesetzes stellen", sagte IG-Metall-Chef Jürgen Peters der Süddeutschen Zeitung.

Am Montag werde der Vorstand der IG Metall in seiner Sitzung die Strafanzeige beschließen, sagte er. Das Betriebsverfassungsgesetz stellt die Begünstigung von Betriebsräten und Eingriffe in Betriebsratswahlen unter Freiheits- und Geldstrafe.

Unterdessen mehren sich die Anzeichen dafür, dass die Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger (AUB) über ihren in Untersuchungshaft sitzenden Bundesvorsitzenden Wilhelm Schelsky von Siemens gezielte Zuwendungen für ihre Verbands- und Betriebsratsarbeit erhielt.

Nach Informationen der SZ aus Kreisen, die mit dem Fall befasst sind, hat Schelsky unter ausdrücklichem Hinweis auf bevorstehende Betriebsratswahlen und den damit verbundenen höheren Kostenaufwand bei der AUB bei Siemens um einen finanziellen Nachschlag zu seinem üblichen Honorar gebeten. Bislang bestreiten Siemens und Schelsky jedwedes verstecktes AUB-Sponsoring.

Der frühere Betriebsratschef Schelsky hat von Siemens Beraterhonorare in zweistelliger Millionenhöhe erhalten und damit nach bisherigen Erkenntnissen der Ermittler die AUB teilweise finanziert. "Wir halten das für einen Straftatbestand, den wir nicht hinnehmen wollen. Wir wollen auch nicht den Eindruck aufkommen lassen, dass wir so etwas dulden", sagte IG-Metall-Chef Peters.

"System einer Anti-Gewerkschaft"

Die Gewerkschaft wolle auf dem rechtlichen Weg Druck machen, damit die Angelegenheit aufgeklärt wird. "Wenn sich ein Unternehmen eine Arbeitnehmer-Organisation aufbaut, die sich gegen die IG Metall formiert, kann doch keiner erwarten, dass wir zuschauen", sagte Peters. Die AUB habe die gewerkschaftliche Arbeit bei Siemens behindert und an einigen Standorten Entscheidungen der IG Metall blockiert.

"Da wurde ein System einer Anti-Gewerkschaft aufgebaut", sagte Peters. Daher sei dieser Fall auch mit der VW-Affäre nicht vergleichbar. "Dort ist ein Betriebsrat in nicht akzeptabler Weise wie ein Manager behandelt worden und hat mit diesem Status Missbrauch getrieben", sagte Peters.

Der IG-Metall-Chef wollte nicht mutmaßen, ob der frühere Siemens-Vorstands- und nunmehrige Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer von den mutmaßlichen Zahlungen an die AUB Kenntnis hatte. "Ich kann das derzeit nicht bewerten. Ich kann nicht sagen, ob ihm das entgangen ist, und ich habe keine Beweise, dass er davon gewusst hat", sagte Peters.

Nach Angaben aus Konzernkreisen hatte die Arbeitnehmerseite Siemens gebeten, sich an der Strafanzeige zu beteiligen. Der Konzern werde voraussichtlich keine Klage in der AUB-Affäre erheben, hieß es aus Unternehmenskreisen. Bei der Aufklärung der Affäre um Lustreisen bei Volkswagen hatte der VW-Konzern selbst im Juli 2005 die Initiative ergriffen und Strafanzeige gegen einen ehemaligen Personalmanager gestellt.

© SZ vom 30. März 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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