Privatisierung in Griechenland:Eine neue Seidenstraße

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Ein Zug in Griechenland: Bis auf wenige Strecken gilt das Eisenbahnnetz als ziemlich marode. (Foto: Simon Dawson/Bloomberg)

Bis auf wenige Strecken gilt das Netz als marode: Chinesische Investoren sind am griechischen Bahnnetz interessiert - dieselben, die auch den Hafen kaufen wollen.

Von Christiane Schlötzer, München

Die griechische Staatsbahn ist hoch defizitär, eine Privatisierung wird seit langem von den internationalen Kreditgebern des Landes gefordert. Schon 2013 hatte der griechische Privatisierungsfonds das 2500 Kilometer lange Bahnnetz von "Trainose" im Angebot, der Verkauf wurde dann aber nach politischen Widerständen wieder aufgegeben. Seit dem 1. Februar läuft nun eine neue Ausschreibung, und am Freitag meldete die Agentur Reuters unter Berufung auf Insider, die chinesische Reederei Cosco plane eine Offerte. Der Staatskonzern wolle damit Griechenland noch stärker zum Tor für seine Handelsgeschäfte in Europa machen.

Cosco betreibt seit 2009 den Containerhafen in Piräus, vor den Toren Athens, mit einer Konzession für 30 Jahre. Seitdem sind dort neue Hafenanlagen entstanden und der Warenumschlag hat sich vervielfacht. Auch eine Schienenanbindung gibt es mittlerweile. Cosco ist zudem der einzig verbliebene Bieter für den Rest des Hafens von Piräus und hat erst kürzlich sein Gebot auf knapp 360 Millionen Euro erhöht. Sollten Bahnnetz und Hafen in die Hände von Cosco gehen, würde der Konzern in den Besitz von Verbindungen vom Suez-Kanal über Zugstrecken in die Balkan-Staaten nach Zentral- und Osteuropa gelangen. Erst im Dezember war Cosco durch die Fusion mit der China Shipping Group zur weltweiten Nummer vier in der Containerschifffahrt aufgestiegen. Dem Konzern käme angesichts der Wirtschaftsabkühlung auf dem heimatlichen Markt und eines Überangebots in der Containerbranche ein Standbein in Europa gewiss recht. Zudem passt es zur Strategie der Volksrepublik, eine moderne Version einer Seidenstraße aufzubauen.

Im Gegensatz zu der Piräus-Übernahme ist Cosco allerdings beim Werben um das Bahnnetz nicht allein: Auch die US-Eisenbahnholding Watco soll an Trainose interessiert sein, ebenso wie ein griechisches Unternehmen, das aber angeblich noch nach einem Partner sucht.

Ohne einen Verkauf von Trainose könnte Griechenland gezwungen sein, Subventionen in Millionenhöhe an die EU zurückzuzahlen. Die Regierung von Alexis Tsipras lehnt Privatisierungen eigentlich ab, steht aber weiter unter heftigem Druck der internationalen Gläubiger, Staatsbetriebe zu veräußern. Der Bahnkonzern hat bislang ein Monopol in Griechenland. Modern ausgebaut sind nur die Strecke zwischen Athen und Thessaloniki, mit gut gebuchtem IC-Verkehr, und seit den Olympischen Spielen von 2004 auch die Vorortzüge von Athen, mit Anbindung zum Flughafen. Der Betrieb auf anderen Strecken erinnert dagegen an längst vergangene Zeiten, mit Lokomotiven und Waggons wie aus dem Eisenbahn-Museum. Cosco dürfte an einer Belebung von Nebenlinien im griechischen Süden allerdings weit weniger interessiert sein, als am Frachtverkehr Richtung Norden.

© SZ vom 06.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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