Schlechte Konjunkturdaten:Angst vor Rezession in Amerika

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Die Wirtschaftsaussichten in den USA verschlechtern sich: Die Demokraten wollen sofort nach der Wahl ein neues Konjunkturpaket über 300 Milliarden Dollar einbringen.

Nikolaus Piper

Die Wirtschaftsaussichten in den USA verschlechtern sich. Schwache Konjunkturdaten haben die Börsen am Mittwoch weltweit ins Minus gedrückt. Nach der Präsidentenwahl in drei Wochen wird sich Amerika vermutlich mit einem neuen Konjunkturprogramm gegen die Rezession stemmen.

Demokraten planen Milliardenpaket

Wie es in Medienberichten heißt, wollen die Demokraten ein Ausgabenpaket von 300 Milliarden Dollar einbringen. Nach den bisher unbestätigten Berichten will die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, Ende November eine Sitzung des alten Kongresses einberufen, um das Konjunkturpaket zu beschließen. Es soll Ausgaben für die Sanierung von Straßen und Brücken, Hilfen für Arbeitslose und Steuernachlässe enthalten. Erst im Juni hatte der Kongress ein Konjunkturprogramm über 168 Milliarden Dollar beschlossen.

Außerdem wollen die Demokraten die Regulierung der Finanzmärkte verschärfen. Der Vorsitzende des Bankenausschusses im Kongress, der Demokrat Barney Frank, sagte, die Entscheidung der Regierung George Bush, den Bankensektor teilzuverstaatlichen, habe die Verhältnisse in Washington dauerhaft verändert. "Vor zwei Jahren war die Mehrheitsmeinung, dass wir weiter deregulieren müssen. Jetzt geht es nur noch darum, welche neue Regulierung wir brauchen."

Dramatisches Defizit im Haushalt

Obwohl das Konjunkturpaket noch vom alten Kongress beschlossen werden soll, hängt dessen Zukunft entscheidend vom Ausgang der Wahl ab. Der republikanische Minderheitsführer im Repräsentantenhaus, John Boehner, lehnte die Pläne der Demokraten ab und bezeichnete sie als eine "riesige Zeitverschwendung". Auch ohne ein neues Konjunkturpaket wird das Defizit im amerikanischen Staatshaushalt dramatisch steigen. Bereits im Finanzjahr 2008, das am 30. September zu Ende gegangen ist, hat sich das Defizit von 161 auf 454 Milliarden Dollar fast verdreifacht. Die Summe entspricht 3,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Für das Finanzjahr 2009 schätzt das Finanzministerium das Defizit auf 481 Milliarden Dollar, Experten rechnen aber wegen des Rettungspaketes mit wesentlich höheren Zahlen.

Drei Wochen vor dem Wahltermin haben die beiden Präsidentschaftskandidaten ihre eigenen Pläne für den Umgang mit der Wirtschaftskrise vorgelegt. Der Republikaner John McCain schlug ein Paket von 52,9 Milliarden Dollar vor, das vor allem aus Steuersenkungen besteht. Auf einer Wahlveranstaltung in Pennsylvania sagte McCain: "Ich werde Jobs für Amerikaner in der effektivsten Weise schaffen, die einem Präsidenten möglich ist: Durch Steuersenkungen, die direkt auf Arbeitsplätze und auf den Schutz der Rücklagen fürs Alter ausgerichtet sind."

Zeichen für Rezession mehren sich

Zuvor schon hatte sich McCain dafür ausgesprochen, dass die Regierung bedrängten Hausbesitzern in großem Umfang ihre Hypotheken abkauft. Der Demokrat Barack Obama hatte am Montag ein Konjunkturpaket von 60 Milliarden Dollar vorgelegt, das vor allem Erleichterungen für Durchschnittsverdiener vorsieht. Es ist noch nicht klar, inwieweit dieses Programm mit den Plänen der Demokraten im Kongress abgestimmt ist.

Inzwischen mehren sich die Zeichen dafür, dass die Vereinigten Staaten bereits in eine Rezession gerutscht sind. Im September sanken die Umsätze im Einzelhandel um 1,2 Prozent, wesentlich stärker als ursprünglich erwartet. Damit haben die Geschäfte in drei Monaten hintereinander weniger verkauft, was es seit Beginn der Statistik im Jahr 1992 noch nie gegeben hat. Besonders stark waren die Einbrüche bei Autos.

Etwas entspannt hat sich die Lage auf den Kreditmärkten. Der Handel zwischen den Banken war in den vergangenen Wochen praktisch zusammengebrochen, weil kein Institut dem anderen traute. Das führte zu drastisch gestiegenen kurzfristigen Zinsen, die auch an den Rest der Wirtschaft weitergegeben wurden. Jetzt gingen diese Zinsen leicht zurück. In London sank der Zins für einen dreimonatigen Dollarkredit ("Libor") um 0,09 Prozentpunkte auf 4,55 Prozent.

© SZ vom 16.10.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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