Schrott-Beton:Besondere Mischung

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Ein ehemaliger Angestellter des Stuttgarter Betonherstellers Godel soll bei der Staatsanwaltschaft ausgepackt haben: Die Firma soll große Mengen an Schrott-Beton hergestellt haben - und der wurde offenbar in vielen Großprojekten verbaut.

Uwe Ritzer

Die Vernehmung zog sich über mehrere Stunden hin. Schließlich war das, was der Zeuge vor einigen Tagen Staatsanwalt und Kriminalbeamten erzählen wollte, brisant. Detailliert hat ein ehemaliger leitender Angestellter des Stuttgarter Betonherstellers Godel dem Vernehmen nach vor den Ermittlern ausgepackt und seinen Ex-Arbeitgeber schwer belastet.

Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart: In vielen Großprojekten wurde angeblich Schrott-Beton verbaut. (Foto: Foto: dpa)

Wie die Süddeutsche Zeitung (SZ) aus mit dem Fall befassten Kreisen erfuhr, soll der Mann Angaben früherer Kollegen bestätigt haben. Demnach sollen bei Godel jahrelang neben regulärem Beton auch große Mengen von nicht den Normen entsprechendem Beton hergestellt worden sein. Damit erhalten die Schrottbeton-Vorwürfe gegen die Firma neue Nahrung. Godel war an vielen Großbauten in Baden-Württemberg beteiligt.

Betonrezepturen verändert

Die Ermittler sollen zudem im Besitz umfangreicher Chargenprotokolle aus der Godel-Produktion sein, welche die Manipulationen angeblich belegen. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft wollte dies und die Aussage weder bestätigen noch dementieren. Zu Ermittlungsdetails gebe man keine Auskunft, sagte eine Sprecherin.

Seit Spätsommer 2007 ermittelt die Anklagebehörde gegen Firmeninhaber Stephan Godel, 40. Er steht unter Betrugsverdacht. Die Staatsanwaltschaft prüft in diesem Zusammenhang auch, ob die Firma Kunden Beton in Rechnung gestellt hat, der tatsächlich nicht ausgeliefert wurde.

Das Familienunternehmen beschäftigt 80 Mitarbeiter. Es ist in den vergangenen Jahren zur Nummer eins auf dem hart umkämpften Stuttgarter Betonmarkt aufgestiegen, mit einem Marktanteil von etwa 50 Prozent. Godel-Beton steckt unter anderem im neuen Stuttgarter Messegelände, den Museen der Automobilhersteller Daimler und Porsche, oder in Neubauten von EnBW, Deutscher Bank und Landesbank. Auch für ein atomares Zwischenlager im Kernkraftwerk Neckarwestheim lieferte die Firma Beton. In eidesstattlichen Versicherungen, die der SZ vorliegen, behaupten frühere Godel-Mischmeister, dass auch für diese Großbauten teilweise qualitativ minderwertiger Beton geliefert worden sei.

Die Bauherren dementierten dies zwar umgehend, doch gewinnen die Anschuldigungen durch die Aussage des ehemaligen leitenden Godel-Mitarbeiters an Brisanz. Er habe die Angaben der Mischmeister größtenteils bestätigt, heißt es. Demnach sollen Betonrezepturen verändert worden sein mit dem Ziel, die Herstellungskosten zu senken und so wettbewerbsfähiger zu sein. Anstelle von hochwertigem Zement sei billiges Kalksteinmehl beigemengt worden. Kunden habe Godel im Glauben gelassen, es handele sich um normgerechten Beton. Auf Nachfrage habe man ihnen, so der ehemalige Mitarbeiter, Rezepturen ausgehändigt, die nicht die tatsächliche Zusammensetzung beschrieben.

Firma bestreitet die Vorwürfe

Der frühere leitende Angestellte soll auch bestätigt haben, dass die Manipulationen mit einer doppelten Buchführung kaschiert worden seien. Demnach sei jeder Mischvorgang zweimal protokolliert worden. Als Grundlage für spätere Rechnungen sei eine angeblich normgerechte Betonzusammensetzung ausgewiesen worden. Ein zweites, internes Protokoll habe die tatsächliche Rezeptur registriert.

Dem Vernehmen nach besitzt die Staatsanwaltschaft solche Chargenprotokolle. Aus ihnen könne man ablesen, dass der von der Norm geforderte Mindestzementgehalt in einigen Fällen deutlich unterschritten worden sei, sagen Insider. Aus einigen der Papiere geht angeblich hervor, dass Stephan Godel selbst Rezepturen abgeändert habe.

Die Firma wollte dazu mit Hinweis auf die laufenden Ermittlungen keine Stellungnahme abgeben. Sie bestreitet die Manipulationsvorwürfe entschieden. "Godel hat zu keinem Zeitpunkt minderwertigen Beton hergestellt, geliefert oder verkauft", sagte ein Sprecher. Man habe "keine Manipulation in der Zusammensetzung oder Mischung vorgenommen, die zu einem minderwertigen Beton geführt hat." Die Vorwürfe seien haltlos. Godel vermutet dahinter eine gezielte Verleumdungskampagne von Konkurrenten.

© SZ vom 04.06.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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