Rechtsstreit beendet:Kein Recht auf Durchwahl

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Der Datenschutz für Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit hat Vorrang, sagt das Bundesverwaltungsgericht. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Jobcenter müssen interne Telefonnummern nicht veröffentlichen, so ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Sonst könne die Behörde bei der Arbeit behindert werden.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Das Informationsfreiheitsgesetz gewährt jedem Bürger "einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen" - mit einer Einschränkung: Die öffentliche Sicherheit und der Datenschutz dürfen dadurch nicht gefährdet sein. Das Gesetz schließt dabei ausdrücklich nicht aus, dass die Behörden auch Namen, Titel oder Telefonnummern von Mitarbeitern angeben. Aber leitet sich daraus sozusagen ein Recht auf die Durchwahl zu dem Beamten oder Sachbearbeiter im Amtszimmer ab?

Mit dieser Frage musste sich am Donnerstag das Bundesverwaltungsgericht beschäftigen. Geklagt hatten vier Hartz-IV-Empfänger. Sie pochten vor dem Gericht darauf, dass die für sie zuständigen Jobcenter in Köln, Nürnberg und Berlin die Diensttelefonlisten mit den direkten Nummern der Mitarbeiter an sie herausgeben.

Bei den Leipziger Richtern hatten sie mit ihrem Vorstoß jedoch keine Chance: "Einem Anspruch auf Informationszugang zu den dienstlichen Telefonnummern der Bediensteten von Jobcentern können sowohl die Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Behörde als auch der Schutz der personenbezogenen Daten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entgegenstehen", entschied das Gericht ( Aktenz. BVerwG 7 C 20.15 und drei weitere).

Eine Veröffentlichung der Telefonnummern ist laut dem Urteil nur möglich, wenn "das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt". Dies sei aber nicht der Fall, da die Daten unter das "Schutzrecht des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung" fielen. Die Richter schlossen sich damit den Vorinstanzen an. So hatte unter anderem das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden, dass die Weitergabe von Informationen nicht die Funktionsfähigkeit einer Massenverwaltung gefährden dürfe. Dies sei aber der Fall, wenn viele Leistungsempfänger anrufen, "zu denen mitunter auch Personen mit querulantorischer Neigung zählen". Mit dem Grundsatzurteil geht ein jahrelanger Rechtsstreit zu Ende, der für die Bundesagentur für Arbeit (BA ) erhebliche Bedeutung hat. Die BA verwaltet mit den Kommunen mehr als 300 Jobcenter. Bei den meisten können die Hartz-IV-Empfänger ihren Betreuer jedoch nicht direkt anrufen. Telefonische Anfragen werden über eine einheitliche Hotline und verschiedene Callcenter gebündelt. Die Vermittler sollen so ungestört ihre Akten abarbeiten oder mit den Jobsuchenden an vorher vereinbarten Terminen sprechen können.

Die Kläger und ihre Vertreter reagierten enttäuscht auf das Urteil: Rechtsanwältin Kristina Sosa Noreña, die es mit ihrem Kollegen Dirk Feiertag bis vor das Bundesverwaltungsgericht schaffte, sagte: Die Richter hätten "die große Chance vergeben, die Jobcenter transparenter für die Bürger zu gestalten". Sven F., einer der Kläger und Vorsitzender der Erwerbsloseninitiative Braunschweig, bedauerte, dass weiter kein direkter Kontakt mit den Mitarbeitern des Jobcenters möglich sei. "Die eingerichteten Servicenummern werden nun weiter zu einer Vielzahl von Missverständnissen führen, die nicht selten in unnötigen Klagen enden."

© SZ vom 21.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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