Schuldenstaaten:Hoffen auf Milde

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Spanien und Portugal haben die Defizitregeln verletzt. Eigentlich sind für einen solchen Fall in der EU drastische Strafen vorgesehen. Sie dürften aber nur symbolisch ausfallen - zum Ärger des deutschen Finanzministers Schäuble.

Von Daniel Brössler, Brüssel

Spanien und Portugal müssen mit Konsequenzen wegen ihrer Verstöße gegen EU-Defizitregeln rechnen. "Ich glaube, wir sind uns hier alle einig, dass wir die Regeln, die wir uns gegeben haben, die ja genügend Flexibilität beinhalten, anwenden müssen", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble am Montag vor Beginn eines Treffens der Euro-Finanzminister in Brüssel. Die Finanzminister sind am Zug, nachdem die EU-Kommission am Donnerstag festgestellt hatte, dass beide Staaten die gesetzten Fristen für den Defizitabbau nicht einhalten.

Widersprechen die Finanzminister dieser Einschätzung nicht, muss die EU-Kommission innerhalb von 20 Tagen Sanktionen vorschlagen. Diese können bis zu 0,2 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) betragen. Auch eine Streichung von EU-Fördermitteln ist möglich. Der Kommission stünde es allerdings auch frei, sich mit eher symbolischen Strafen zu begnügen.

Beraten wollen die EU-Finanzminister über das Thema an diesem Dienstag. Das Vorgehen der Kommission könnte nur durch eine qualifizierte Mehrheit gestoppt werden, wobei nur die Euro-Staaten stimmberechtigt sind. "Ich erwarte kein Abstimmungsdrama", sagte ein hochrangiger EU-Diplomat. Auch Schäuble stellte klar, dass er nicht mit einem Veto der Finanzminister rechnet. "Nach dem Fiskalvertrag haben wir uns in der Eurogruppe verpflichtet, den Empfehlungen der Kommission zuzustimmen", sagte er.

Finanzminister Schäuble sorgt mit einer Äußerung in Lissabon für Ärger

In der EU dürfen die Mitgliedsstaaten beim Haushaltsdefizit gemessen an der Wirtschaftsleistung die Grenze von drei Prozent nicht überschreiten und müssen die gesamte Verschuldung unter 60 Prozent halten. Spanien sollte im vergangenen Jahr das Defizit auf 4,2 Prozent reduzieren, schaffte aber nur 5,1 Prozent. Portugal wiederum lag bei einem Defizit von 4,4 Prozent, hatte aber eigentlich eine Senkung auf unter drei Prozent zugesagt. Dennoch sprach sich der französische Finanzminister Michel Sapin für Milde aus. "Man kann nicht sagen, dass Portugal nicht alle angemessenen Schritte unternommen hätte", sagte er.

EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici deutete an, welche Richtung Brüssel offenbar einschlagen will. "Wir müssen die Glaubwürdigkeit unserer Regeln sicherstellen. Das ist absolut notwendig. Wir können nicht auf ewig mit der Last hoher öffentlicher Verschuldung und eines hohen Defizits leben", sagte er. "Gleichzeitig können wir zeigen, dass diese Regeln intelligent sind und dass sie keine Strafe darstellen", erklärte er. Die Äußerungen lassen vermuten, dass sich die EU-Kommission mit eher symbolischen Strafen begnügen will. "Es gibt Möglichkeiten, Glaubwürdigkeit und Intelligenz zu verbinden", sagte Moscovici. Die EU-Kommission sei immer darum bemüht, wirtschaftliche Erholung zu unterstützen.

Für Ärger in Portugal hatten Äußerungen von Finanzminister Schäuble darüber gesorgt, dass das Land ein neues Hilfsprogramm benötigen werde, wenn es sich nicht an Vorgaben und Vereinbarungen halte. Ein neues Hilfsprogramm werde "nicht in Betracht gezogen", teilte das Finanzministerium in Lissabon mit. Die Regierung protestierte deswegen nach Medienberichten auch beim deutschen Botschafter in Lissabon.

© SZ vom 12.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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