Reform:Brüssel fordert IWF-Sitz für die Euro-Zone

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Bislang haben nur Deutschland und Frankreich einen Sitz im Exekutivdirektorium des IWF. Das soll sich ändern.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Geht es nach der EU-Kommission, sollen die Euro-Länder in Zukunft mit einer Stimme beim Internationalen Währungsfonds (IWF) sprechen. Innerhalb der nächsten zehn Jahre brauche die Euro-Zone einen Sitz im Exekutivdirektorium des Washingtoner Fonds, sagte EU-Vizekommissionschef Valdis Dombrovskis am Mittwoch. Ob es so weit kommt, hängt allerdings von den Mitgliedstaaten ab; sie müssen diesem Vorschlag noch zustimmen. Bislang haben Deutschland und Frankreich ihren eigenen Sitz im Exekutivdirektorium des IWF. Dombrovskis sprach deshalb vorsorglich von "einem oder mehr" Sitze.

Bei seiner Vorlage eines Paket zur Zukunft der Euro-Zone kündigte der Brüsseler Kommissar außerdem an, bereits 2016 ein neues Beratungsgremium zur Haushaltsüberwachung der Mitgliedstaaten zu schaffen, den sogenannten Europäischen Fiskalrat mit fünf Experten. Dieser soll die Wirtschafts- und Währungsunion vertiefen und Europa krisenfester machen. Dazu passte, dass Dombrovskis Portugal aufforderte, seinen Budgetplan für 2016 vorzulegen, anderenfalls sei ein Eingreifen nötig. EU-Diplomaten zufolge könnte Brüssel rechtlich gegen Lissabon wegen Verletzung von EU-Recht vorgehen - diese Stufe sei aber nicht erreicht. Das Land ist wegen der Parlamentswahlen und der Regierungsbildung im Verzug.

Mit ihren Vorschlägen zur Vertiefung der Währungsunion ging die EU-Kommission erneut auf Konfrontationskurs zur Bundesregierung. Die Brüsseler Behörde werde bis Jahresende ein europäisches System zur Absicherung von Bankguthaben vorschlagen, sagte Dombrovskis. Damit werde das Vorhaben einer Bankenunion abgerundet, zu der als Kernstück die Bankenaufsicht gehört. Der Kommissar betonte, er kenne die Einwände aus Deutschland, er habe auch mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gesprochen. "Wir arbeiten nicht an einem Vorschlag, wonach die Staaten, die bereits Einlagen-Sicherungssysteme aufgebaut haben, für die zahlen müssen, die dies bisher nicht gemacht haben." Schäuble hatte gefordert, dass alle Staaten erst einmal auf nationaler Ebene solide Systeme aufbauen sollten. In allen EU-Staaten gilt bereits im Fall einer Bankenpleite ein gesetzlich garantierter Schutz von bis zu 100 000 Euro pro Kunde und Bank. Die deutschen Geldhäuser, vor allem die Sparkassen und Genossenschaftsinstitute, sind strikt gegen eine "Vergemeinschaftung der nationalen Einlagensicherungssysteme". Zuletzt hatten sie ihre Einwände in einem Brief an Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker formuliert.

© SZ vom 22.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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