Schmiergeldermittlungen:Eisernes Schweigen

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Eine Panzerhaubitze 2000 bei einem Einsatz in der Nähe von Kundus, Afghanistan. (Foto: dpa)

Bei Skandalen in der Rüstungsbranche tun sich Staatsanwälte besonders schwer. Denn viele Verdächtigte wissen viel, sagen aber wenig, wie der Fall Krauss-Maffei Wegmann zeigt.

Von Klaus Ott, München

Es ist lange her, dass ein deutscher Rüstungsmanager wegen internationaler Waffendeals im Gefängnis saß, bei denen die Justiz wegen Korruption ermittelte. Zuletzt war das vor über zehn Jahren bei einem früheren Thyssen-Manager der Fall gewesen. Er hatte sich beim Verkauf von Spürpanzern des Typs Fuchs nach Saudi-Arabien bereichert und kam wiederholt in Untersuchungshaft. Das Panzergeschäft war mit hohen Schmiergeldzahlungen angeschoben worden. Der Thyssen-Mann wurde später wegen Steuerhinterziehung und Untreue verurteilt und erhielt am Ende eine Bewährungsstrafe.

Jetzt ist es wieder so weit: Seit Januar sitzt, wie erst dieser Tage bekannt wurde, ein früherer Manager des Rüstungskonzerns Krauss-Maffei Wegmann (KMW) in der Münchner Justizvollzugsanstalt Stadelheim ein. Offenbar wegen Fluchtgefahr. Auch er soll sich persönlich bereichert haben, auch bei ihm geht es um einen Millionenbetrag, auch er ist in Untersuchungshaft. KMW hatte im vergangenen Jahrzehnt Panzerhaubitzen des Typs PzH 2000 für fast 200 Millionen Euro nach Griechenland verkauft, mutmaßlich mit Hilfe von Schmiergeld. Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt schon seit Anfang 2014 wegen Steuerhinterziehung (Korruption wäre in Deutschland verjährt, anders als in Griechenland). Dass die Justiz inzwischen durchgreift und den ehemaligen KMW-Mann ins Gefängnis steckt, ist nicht weiter verwunderlich. Dieser Fall weist einfach zu viele Ungereimtheiten auf. Und er ist offenbar typisch für das Waffengewerbe.

Deutsche Staatsanwälte haben in den vergangenen Jahren in zahlreichen Korruptionsverfahren ermittelt, in den verschiedensten Unternehmen und Wirtschaftszweigen, von der Bankenbrache über die Formel 1 bis hin zu Siemens. Doch nirgendwo kommen die Strafverfolger so schwer voran wie im Rüstungssektor. Jene, die am meisten zur Aufklärung beitragen könnten, schweigen am hartnäckigsten. Oder versuchen sich auf besonders dreiste Art und Weise herauszureden. Das gilt für das Eurofighter-Geschäft von Airbus (vormals EADS) mit Österreich genauso wie für Verkäufe von U-Booten, Panzern und Raketen nach Griechenland.

Auch der frühere KMW-Manager redet nicht, obwohl sich in den Justizakten Hinweise finden, dass er besonders viel zu sagen hätte. Beispielsweise darüber, wer bei Krauss-Maffei Wegmann wann was über merkwürdige Vorgänge bei dem Panzergeschäft mit Hellas gewusst haben soll. Nicht einmal die Untersuchungshaft bringt den Rentner dazu, den Mund aufzumachen. Als ob es nicht schönere Orte gäbe, wo man den Lebensabend verbringen könnte.

Im Gefängnis landen könnten auch zwei frühere Führungskräfte von Rheinmetall, die nach Erkenntnissen von Athener und Bremer Staatsanwälten in üppige Schmiergeldzahlungen beim Verkauf des Luftabwehrraketensystems Asrad nach Griechenland verwickelt sein sollen. Rheinmetall hat Ministeriale und Militärs in Athen bestochen und dafür in Deutschland 37 Millionen Euro Geldbuße gezahlt; inklusive Abschöpfung illegal erzielter Gewinne. Die beiden Ex-Manager, denen Haftbefehle in Hellas drohen, haben sogenannte "Kick-Backs" bekommen. Von jenem Mittelsmann in Athen, dem Ex-Militär Panos Efstathiou, der dort im Auftrag der Deutschen seine Landsleute kräftig schmierte.

Als Rheinmetall die beiden zur Rede stellte, waren sie um Ausreden nicht verlegen. Der eine konnte sich angeblich erst an nichts erinnern. Als ihm dann gesagt wurde, Efstathiou sei bereit, seine Konten offenzulegen, fiel dem Rheinmetaller plötzlich ein, was geschehen sei. Seine drei Kinder hätten zum Abitur von Efstathiou Geld bekommen, auf ein Konto in der Schweiz.

Der andere Rheinmetaller erzählte, er habe wegen der Scheidung von seiner ersten Ehefrau von Efstathiou ein "privates zinsloses Darlehen" bekommen, ebenfalls auf ein Konto in der Schweiz. Dort habe er das Geld abgehoben und in bar nach Deutschland gebracht. Die Scheidung sei dann weniger teuer gewesen als befürchtet. Deshalb habe er Efstathiou das meiste Geld zurückgezahlt, bar in Griechenland. Unterlagen gebe es keine mehr. Rheinmetall hielt das für Ausflüchte und trennte sich von den beiden.

Auch die Staatsanwälte in Athen und Bremen, die in dieser Causa ermitteln, glauben offenbar nichts davon. Die beiden Ex-Rheinmetaller müssen mit Anklagen rechnen. Die Frage ist wohl nur noch, wo im Fall Asrad zuerst ein Prozess angesetzt wird, ob in Deutschland oder in Griechenland. Auch die Münchner Staatsanwaltschaft kann sich nicht vorstellen, dass der inhaftierte, frühere KMW-Manager so unwissend ist, wie er tut. Ihm soll angedeutet worden sein, wenn er auspacke, käme er glimpflich davon. Doch der Mann schweigt eisern, auch in Stadelheim. Auch er muss sich, ebenso wie die beiden Ex-Rheinmetaller, auf eine Anklage und einen Prozess gefasst machen.

Nach Erkenntnissen der Athener Staatsanwaltschaft sollen beim Verkauf der Panzerhaubitze PzH 2000 von KMW nach Griechenland 3,7 Millionen Euro Schmiergeld geflossen sein. Ein Athener Mittelsmann der deutschen Panzerschmiede und ein früherer Rüstungseinkäufer im griechischen Verteidigungsministerium haben längst gestanden. Und aus Bankunterlagen soll hervorgehen, dass der damalige, nunmehr eingesperrte KMW-Manager rund eine Million Euro von dem Mittelsmann in Athen zurück erhielt. Auf sein Privatkonto, nicht aufs Firmenkonto, und dies dem Fiskus verschwieg. Das wäre dann Steuerhinterziehung gewesen. Außerdem soll der KMW-Manager, was er bestreitet, von dem Mittelsmann sogar noch eine halbe Million Euro in bar bekommen haben.

In einem Prozess vor dem Münchner Landgericht gegen den Rüstungs-Rentner und Untersuchungshäftling käme aber alles zur Sprache, auch die mutmaßliche Korruption. Die Staatsanwaltschaft hofft offenkundig, auf diese Weise wertvolle Erkenntnisse für die Ermittlungen gegen die übrigen Beschuldigten zu gewinnen; unter ihnen KMW-Chef Frank Haun und Aufsichtsratschef Manfred Bode.

Die Panzerschmiede soll die Ausgaben, die für Schmiergeldzahlungen bei der PzH 2000 genutzt worden seien, zu Unrecht als Betriebsausgaben beim Fiskus angegeben haben. Verantwortliche von KMW und Geschäftspartner des Unternehmens hätten Steuerhinterziehung begangen beziehungsweise Beihilfe dazu geleistet, so lautet der Verdacht. Haun, Bode und Krauss-Maffei Wegmann weisen alle Vorwürfe zurück.

Im Umfeld von Beschuldigten ist die Rede davon, dass die Münchner Staatsanwaltschaft Beugehaft betreibe, um den früheren KMW-Mann zum Reden zu bringen. Die Justiz wiederum glaubt, allen Anlass zu haben, um in der Rüstungsbranche hart durchzugreifen. Vor mehr als zehn Jahren mit Haft bei Thyssen, jetzt bei KMW, und in Zukunft vielleicht auch noch in anderen Fällen. Und wenn das so weiter geht, nicht erst wieder in mehr als einem Jahrzehnt.

© SZ vom 04.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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