Shahid Buttar:"Es fehlt an Aufsicht"

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Der Bürgerrechtler kritisiert das verlinkte New York. Er bemängelt den laschen Umgang mit Daten und fordert Transparenz.

Interview von Kathrin Werner

SZ: Herr Buttar, es ist doch eine gute Idee für eine Smart City, kostenloses Internet anzubieten. Wieso sind Sie dagegen?

Shahid Buttar: Menschen Zugang zum Internet zu geben, ist natürlich gut und wichtig. Die Frage ist nur, ob das wirklich das Ziel des Projekts war. Vorangetrieben hat das Projekt ein Unternehmen, und das hat schon von Anfang an in der Bewerbung klar gemacht, dass es darum geht, Nutzerdaten zu sammeln und damit Geld zu verdienen. Es ist eine Überwachungsmaschine mit Gewinnerzielungsabsicht. Der Stadt haben sie als Köder die kostenlosen Internetzugänge und eine Beteiligung an den Umsätzen versprochen. Da konnten die Politiker nicht nein sagen.

Datensammeln gehört zum Geschäftsmodell von ganz vielen Internetkonzernen, darunter Google. Unsere Informationen werden doch überall zu Geld gemacht. Was ist hier anders?

Das Problem ist, dass wir diese Frage nicht genau beantworten können. Wir wissen nicht genau, was mit den Daten passiert und wer daran verdient. Daten sind unglaublich viel wert, zum Beispiel können Suchanfragen helfen, Werbung besser auf die Zielgruppe auszurichten. Dem Projekt fehlt es vor allem an Transparenz. Und es ist ja nicht nur ein privates Projekt, auch die Stadt ist daran beteiligt, also ein öffentlicher Träger. Deshalb müssen die Bürger Mitspracherechte haben. Man muss sich klar machen, dass LinkNYC für manche Teile der Bevölkerung, zum Beispiel für Obdachlose, der wichtigste oder sogar einzige Zugang zum Internet ist. Sie müssen besser vor Überwachung geschützt werden. Fairerweise muss man sagen, dass die Nutzungsbedingungen vor ein paar Monaten verbessert wurden. Jetzt können Daten zum Beispiel nicht mehr bis in alle Ewigkeit gespeichert werden.

Sind Sie jetzt zufrieden?

Auf keinen Fall. Allein schon die Tatsache, dass die Bedingungen über Nacht geändert wurden völlig ohne öffentliche Diskussion zeigt doch, dass das Projekt geheimniskrämerisch ist. Es fehlt an geregelten, demokratischen Prozessen. Und vor allem fehlt es an Aufsicht. Wie kann ich mich darauf verlassen, dass sich das Unternehmen wirklich an die Vorgaben in den Nutzungsbedingungen hält und zum Beispiel nicht einfach im Geheimen anfängt, die Kameras zur Gesichter-Erkennung zu nutzen und so Bewegungsprofile von Menschen zu erstellen? Welche Daten werden wie oft an Ermittlungsbehörden wie die New Yorker Polizei herausgegeben? Wer schreitet ein, wenn ein einzelner Mitarbeiter die Regeln bricht und zum Beispiel die Mailadressen der Nutzer weiterverkauft? Und welche Sicherheitsvorkehrungen gibt es, um Hacker abzuwehren? Wir wissen einfach viel zu wenig.

Also raten Sie davon ab, sich in das Wlan einzuwählen?

Es hängt davon ab, was man machen will. Wer als Tourist nach New York kommt und sonst kein Internet auf dem Smartphone hat, kann schon LinkNYC nutzen, um die Straßenkarte anzugucken. Sensiblere Dinge, etwa Bankgeschäfte, würde ich eher nicht machen. New Yorkern, die keinen eigenen Zugang zum Internet haben, würde ich raten, nach Alternativen zu suchen und etwa in die Bibliothek zu gehen. Jedenfalls ist es wichtig, dass den Menschen bewusst ist, was sie tun und worauf sie sich einlassen. Und natürlich sollten die Bürger sich wehren. Für den demokratischen Prozess ist es wichtig, dass wir uns einmischen und Informationen fordern, wenn Dinge so intransparent ablaufen wie hier.

© SZ vom 29.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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