RAG-Kohle-Stiftung:Spannung vor dem Kohlegipfel

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Der Chef-Posten der RAG-Stiftung ist noch immer unbesetzt. Am Mittwoch soll eigentlich eine Entscheidung fallen - doch jetzt kommt eine alternative Lösung ins Spiel.

Der für Mittwoch angesetzte Kohlegipfel in Berlin wird die Frage nach dem neuen Chef der Kohlestiftung möglicherweise erneut vertagen. Nach Angaben der Rheinischen Post wird auch eine alternative Lösung diskutiert, wonach der Posten kommissarisch besetzt werden soll.

Als vergangene Woche auch der SPD klar wurde, dass ihr Favorit Werner Müller nicht mehr Vorsitzender der einflussreichen Kohle-Stiftung wird, ging der Poker um den Posten erst richtig los.

Zunächst wurde ThyssenKrupp-Chef Ekkehard Schulz als Wunschkandidat von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) ins Spiel gebracht. Dieser winkte einen Tag später ab.

Am Wochenende wurden Eon-Ruhrgas-Chef Burckhard Bergmann und Ex- Metallgesellschaft-Chef Kajo Neukirchen als Stiftungsvorsitzende gehandelt.

Den verblüffendsten Vorschlag machte aber Werner Müller selbst. Dem Vernehmen nach schlug der Vorstandschef des Essener Mischkonzerns RAG Merkel in einem Vier-Augen-Gespräch den ehemaligen Unions- Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) vor.

Das macht insofern Sinn, als Merz "Berater" des Konzerns ist und seine Kanzlei von Anfang in die Arbeit an der Stiftungssatzung einbezogen war. Dadurch wäre zumindest im Ansatz Müllers Einfluss gewahrt geblieben.

Vorschlag mit Beigeschmack

Doch der Vorschlag hat einen Beigeschmack. NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) hatte den früheren, SPD-nahen Bundeswirtschaftsminister Müller "verhindert". Und bekanntermaßen ist auch Rüttgers' Verhältnis zu Merz nicht unbelastet.

Nachdem Merz das Amt des Unions-Fraktionschefs an Merkel abtreten musste, wurden ihm einige Zeit - in Konkurrenz zu Rüttgers - Ambitionen auf den Ministerpräsidentenposten in NRW nachgesagt. Merz machte schließlich am Montag klar, dass auch er nicht für den Stiftungsvorsitz zur Verfügung stehe.

Für die Serie von Absagen dürften sicherlich auch die unbedachten Aussagen aus dem Hause von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) gesorgt haben. Wer will sich schon in dieser Phase der Personalfindung dem Wagnis aussetzen, als "erster Vorschlag" der Union von der SPD aus purer Rache für Müller abserviert zu werden.

"Wir brauchen einen, der sich als Kanonenfutter hergibt und dann einen, der es tatsächlich werden soll", zitierte Der Spiegel einen Regierungsbeamten. Noch entscheidender für die Absagen dürfte aber die Ausgestaltung der Stiftungssatzung sein. Bis jetzt hat Rüttgers geschickt taktiert.

Er blockierte nicht nur Müller, er holte auch bei der Finanzierung der Zukunftsrisiken des Kohlebergbaus für sein Land erhebliche Vorteile heraus und wird wohl trotzdem die gleiche Anzahl an Kuratoriumsmitgliedern der Stiftung bestimmen können wie der Bund.

Die Stiftungssatzung hat er konsequent und erfolgreich von einem privatrechtlichen, staatsfernen Ansatz zu einem staatsnahen geformt, der ihm größtmöglichen Einfluss gewähren soll.

Das Kuratorium soll zu zwei Dritteln von der öffentlichen Hand besetzt werden. Der Vorstand muss sich dem Vernehmen nach jede wichtige Entscheidung vom Kuratorium absegnen lassen und kann von diesem jeder Zeit entlassen werden. Aufgabenbeschreibung und Personalbesetzung liegen faktisch in öffentlich-rechtlicher Hand. Die Bezüge des Stiftungsvorstandes sollen nicht über denen des Ministerpräsidenten liegen.

Die Stiftung ist nach Einschätzung von Insidern gefährdet. Am Montag wurde in der so genannten Sherpa-Runde, die das Spitzentreffen am Mittwoch bei Glos vorbereitete, problematisiert, ob die Stiftung angesichts der Staatsnähe überhaupt noch als privatrechtliche Einrichtung genehmigungsfähig sei.

Keine aktiven und keine Ex- Politiker an der Spitze der Stiftung lautet Rüttgers' Credo. Doch mit dieser Satzung wird sich ein gestandener Wirtschaftsführer für den Vorsitz nur schwerlich finden lassen.

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