Querelen:Vorbereitung auf den Tag X

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Spezialisten helfen bei der Gestaltung der Übergabe. Bei der Auswahl der Berater spielt auch der menschliche Faktor eine wichtige Rolle.

Von Norbert Hofmann

Wenn sich in einem Unternehmen der Generationswechsel abzeichnet, ist es ratsam, sich rechtzeitig fachlichen Beistand zu suchen. Denn an Herausforderungen mangelt es nicht. Oft muss der Nachfolger erst noch gefunden werden. Auch dessen Einführung bei Kunden und Lieferanten will vorbereitet sein, und vielleicht stehen zuvor sogar noch Investitionen an, um die Firma für Käufer attraktiv zu machen. Anwälte und Wirtschaftsprüfer, vertraute Bankberater und allen voran die Experten der Kammern und Verbände sind dabei erste Adressen.

"Wir bieten für die Nachfolge einen Beratungs-Rundumservice von betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Fragen bis hin zur Lösung zwischenmenschlicher Probleme", sagt Hartmut Drexel, Leiter Beratung bei der Handwerkskammer für München und Oberbayern. Die betriebswirtschaftliche Vorbereitung der Nachfolge beginnt schon damit, die Firma etwa durch die geeignete Aufbereitung der Zahlen, organisatorische Maßnahmen und vielleicht auch Investitionen bereit für die Übergabe zu machen. Die HWK-Experten verfügen zudem über spezielle Bewertungsverfahren für Unternehmen, die als Basis für Verhandlungen hilfreich sind. "Die Frage nach dem Wert des Betriebes kann nicht nur bei einem externen Verkauf, sondern auch bei der Weitergabe innerhalb der Familie ein wichtiger Faktor sein", sagt Drexel. Darauf aufbauend stellt sich die Frage, wie der Nachfolger den Kaufpreis finanziert. Das kann mit einem die Eigenmittel ergänzenden Kredit geschehen. Akzeptiert der Nachfolger eine höhere Verzinsung und gewisse Mitspracherechte, ist auch Beteiligungskapital eine Alternative. Sie ist insbesondere dann interessant, wenn der Nachfolger auf starkes Wachstum setzt.

Vor allem sind öffentliche Fördermittel der KfW und der Förderinstitute der Länder hilfreich. "Auch wer ein Unternehmen übernimmt, kann unsere Gründerprogramme nutzen", erläutert Wolfram Schweickardt von der KfW. Für den ERP-Gründerkredit Startgeld etwa, bei dem Kreditvolumen von bis zu 100 000 Euro möglich sind, verlangt die KfW keine Sicherheiten. Die Förderbank entlastet die den Kredit durchleitende Bank, die auch die Kreditentscheidung trifft, zudem durch eine 80-prozentige Haftungsfreistellung vom Risiko. Auf die Übernahme größerer Unternehmen ist der ERP-Gründerkredit Universell mit einem maximalen Kreditvolumen von 25 Millionen Euro ausgerichtet. Für dieses Darlehen gibt es allerdings keine Haftungsfreistellungen, und es sind Sicherheiten erforderlich. Eine weitere Finanzierungsalternative ist das ERP-Kapital für Gründung, das mit einem Volumen von bis zu 500 000 Euro vergeben wird. "Diese besondere Darlehensform gilt in der Bilanz als wirtschaftliches Eigenkapital und erleichtert damit den Zugang zu weiteren Krediten", sagt Schweickardt. Auch die Finanzierung der Beratung kann gefördert werden. Sie ist bei den Kammern zwar durch die Mitgliedsbeiträge abgegolten. Wer aber zusätzlich Berater hinzuzieht, muss auch diesen Kostenfaktor berücksichtigen. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) etwa bezuschusst mit seinem Programm "Förderung unternehmerischen Know-hows" auch Nachfolgeberatungen für Firmen mit bis zu 1500 Euro in den alten und bis zu 2400 Euro in den neuen Bundesländern.

Schwierig wird es, wenn der Berater einer Seite mehr zugeneigt ist

Bei der Suche nach geeigneten Beratern hilft unter anderem ein Blick ins Internet weiter. Über die Beraterboerse.kfw.de haben Unternehmer die Möglichkeit, gezielt nach für ihre Firmengröße und die Thematik geeigneten Ansprechpartnern zu suchen. Berater müssen für die Registrierung in dieser Online-Datenbank ihre fachliche Eignung, eine mindestens dreijährige Erfahrung und Referenzen nachweisen.

Auch bei einem Verkauf der Firma hilft das Internet. Potenzielle Käufer und einen Nachfolger suchende Unternehmer können auf der Online-Börse Nexxt-change zueinanderfinden, die vom Bundeswirtschaftsministerium und der KfW sowie von Kammern, Sparkassen und Genossenschaftsbanken getragen wird. Auch die Handwerkskammern etwa in Bayern bieten online eine Betriebsbörse, um Angebot und Nachfolge zusammenzubringen.

Experten für die Beratung können auch mithilfe von Banken oder der auf den Mittelstand spezialisierten Lehrstühle von Universitäten gefunden werden. Empfehlungen anderer Firmenchefs helfen oft weiter. "Geeignete Ansprechpartner für die Nachfolge sind oft ehemalige Familienunternehmer, die sich als Berater selbständig gemacht haben", sagt Professorin Nadine Kammerlander, Leiterin des Instituts für Familienunternehmen an der WHU - Otto Beisheim School of Management.

Über Kontaktbörsen im Internet können sich Unternehmer und potenzielle Nachfolger finden. (Foto: imago/Westend61)

Diese Spezialisten helfen auch dabei, den Nachfolgeprozess an sich zu gestalten. Soll die Tochter das Unternehmen an einem Tag X übernehmen? Oder schrittweise? Beides hat Vor- und Nachteile und ist von den persönlichen Präferenzen abhängig. So oder so drohen Fallstricke. "Allein bei der Frage, wie die Nachfolge gegenüber Mitarbeitern und Kunden kommuniziert wird, kann man viel falsch machen", warnt Kammerlander.

Sie rät zudem dazu, frühzeitig die Frage nach der Beratungshoheit zu klären. Nachdem geklärt ist, in welchen Bereichen externe Hilfe sinnvoll erscheint, können je nach Kompetenz geeignete Berater ausgesucht werden. Sozusagen als Supervisor sollte dann aber auch eine bestimmte Person das große Ganze leiten. Das kann der Anwalt oder der Wirtschaftsprüfer des Unternehmens, aber auch der Vertraute in der Bank sein. Nicht zu unterschätzen sind zudem die Risiken, wenn die handelnden Personen der einen oder anderen Seite stärker zuneigen. Kennen sich der Seniorchef und sein Berater schon seit vielen Jahrzehnten, fühlt sich der jüngere Übernehmer schnell übergangen. Versucht der Berater dagegen, mit Blick auf die Zukunft vor allem eine gute Beziehung zum Nachfolger aufzubauen, ist es auch nicht gut. "Das kann sehr schnell eskalieren. Unsere Studien führen zu der Kernerkenntnis, dass der Berater eine neutrale Rolle zwischen Übergeber und Nachfolger einnehmen sollte", sagt Kammerlander.

Der menschliche Faktor spielt in vielen Phasen des Nachfolgeprozesses eine wichtige Rolle. Egal ob Tochter, Sohn oder externer Erwerber: Der Neue muss sich einarbeiten und der Alteigentümer soll oder will ihm helfen. Häufige Konsequenz: Es kommt zu Reibereien. "Wenn der Nachfolger noch nicht fest im Sattel sitzt und der Verkäufer nicht loslassen kann, brauchen beide ein neutrales Gegenüber, das Impulse gibt", sagt Experte Drexel. Die Handwerkskammer hat dafür ausgebildete Mediatoren, die auch bei diesem zwischenmenschlichen Aspekt von Übergabe und Nachfolge helfen.

© SZ vom 05.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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