Schuhhandel:Dritter Versuch

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Zweimal wollte Reno Konkurrenten übernehmen. Nun bekommt Deutschlands zweitgrößter Schuhhändler selbst neue Eigentümer.

Von Angelika Slavik, Hamburg

Es war dann doch eine langwierige Sache, dieses Tauziehen um die Zukunft von Deutschlands zweitgrößter Schuhhandelskette Reno. Im vergangenen Herbst hatten die bisherigen Eigentümer der Reno-Muttergesellschaft HR Group angekündigt, das Unternehmen verkaufen zu wollen - eigentlich schon bis zum Ende des vergangenen Jahres. Aber erst viele Wochen später ist nun klar, wer die Geschicke von Reno künftig bestimmen wird: Es sind der Berliner Finanzinvestor Capiton und die türkische Schuhhandelskette Ziyan. Sie übernehmen die Anteile des ehemaligen Metro-Managers Siegfried Kaske, bislang mit 50 Prozent an der HR Group beteiligt, und der Unternehmerfamilie Hamm, die bisher 45 Prozent der Firma kontrolliert hat.

Die restlichen fünf Prozent an der HR Group gehörten bislang dem amtierenden Vorstandschef des Unternehmens, Matthias Händle. Er bleibt auch in der neuen Konstellation Gesellschafter, die Höhe seiner Beteiligung ist allerdings nicht bekannt - denn bis zum endgültigen Abschluss des Eigentümerwechsels in etwa einem Monat hat sich die HR Group Stillschweigen auferlegt. Wie genau die Konsequenzen für die 4500 Mitarbeiter der Gruppe aussehen werden? Unklar. Welche Bedeutung der Zusammenschluss für die Expansionspläne der Kette hat? Kein Kommentar.

Ein radikaler Strategieschwenk bei der Schuhhandelskette, hinter Deichmann die Nummer zwei auf dem deutschen Markt, ist allerdings wohl nicht geplant - denn der bisherige Vorstandschef Händle wird auch unter den neuen Eigentümern das operative Geschäft prägen: Er soll künftig als Sprecher der Geschäftsleitung auftreten, hört man aus dem Umfeld der Firma.

In den vergangenen Jahren hatte die HR Group mehrere Anläufe unternommen, sich für den immer härteren Wettbewerb im Schuhhandel zu rüsten. 2010 zum Beispiel bemühte sich das Unternehmen um den in Schieflage geratenen Konkurrenten Leiser - vergeblich. Vier Jahre später interessierte sich Reno für einen Einstieg bei der Hamburger Görtz-Gruppe. Doch auch dieser Versuch schlug fehl: Stattdessen kaufte sich der Finanzinvestor Afinum bei Görtz ein und verhalf somit einem Konkurrenten zu neuer Schlagkraft. Im vergangenen September schließlich beauftragten die Reno-Eigentümer Kaske und Hamm dann die Investmentbank Rothschild mit der Suche nach einem Käufer für das Unternehmen.

Der Druck in der Branche hat vor allem durch starke Online-Anbieter wie Zalando oder Amazon in den vergangenen Jahren enorm zugenommen. Bei der HR Group wollte man den Verkauf dennoch nicht als Zeichen einer wirtschaftlichen Notlage verstanden wissen. Genaue Geschäftszahlen gibt das Unternehmen nicht bekannt, bezifferte seinen Jahresumsatz in der jüngsten Pressemitteilung allerdings mit rund 550 Millionen Euro. Ein Jahr zuvor war ähnlich vage noch von 650 Millionen Euro die Rede gewesen.

Die HR Group bezieht ihren Umsatz aus drei verschiedenen Feldern: Am prominentesten ist das Filialgeschäft mit der Marke Reno. Dazu kommt der Online-Handel. Zudem stattet die HR Group größere Märkte - etwa Läden von Real oder Metro Cash & Carry - mit ganzen Schuhabteilungen aus, manchmal sogar mit dem dazugehörigen Personal. Der neue strategische Partner Ziyan hat seinen Unternehmenssitz in Istanbul. Die Firma hat ihre Wurzeln eigentlich in der Produktion von günstigen Schuhen, etablierte sich in den vergangenen Jahren aber vor allem als Handelsunternehmen. Durch den Zusammenschluss erhoffen sich Ziyan und die HR Group offenbar vor allem Vorteile beim Einkauf und verringerte Logistikkosten. Unklar bleibt die künftige Ausrichtung auf den ausländischen Märkten. In einer offiziellen Mitteilung ist von "Wachstum und Konsolidierung" als Ziel die Rede.

Bislang ist das Unternehmen in 20 Ländern aktiv und betreibt 500 Reno-Filialen. Branchenbeobachter bewerten die Qualität der Standorte als unterschiedlich, offenbar gehören zum Reno-Portfolio auch einige Filialen in wenig frequentierten Gegenden, für die zudem zu hohe Mieten bezahlt werden.

© SZ vom 08.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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