Siemens-Affäre:Aufsichtsratschef von Pierer tritt zurück

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Siemens-Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer räumt seinen Posten. Der Konzern bestätigte am Donnerstagabend entsprechende Informationen der Süddeutschen Zeitung. Pierer werde sein Amt am 25. April zur Verfügung stellen. Nachfolger soll zunächst der frühere Thyssen-Krupp-Chef Gerhard Cromme werden.

Markus Balser und Ulrich Schäfer

Siemens-Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer tritt zurück. Der Konzern bestätigte am Donnerstagabend entsprechende Informationen der Süddeutschen Zeitung. Pierer werde seinen Posten am 25. April zur Verfügung stellen. Nachfolger soll zunächst der frühere Thyssen-Krupp-Chef Gerhard Cromme werden.

Gab dem Druck nach: Siemens-Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer. (Foto: Foto: dpa)

Mit dem Rücktritt zieht der langjährige Siemens-Vorstandsvorsitzende die Konsequenzen aus der Korruptionsaffäre bei dem Konzern. Siemens sei wegen "teilweise offensichtlichen, teilweise behaupteten Verfehlungen einer Reihe von Führungskräften und Mitarbeitern in eine prekäre Situation geraten", erklärte Pierer.

Er betonte allerdings: "Eine persönliche Verantwortlichkeit mit Blick auf die laufenden Ermittlungen war nicht Grundlage meiner Entscheidung." Die Pflicht gegenüber dem Unternehmen müsse aber Vorrang vor eigenen Interessen haben.

Wegen des Schmiergeldskandals war der 66-Jährige zuletzt heftig attackiert worden. Nach Angaben aus Unternehmenskreisen war der Machtkampf um die Spitze des Aufsichtsrates in den vergangenen Tagen eskaliert. Noch am Donnerstag fanden den Informationen zufolge Krisengespräche zwischen dem Siemens-Vorstand und einflussreichen Vertretern des Aufsichtsrates statt, unter ihnen ranghohe Gewerkschaftsvertreter.

Nicht der richtige Mann zur Aufklärung der Affäre

Dem Gremium gehören unter anderen Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, der stellvertretende IG-Metall-Vorsitzende Berthold Huber und der ehemalige Chef der HypoVereinsbank, Albrecht Schmidt, an. Pierer lasse sich an der Spitze des Kontrollgremiums nicht mehr halten, hieß es schließlich am Abend.

Bisher hatte Pierer einen Rücktritt stets abgelehnt und betont, vom System schwarzer Kassen und Millionenzahlungen an die Arbeitnehmerorganisation AUB nichts gewusst zu haben. Noch vor wenigen Tagen war aus seinem Umfeld verlautet, er wolle bis zur Neuwahl im Januar an der Spitze des Aufsichtsrates bleiben.

Einige Mitglieder des Kontrollgremiums hatten jedoch zuletzt in vertraulichen Gesprächen einen personellen Neuanfang bei Siemens gefordert. Sie bezweifelten, dass Pierer der richtige Mann zur Aufklärung der Affäre sei. Die Korruptionsermittlungen verschiedener Staatsanwaltschaften in München, Nürnberg und Darmstadt betreffen zum Großteil Vorgänge aus dessen Amtszeit.

Cromme solle auf der nächsten Sitzung des Aufsichtsrates am 25. April gewählt werden und das Gremium zunächst für den Rest der laufenden Amtsperiode bis Ende Januar 2008 führen. Dann wird das gesamte Gremium neu gewählt.

Noch in der vergangenen Woche hatte Cromme betont, er stehe für die Pierer-Nachfolge nicht zur Verfügung. Mit seiner Erklärung habe Pierer deutlich gemacht, dass er die Interessen des Unternehmens, seiner Aktionäre, Kunden und Mitarbeiter über seine persönlichen stelle, sagte Cromme.

Er gehört seit 2003 dem Siemens-Aufsichtsrat an und leitete den einflussreichen Prüfungsausschuss, der die Aufklärung der Affäre steuert. Er ist zudem Vorsitzender der Regierungskommission für gute Unternehmensführung. Für Pierer rückt der als Ersatzmitglied gewählte Berliner Universitätsprofessor Michael Mirow nach.

Pierer war lange Zeit einer der angesehensten und einflussreichsten Manager in Deutschland. Mehr als zwölf Jahre war er Vorstandschef der Siemens AG, Deutschlands größtem Technologiekonzern mit heute mehr als 80 Milliarden Euro Umsatz und 475.000 Beschäftigten.

Im Januar 2005 übergab er den Führungsposten an den knapp 20 Jahre jüngeren Vorstandskollegen Klaus Kleinfeld und wechselte an die Spitze des Aufsichtsrates. Um Interessenskollisionen bei der Aufklärung der Affäre zu vermeiden, hatte Siemens externe Prüfer beauftragt, die Schmiergeldvorwürfe zu prüfen. Die Hoheit über die Unternehmenskontrolle hat weiter der Aufsichtsrat.

© SZ vom 20.04.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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