Reden über Trump:"Ihr müsst rausgehen in die richtige Welt"

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Trump beherrscht die Debatte in Davos - und schickt einen ehemaligen Investmentbanker, um seine Politik zu erklären.

Von Bastian Brinkmann und Ulrich Schäfer, Davos

Er ist nicht da, manche Manager vermeiden es sogar, seinen Namen in den Mund zu nehmen, wenn sie in einer der vielen Diskussionen in Davos auf dem Podium sitzen. Und doch ist Donald Trump beim 43. Weltwirtschaftsforum allgegenwärtig. In den informellen Runden auf dem Gang landet das Gespräch schnell bei ihm: dem künftigen, 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, der am Freitag in sein Amt eingeführt wird.

Trump hat Anthony Scaramucci in die Schweiz geschickt, der für den künftigen Präsidenten im Weißen Haus tätig sein wird, als Direktor des Büros für öffentliche Beziehungen. Scaramucci hat früher bei der Investmentbank Goldman Sachs gearbeitet, wurde Vermögensverwalter und investierte Milliarden für seine reichen Kunden. Er war schon oft in Davos, diskutierte mit berühmten Leuten auf Podien. Und er hat stets eine der bestbesuchten Partys in Davos geschmissen, schreibt die Finanzagentur Bloomberg. Scaramucci soll der versammelten Wirtschaftselite erklären, wie irre ein Präsident Trump wirklich wird. Seine Botschaft: Es wird ganz wunderbar.

"Trump ist die letzte große Hoffnung für die Globalisierung, er kann sie retten", sagt Scaramucci. Die reichsten drei Prozent der Weltbevölkerung seien gut durch die Finanzkrise gekommen. Sie hätten genauso viel Vermögen oder sogar mehr als 2007. Die anderen 97 Prozent müssten aber kämpfen. Das hätten die globalen Eliten nicht erkannt. "Sorry, das ich das sage, zur Elite gehören wir ja praktisch alle dazu", sagte er zum Publikum in Davos. "Ihr müsst rausgehen in die echte Welt und den Leuten zuhören", sagte Scaramucci. Wenn die künftige Trump-Regierung diese Probleme nicht auf die Reihe bekomme, könnte in vier Jahren ein linker Populist die US-Präsidentenwahl gewinnen. Er nannte Hillary Clintons ehemaligen Konkurrenten Bernie Sanders nicht beim Namen, er sprach von einem "linkslastigen Charismatiker". Scaramucci warnte: "Das könnte sehr schädlich für die Welt werden."

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(Foto: Michel Euler/AP)

"Es wird ganz wunderbar": Trump-Gesandter Anthony Scaramucci (li.) ist nach Davos gekommen, um die Wirtschaftselite zu besänftigen.

Auch Sängerin und UNICEF-Botschafterin Shakira ist da, um sich für benachteiligte Kinder einzusetzen.

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(Foto: Michel Euler/dpa)

Politiker und Geschäftsleute aus der ganzen Welt werden zum Weltwirtschaftsforum erwartet, das noch bis zum 20. Januar dauert.

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(Foto: Gian Ehrenzeller/dpa)

Klaus Schwab, Gründer und Präsident des Forums, spricht bei der Verleihung der Crystal Awards für sozial besonders engagierte Künstler.

Bei den Vorbereitungen für den Kongress wird hier ein ganz besonderer Roboter getestet: "SARA" soll über soziale Fähigkeiten verfügen.

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(Foto: Gian Ehrenzeller/dpa)

Für die Sicherheit sorgen bewaffnete Polizisten auf den Dächern des Kongresszentrums. Oder wurden für die Konferenz etwa tatsächliche Stormtrooper aus Star Wars eingeflogen?

Wie aber wird Trump als Politiker? Wie ein Unternehmer, sagt Scaramucci. Er denke in drei Kategorien, wenn er Dinge analysiere. Erstens: Das hier funktioniert - wie können wir es noch besser machen? Zweitens: Das funktioniert nur mittel, wir müssen viel umkrempeln. Drittens: Das funktioniert gar nicht - weg damit. Die dritte Kategorie mache viele nervös, sagte Scaramucci. Wer den Status quo hinterfrage, löse Ängste aus, aber das sei manchmal nötig. Steve Jobs habe es mit der Erfindung des iPhones vorgemacht. "Unternehmer zerschlagen bestehende Strukturen, durchbrechen sie", sagte Scaramucci.

Die Wirtschaftselite solle sich keine Sorgen machen, versicherte Scaramucci. Die Antrittsrede am Freitag werde sie an Ronald Reagan erinnern, den US-Präsidenten von 1984 bis 1992. Reagan habe am Anfang auch einen ganz anderen Ruf gehabt als nach acht Jahren. Da hätten die Menschen erkannt, dass er die Welt friedlicher gemacht habe.

Die sanfte Botschaft, die Scaramucci aussandte, verfängt in Davos: "Offenbar gibt es doch ein paar kluge Leute in der neuen Regierung. Das macht Hoffnung", sagte ein deutscher Konzernchef. Und auch Axel Weber, der ehemalige Bundesbankpräsident, äußerte sich in einer Podiumsdiskussion mit Scaramucci lobend über den wirtschaftspolitischen Kurs, den die neue Regierung einschlagen will: einen Mix aus Strukturreformen, Steuersenkungen und Ausgaben, um die Wirtschaft anzukurbeln. Die Welt habe sich, klagte Weber, nach dem Ausbruch der Finanzkrise 2007 zu sehr auf die Geldpolitik verlassen, um die Rezession zu überwinden. "Wir brauchen eine Wende in der Politik, und diese muss von der größten Volkswirtschaft der Welt auf den Tisch gelegt werden."

Fraglich ist allerdings, wie schnell Trumps Politik ihre Wirkung entfalten wird. David Rubenstein, der Chef des Finanzinvestors Carlyle Group und einst Mitarbeiter von US-Präsident Jimmy Carter, glaubt, dass es mindestens neun bis zehn Monate dauern wird, ehe der neue Präsident seine Steuerreform durch den Kongress bekommen wird. Und auch danach werde es "lange dauern, bis wir ökonomische Ergebnisse sehen werden".

Li Daokui, ein Wirtschaftsprofessor von der chinesischen Tsinghua-Universität, erwartet dagegen, dass das Wirken von Trump sich sehr viel schneller auswirken wird. Er warnte vor einer "chaotischen Phase", wenn nun viel Geld aus der ganzen Welt in die USA strömt - weil es Trump von den Firmen fordert, weil Investoren an einen starken Aufschwung unter ihm glauben und weil der neue Präsident Billionen Dollar braucht, um die zusätzlichen Ausgaben und Steuersenkungen zu finanzieren. Das werde den Kurs des Dollar sehr schnell nach oben treiben, warnte der Chinese, und das könne zu größeren Verwerfungen an den Finanzmärkten führen.

Eine Sorge, die auch Rubenstein und die Harvard-Ökonomin Carmen Reinhart teilen: Wenn der Wechselkurs des Dollar unter Trump zu schnell steige, dann könne das vor allem jene Schwellenländer in Not bringen, deren Regierungen oder Unternehmen sich sehr stark in Dollar verschuldet haben. Dann drohe eine Finanzkrise, wie sie Mexiko Mitte der 1990er-Jahre erlebt habe, warnte Rubenstein.

© SZ vom 18.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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