Rohstoffmärkte:Schutz bei volatilen Märkten

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Flüssiges Kupfer: Finanzinstrumente sind ein wichtiges Element zur Absicherung gegen Preisschwankungen an den Rohstoffmärkten. (Foto: Dhiraj Singh/Bloomberg)

Wie sich das Familienunternehmen Frötek in Osterode am Harz mit speziellen Finanzinstrumenten gegen schwankende Kupferpreise absichert.

Von Norbert Hofmann

Die eigene Forschungsabteilung hat schon zahllose Kundenprobleme gelöst und eine Vielzahl von Patenten generiert. In den Produktionsstätten stehen neben mehr als 90 Spritzgussmaschinen eine Menge selbst entwickelter Automaten bereit. Sogar spezielle Sauberräume für die Fertigung wurden installiert. Das in Osterode am Harz ansässige Kunststofftechnikunternehmen Frötek hat sich zu einem weltweit gefragten Zulieferer entwickelt mit einem Exportanteil von etwa 60 Prozent. Davon zeugen Niederlassungen in Südafrika, Ungarn und der Ukraine ebenso wie in China und in den USA. Eines der Erfolgsgeheimnisse ist die Nähe zum Kunden. "Wir helfen von der ersten Idee bis hin zur Umsetzung in der Serienfertigung", sagt Finanzleiter Tobias Vollrath.

Das vor drei Jahrzehnten von Bernhard Fröhlich gegründete Familienunternehmen erzielte 2014 mit 400 Mitarbeitern einen Umsatz von circa 50 Millionen Euro. Seit 2010 ist Frötek um durchschnittlich acht bis zehn Prozent gewachsen. Rund ein Viertel der Umsätze erwirtschaftet die Firma als Zulieferer der Automobilindustrie, bei der die Kunststoffe etwa in Automatikgetriebe eingebaut werden. Für das Hauptgeschäft stehen die Zubehörsysteme für Industriebatterien. "Wir beliefern alle großen Batteriehersteller weltweit und sind im Bereich der Verbindertechnik sogar Weltmarktführer", sagt Vollrath.

Das Unternehmen fertigt Produkte, die einzelne Batteriezellen verbinden. Rund um den Globus werden jährlich 15 Millionen solcher Verbinder produziert, wobei zwölf Millionen aus dem Hause Frötek stammen. Deren Herstellung stellt auch den Finanzchef vor besondere Herausforderungen. Das Unternehmen muss dafür 1200 Tonnen Kupfer pro Jahr verarbeiten und an den Weltmärkten einkaufen. Etwa die Hälfte davon geht in die Fertigung für kleinere Kunden, bei denen die Preise variabel kalkuliert werden. Den Großkunden aber sichert das Unternehmen für ein Jahr einen festen Kupferpreis zu. Frötek trägt hier das Risiko der Preisschwankungen am Kupfermarkt. "Wenn wir uns dagegen nicht absichern würden, hätten wir ein Problem", sagt Vollrath.

Bei einem Kupferpreis von etwa 5500 Euro je Tonne müsste das Unternehmen für 600 Tonnen einen Einkaufspreis von 3,3 Millionen Euro bezahlen. Würde der Preis nun um zehn Prozent steigen, wären 330 000 Euro Mehrkosten zu verkraften. Ein beachtliches Risiko. Vollrath hat sich deshalb mit dem Experten seiner Hausbank zusammengesetzt und über den Einsatz von Absicherungsinstrumenten nachgedacht. "Für mich war es wichtig, dass sie leicht verständlich und im Unternehmen gut einsetzbar sind", sagt Vollrath. Die Lösung brachte ein sogenannter Rohstoff-Swap, bei dem die beiden Vertragspartner zwei Zahlungsströme gegeneinander tauschen. Die Firma Frötek kauft dabei das Kupfer laufend zu den jeweils günstigsten Tagespreisen ein und erhält dafür von ihrer Bank eine variable Zahlung in Höhe des monatlichen durchschnittlichen Kaufpreises, der an der London Metal Exchange (LME) ermittelt wird. Frötek wiederum zahlt dafür im Gegenzug an die Bank einen für die Zeitspanne von einem Jahr fest vereinbarten Kupferpreis und entledigt sich damit der Kursrisiken des Rohstoffes. Die Kosten sowie eine Gewinnmarge der Bank sind in dem fest vereinbarten Kupferpreis bereits einkalkuliert.

Eine neue Herausforderung bringt jetzt das Geschäft der Tochter in China

Absicherungsinstrumente wie diese sind auch bei vielen mittelständischen Unternehmen gefragt. "Der Großteil unserer Kunden nutzt sie beim Einkauf von Industrie- und Edelmetallen oder im Energiebereich für Rohöl und die darauf basierenden Destillate wie etwa Gasoil und Jet Fuel, aber auch für CO₂ und Kohle", sagt Sven-Oliver Koch, Spezialist für Währungen und Rohstoffe bei der Commerzbank. Bei 90 Prozent der Kunden seien Absicherungen für einen Zeitraum von drei bis 18 Monaten gefragt. Möglich sind aber auch Zeitspannen von bis zu fünf Jahren. Ebenso breit ist das Spektrum der in Frage kommenden Sicherungsinstrumente. Mit Termingeschäften etwa können sich Firmen gegen Preisänderungen zu einem bestimmten Stichtag schützen. "Das ist klassischerweise überlegenswert, wenn ein Abnehmer einen bestimmten Preis zu diesem Termin wünscht", sagt Koch. Schützt sich das Unternehmen durch das Zeichnen einer Option auf einen bestimmten Kurs gegen eine Verteuerung des Rohstoffes, kann das auch Wettbewerbsvorteile bringen. Denn die Firma muss dann mögliche Preissteigerungen nicht an ihre Kunden weitergeben. Sie hat für diese Absicherung jedoch eine Optionsprämie zu zahlen.

Für Frötek kommt eine solche Alternative nicht in Frage. "Der Swap ist für mich die einfachere und bessere Lösung", sagt Finanzleiter Vollrath. Er kann sich zudem darüber freuen, dass er damit nicht nur den Kupferkurs, sondern auch ein Währungsrisiko absichert. Generell werden die Rohstoffpreise am Weltmarkt auf Dollar-Basis festgelegt. "Da aber das Swap-Geschäft auf Euro-Basis abgeschlossen wird, enthält es automatisch die Absicherung gegen einen steigenden US-Dollar", erläutert Commerzbank-Experte Koch. Dieses Risiko habe vor dem Hintergrund der extrem lockeren EZB-Politik und der Griechenland-Krise eher zugenommen.

Für Frötek hat das Währungsrisiko ansonsten bislang kaum Bedeutung, da das Unternehmen alle Warenausgänge in Deutschland auf Euro-Basis fakturiert. "Das wird von unseren Kunden, egal ob sie in Australien, Brasilien oder Russland ansässig sind, auch akzeptiert", sagt Vollrath. Eine neue Herausforderung bringt für ihn jetzt das Geschäft eines Tochterunternehmens in der Volksrepublik China. Ein großer Automobilhersteller hat sein Interesse bekundet, die in diesem Werk gefertigten Bauteile auf Euro-Basis zu bestellen und nach Deutschland zu importieren. "Wir überlegen deshalb jetzt, das Währungsrisiko des chinesischen Renminbi gegenüber dem Euro für ein bestimmtes Basisvolumen dieses Auftrags durch ein gut nachvollziehbares Produkt wie etwa ein Termingeschäft oder einen Währungs-Swap abzusichern", sagt Vollrath.

© SZ vom 09.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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