Russland:BP einigt sich mit russischen Oligarchen

Lesezeit: 2 min

Nach anhaltendem Streit erhält das Joint Venture der britischen BP mit der russischen TNK eine neue Führungsstruktur - doch über die Strategie des Kreml wird weiter gerätselt.

Andreas Oldag

Im monatelangen Streit um den russisch-britischen Ölkonzern TNK-BP haben die Anteilseigner jetzt einen Kompromiss erzielt. Der auf russischer Seite umstrittene Vorstandschef Robert Dudley wird noch vor Ende dieses Jahres sein Amt niederlegen.

Nach langem Streit nun eine Einigung zwischen BP und den russischen Teilhabern. (Foto: Foto: AFP)

Der britische Öl- und Energiekonzern BP sowie drei russische Investoren halten jeweils 50 Prozent an dem Joint Venture, das nun eine neue Führungsstruktur erhalten soll. Experten zufolge könnten sich die Machtverhältnisse im Management zugunsten der russischen Seite verschieben. Andererseits ist es dem BP-Konzern jedoch gelungen, seinen 50-prozentigen Anteil zu halten.

Das russische AAR-Konsortium hatte seit Monaten versucht, Dudley abzusetzen. Der Vorstandschef hatte im Juli Moskau verlassen, weil es unter anderem Probleme mit seinem Visum gab. Ein Moskauer Gericht entzog Dudley für zwei Jahre die Arbeitserlaubnis. Auch gegen andere ausländische Mitarbeiter gab es immer wieder Schikanen der Behörden. TNK-BP ist für BP von strategischer Bedeutung: Etwa 22 Prozent der Produktion des Öl- und Energiekonzerns und 19Prozent der Erdöl- und Erdgasreserven entfallen auf das Gemeinschaftsunternehmen.

Die russischen Investoren Mikhail Fridman (25 Prozent), Viktor Wekselberg (12,5 Prozent) und Leonid Blavatnik (12,5 Prozent), die sich im Alfa-Access-Renova-Konsortium (AAR) zusammengeschlossen haben, hatten eine Aktionärsrevolte angeheizt. Die schwerreichen Oligarchen verlangten nicht nur den Rücktritt Dudleys, sondern auch eine strategische Neuausrichtung des drittgrößten russischen Ölförderers.

Unabhängige Mitglieder

Im Verwaltungsrat sollen nun in Zukunft auch drei unabhängige Mitglieder vertreten sein. Ein neuer Vorsitzender werde von BP vorgeschlagen und vom ebenfalls neu eingesetzten TNK-BP-Direktorium bestätigt, hieß es.

Bedingung ist offenbar, dass der neue Chef russisch spricht. Außerdem gibt es die Option, unter dem Vorbehalt der Zustimmung der russischen Behörden, 20 Prozent an einer TNK-BP-Tochter an die Börse zu bringen. Die Einzelheiten der Vereinbarung wollen beide Seiten in den kommenden Monaten klären.

"Ich erwarte nun ein fruchtbares Ergebnis der Verhandlungen, so dass wir wieder Vertrauen zwischen uns und AAR aufbauen können und an die Erfolgsgeschichte zum Vorteil aller Beteiligten anknüpfen können", erklärte BP-Konzernchef Tony Hayward.

TNK-BP förderte im vergangenen Jahr 70 Millionen Tonnen Öl-Äquivalent und hat einen Börsenwert von umgerechnet etwa 22 Milliarden Euro. Das Unternehmen hat etwa 65000 Beschäftigte.

Nach der Kompromissvereinbarung könnten nun aber neue Probleme im Detail liegen: So ist nach Ansicht von Branchenexperten bislang nicht geklärt, wie "unabhängig" die neuen Mitglieder im elfköpfigen Verwaltungsrat sein sollen. Zudem rätseln westliche Beobachter immer noch über die Rolle des Kreml in dem Konflikt.

Seit langem wird darüber spekuliert, dass ein von Moskau kontrollierter Konkurrent wie beispielsweise Gazprom oder Rosneft bei TNK-BP einsteigen könnte.

Kontrolle abgegeben

Zuletzt stand TNK-BP unter dem Druck der russischen Steuerbehörden. Bevor TNK-BP-Chef Dudley das Land verließ, war er in einem Strafverfahren zu mutmaßlichen Steuerhinterziehungen vernommen worden.

Der gebürtige Amerikaner Dudley sollte in diesem Zusammenhang zu Steuererklärungen des russischen Partners TNK aus den Jahren 2001 bis 2003 aussagen.

Es spricht einiges dafür, dass die russischen TNK-Anteilseigner den Streit mit BP angezettelt haben, um einen Anteilsverkauf an Gazprom in die Weg zu leiten.

Dieses würde zur Strategie des staatlich kontrollierten Konzerns passen, der auf Geheiß des Kremls seine Kontrolle über den russischen Energiesektor kontinuierlich ausgebaut hat. Der britisch-niederländische Ölkonzern Shell musste bereits die Kontrolle an dem Öl- und Gasprojekt Sachalin II abgeben.

Auch TNK-BP hatte die harte Hand Moskaus zu spüren bekommen: So musste das Unternehmen im vergangenen Jahr seinen Mehrheitsanteil am Gasfeld Kowykta an Gazprom abtreten.

Die russischen Behörden hatten TNK-BP zuvor mit einem Entzug der Förderlizenz gedroht. Kowykta zählt mit geschätzten Vorräten von etwa zwei Billionen Kubikmetern zu den größten Gasfeldern in Russland.

© SZ vom 05.09.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: