Schadsoftware:Und im Hintergrund schürft einer

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Wer auf die falsche Website surft, wird zum Opfer: Unbekannte kapern Handys, um Krypto-Währungen zu erzeugen.

Von Marvin Strathmann

Das Programm raubt ihnen Strom und Rechenkraft: Mit Coinhive bestehlen momentan viele Seitenbetreiber und App-Entwickler die Nutzer. Es generiert heimlich die digitale Währung Monero für die Menschen hinter der Webseite oder der App. Dafür greift Coinhive im Hintergrund auf den PC oder das Smartphone des ahnungslosen Nutzers zu. Der Betroffene bleibt nur mit einem leeren Akku oder einem ausgelasteten Rechner zurück, während der digitale Kontostand von fremden Menschen steigt.

Ursprünglich wurde Coinhive für die Seite "Pr0gramm" entwickelt, auf der Nutzer Bilder und Videos teilen. Für die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien ist sie eine Gefahr für die Jugend, sie hat "Pr0gramm" indiziert. Um die Serverkosten zu bezahlen, kamen die Entwickler der Seite auf die Idee, dass die Nutzer eine digitale Währung generieren könnten. Die Entwickler haben bereits vor einigen Jahren mit Krypto-Minern experimentiert und sind dabei auf die digitale Währung Monero gestoßen. Der Vorteil: Normale Desktop-Computer oder Laptops können sie generieren. Wer etwa die deutlich populärere Währung Bitcoin erzeugen möchte, muss sehr viel Geld investieren und spezielle Rechner anschaffen, damit es sich lohnt. Im Gegensatz zu den Apps und Seiten, die Coinhive heimlich einsetzen, wird hier das Schürfen erklärt und es als freiwillige Option angeboten.

Monero setzt außerdem mehr auf die Privatsphäre als Bitcoin. Alle Transaktionen mit Bitcoin können öffentlich eingesehen werden. Bei Monero wird dagegen ein privater Schlüssel generiert, mit dem nur der Empfänger des Monero-Geldes die Transaktion nachvollziehen kann. So hat auch die Darknet-Plattform Alphabay seit Ende 2016 auf Monero gesetzt. Alphabay wurde im Juli von europäischen und US-Ermittlern geschlossen.

Geld war nicht der einzige Grund für den Krypto-Miner, denn akute Geldprobleme haben die Entwickler nicht. "Wir probieren trotzdem gerne Neues - auch weil wir Spaß am Programmieren haben und uns die Technologie interessiert", schreiben die Entwickler, die anonym bleiben wollen, per Mail.

Aus dem Experiment wurde im September die Webseite Coinhive.com. Dort kann jeder das Programm herunterladen und es für die eigene Webseite oder App verwenden. Das Programm landete auf der Webseite von Weltfußballer Christiano Ronaldo, es war in einer App integriert, mit der Katholiken den Rosenkranz beten konnten. Die Macher erhalten eine Provision: 30 Prozent der geschürften Moneros gehen auf ihr Konto, 70 Prozent gehen an die Betreiber der Webseiten und Apps. Sie profitieren also von jedem Mining, egal ob der Nutzer davon weiß oder nicht.

Für die Sicherheitsforscher vom israelischen Unternehmen Checkpoint gehört Coinhive daher in die derzeitige Top Ten der gefährlichsten Malware. Coinhive hat nach Angaben der Entwickler etwa 65 000 Nutzer, von denen etwa 8000 aktiv seien.

Viele IT-Sicherheitsfirmen haben darauf reagiert. Das Unternehmen Malwarebytes hat beispielsweise Webseiten gesperrt, die Coinhive eingesetzt haben. Im Oktober wurde Coinhive.com durchschnittlich acht Millionen Mal pro Tag und etwa 248 Millionen Mal im Monat geblockt, heißt es von Malwarebytes. Coinhive hat daraufhin Authed Mine veröffentlicht. Bei dieser Programm-Version muss der Nutzer erst zustimmen, bevor der Rechner für Krypto-Mining verwendet wird.

"Die heimliche Nutzung des Miners ist bei uns nur noch eine 'Fußnote' in der Dokumentation - alle Code-Beispiele nutzen Authed Mine und den Opt-In-Screen", schreiben die Entwickler. Aber sie schreiben auch, dass sie - praktisch aus Versehen - die neue Schadsoftware-Welle ausgelöst haben: "Die Meinung eines Users, wir hätten eine ganz neue Sorte Malware erfunden, können wir zwar nicht ganz abstreiten, stolz sind wir darauf aber nicht."

© SZ vom 01.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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