Reputationsversicherung:Wenn der gute Ruf bedroht ist

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Unternehmen zählen Imageschäden zu den größten Gefahren. Sie zu versichern, ist oft schwierig.

Von Anne-Christin Gröger

Die Schlagzeilen sind alles andere als schmeichelhaft: "Der hässliche Amerikaner" oder "Das Lochte Ness Monster" titelten die Zeitungen, als das peinliche Verhalten des US-Schwimmstars Ryan Lochte und seiner Teamkollegen während der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro bekannt wurde. Der Schwimmer hatte behauptet, er und seine Kollegen seien von Unbekannten überfallen und mit einer Pistole bedroht worden. Videoaufnahmen belegten, dass die Sportler betrunken an die Wand einer Tankstelle uriniert und ein Werbeposter von der Wand gerissen hatten. Wachleute hatten sie gestellt.

Die Geschichte ist nicht nur für Lochte unangenehm, sondern auch für seine Sponsoren: Der Schwimmbekleidungshersteller Speedo kündigte dem Schwimmer die finanzielle Unterstützung. Lochtes Verhalten passe nicht zu den Unternehmenswerten, so der Konzern.

Eklats wie der um Ryan Lochte haben in jüngster Zeit dazu beigetragen, dass die Nachfrage nach sogenannten Death & Disgrace-Versicherungen steigt, berichtet der Versicherungsmakler JLT Specialty. Mit diesen Verträgen können sich Firmen gegen Vermögensschäden absichern, die ihnen durch den Ausfall oder das Fehlverhalten eines Werbeträgers entstehen und mit entsprechenden Imageverlusten verbunden sind.

Nicht bei jedem großen Risiko fordern Unternehmen gleich eine Versicherungslösung

Die Gefahr, dass sich Skandale negativ auf den Ruf und damit auf den Umsatz auswirken, bedroht die gesamte Wirtschaft. Die Konzerne nehmen das Thema Reputation sehr ernst. In Risikomanager-Befragungen zu den größten Gefahren für die Firma nimmt der Imageschaden regelmäßig einen Spitzenplatz ein. Doch obwohl das Thema auf der Agenda der Risikomanager weit oben steht, spielt die Versicherung in Deutschland kaum eine Rolle.

"Wir haben allenfalls eine Handvoll eigenständige Reputationspolicen in den Büchern", sagt Georg Bräuchle aus der Deutschland-Geschäftsführung des Großmaklers Marsh. Das Risiko sei komplex und schwierig zu versichern. "Beispielsweise gibt es viele Unklarheiten, wann der Versicherungsfall ausgelöst wird", sagt Bräuchle. Dazu kommt: "Für die kleineren Unternehmen sind die Deckungen zu teuer, für die Großkonzerne reichen die Deckungssummen, die die Versicherer anbieten, nicht aus." Neben Allianz Global Corporate & Specialty und AIG gehört die Munich Re zu den wenigen Versicherern, die eigenständige Reputationsversicherungen anbieten.

Es ist aber möglich, den Reputationsschaden in anderen Policen zumindest teilweise mitzuversichern, sagt der Makler. Mit Produktschutzversicherungen können sich Lebensmittelhersteller vor den Kosten eines Rückrufes wegen Produktkontamination absichern. Dort lassen sich häufig auch Ertragsausfälle oder Aufwendungen versichern, um die Marktposition zu halten oder wiederzuerlangen.

Ein Branchenvertreter erklärt die Diskrepanz zwischen wahrgenommenem Risiko und mangelnder Nachfrage nach Versicherungsschutz so: "Ein Risiko zu erkennen und Präventionsmaßnahmen zu ergreifen ist etwas anderes, als nach einer Transferlösung dafür zu verlangen", sagt er. "Nicht für jedes Risiko brauchen Unternehmen eine Versicherungslösung."

© SZ vom 06.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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