Premiere:"Wir werden die Rechte bekommen"

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Premiere-Chef Michael Börnicke über schlechte Zahlen, über Aktienkäufe, Rupert Murdoch und den Fußball.

Caspar Busse

SZ: Herr Börnicke, im Februar des vergangenen Jahres haben Sie Premiere-Aktien für sechs Millionen Euro verkauft. Glauben Sie nicht mehr an das Unternehmen?

Michael Börnicke: "Wir machen das System wieder dicht." (Foto: Foto: dpa)

Michael Börnicke: Nach der Kirch-Insolvenz 2003 hat sich das gesamte Management an Premiere beteiligt und anteilige Kreditverpflichtungen übernommen, um das Unternehmen zu retten. Nach der erfolgreichen Restrukturierung haben wir die Aktien wie geplant verkauft, um diese Kredite abzulösen. Seitdem habe ich aber wieder Premiere-Aktien für insgesamt rund 200 000 Euro gekauft. Ich glaube an das Unternehmen, sonst würde ich hier den Job nicht machen.

SZ: Die Zahlen für das erste Quartal waren sehr schlecht, der Ausblick ist es auch. Verliert man da nicht den Glauben?

Börnicke: Die Quartalszahlen sind nicht gut - darüber müssen wir nicht diskutieren. Aber man muss sie einordnen: Sie sind wegen des Piraterie-Problems so schlecht. Ich möchte nicht wissen, wie das Ergebnis einer Bank aussehen würde, deren Safe offen steht. Das ist bei uns aber der Fall, seit im November unser Sicherheitssystem geknackt wurde. Ich gehe davon aus, dass eine Million Piraten oder mehr unser Programm ganz oder teilweise ohne Bezahlung sehen. Angesichts dieser Situation sind wir sogar noch mit einem blauen Auge davongekommen. Wir haben nämlich als Gegenreaktion unsere Ausgaben, vor allem im Marketing, dramatisch reduziert.

SZ: Wie geht es weiter?

Börnicke: Wir machen das System wieder dicht, also sicher, und fahren dann die Ausgaben für Marketing wieder nach oben. Ich sehe dann Potential im zweiten Halbjahr, speziell im vierten Quartal. Der Pro-Kopf-Umsatz je Kunde wird steigen. Ich erwarte bis zu 200 000 neue Kunden, wenn die Bildschirme der Piraten endgültig schwarz bleiben.

SZ: Das Problem Piraterie gibt es doch schon lange. Schwarzseher werden nicht einfach zu zahlenden Kunden, die werden sich etwas Neues einfallen lassen.

Börnicke: Noch nie waren die wirtschaftlichen Auswirkungen aber derart gravierend. Ich glaube schon, dass wir die Sicherheitslücke schließen und die Kunden dann Abonnements bestellen. Außerdem gibt es offenbar viele "Halbpiraten", die haben ein kleines Premiere-Paket bestellt, schauen aber schwarz das gesamte Programm. Wir gehen davon aus, dass zusätzlich 300.000 bis zu 500.000 Kunden dann größere Paketkombinationen bestellen werden.

SZ: Sie geben angesichts der Unsicherheit keine Prognose. Rechnen Sie für 2008 mit einem Verlust?

Börnicke: Einen Verlust für 2008 kann ich nicht ausschließen. Es ist aber auch vorstellbar, dass wir für 2008 unter dem Strich einen kleinen Gewinn ausweisen, wenn das Piraterie-Problem gelöst ist und wir bei der Vergabe der Bundesligarechte zum Zug kommen.

SZ: Von Ihrem Ziel - zehn Millionen Kunden - sind Sie aber nach wie vor weit entfernt. Wie wollen Sie das schaffen?

Börnicke: Da muss man gar nicht zaubern. Im Zuge der Digitalisierung werden etwa ein Viertel der 40 Millionen Fernsehhaushalte in Deutschland und Österreich Premiere-Kunden sein. Ein Schub wird auch das hochauflösende HDTV bringen. Die Leute kaufen sich massenhaft teuere Flatscreens und sind dann vom schlechten Bild enttäuscht. Das sind alle potentielle Premiere-Kunden, weil wir auch bei HDTV Vorreiter sind.

SZ: Bis wann wollen Sie denn die zehn Millionen erreichen?

Börnicke: Das erreichen wir bis 2012, aber nur, wenn bis dahin das analoge Fernsehen komplett abgeschaltet ist. Das werden natürlich nicht alle normale Abonnenten sein, die Monat für Monat zahlen, ich leide ja nicht unter Realitätsverlust. Darunter werden auch viele Prepaid-Kunden sein, die nur vorab für Angebote zahlen - ähnlich wie in der Mobilfunkbranche.

SZ: Wie sicher sind Sie, dass Sie die Bundesligarechte ab 2009 bekommen?

Börnicke: Wir werden die Rechte bekommen, davon bin ich überzeugt. Wir wollen mehr Exklusivität, und da ist der Samstag der entscheidende Tag. Mehr Exklusivität hätten wir dann, wenn eine Free-TV-Zusammenfassung erst nach 22 Uhr gesendet wird. Wir sind aber auf alle Szenarien vorbereitet und werden dieses Mal nicht negativ überrascht.

SZ: Die Deutsche Fußball Liga und die Agentur Sirius planen einen eigenen Bundesliga-Sender. Wie würde so ein Kanal Premiere beeinflussen?

Börnicke: Ich schließe definitiv aus, dass der geplante Bundesliga-Sender genehmigt wird. Premiere wird alle rechtlichen und sonstigen Möglichkeiten ausschöpfen, um das zu verhindern.

SZ: Und wenn er doch kommt?

Börnicke: Wie gesagt, das schließe ich aus. Aber selbst wenn, würde uns das nicht vor unlösbare Probleme stellen. Wir sind schließlich seit 17 Jahren der wichtigste Kunde und Hauptfinanzier der Bundesliga.

SZ: Sie hatten Interesse am Kauf von Sat 1 signalisiert. Würde der Sender Pro Sieben nicht besser zu Premiere passen?

Börnicke: Sat 1 passt besser zu uns, der Sender steht für Sport und Familie. Und Sat 1 hat eine ältere Zuschauerstruktur als Pro Sieben. Der durchschnittliche Premiere-Abonnent ist auch zwischen 35 und 60 Jahren alt. Der Kauf eines Senders wie Sat 1 bleibt für uns mittelfristig ein Thema - im nächsten Jahr kommt das wieder auf die Tagesordnung.

SZ: Wie wollen Sie denn eine solche Übernahme finanzieren?

Börnicke: Die Bewertung wird erst am Schluss vorgenommen, da spielen viele Faktoren eine Rolle, etwa die Laufzeit der Rechte. Den Kaufpreis könnten wir sicher über den Kreditmarkt finanzieren.

SZ: Sie bräuchten nicht Rupert Murdoch und seine News Corp dazu?

Börnicke: Nein. Ich bin aber froh, dass wir News Corp als strategischen Partner haben. Die sind ja auch nicht über uns hereingebrochen, sondern ich habe viel Zeit und Energie für die Suche nach einem Partner verwendet.

SZ: Auf der Hauptversammlung sollen drei neue Aufsichtsräte, zwei von News Corp, gewählt werden. Gibt es dann auch einen neuen Aufsichtsratsvorsitzenden?

Börnicke: Unser Aufsichtsratsvorsitzender Rainer Großkopf ist bis 2009 gewählt, und daran wird sich aus heutiger Sicht nichts ändern.

© SZ vom 9.6.2008/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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