Porsche und VW:Wenn sie zanken Seit' an Seit'

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Das Klima zwischen den Mitarbeitern von Porsche und VW ist vergiftet. Beide Seiten trafen sich vor Gericht. Für den Verlierer wird die Luft dünn.

Ansgar Siemens

Als die beiden Herren am Mittwoch vor dem Arbeitsgericht Ludwigsburg eintrafen, würdigten sie sich zunächst keines Blickes. Es herrscht Eiszeit zwischen Uwe Hück und Bernd Osterloh, den mächtigen Betriebsratsbossen von Porsche und VW.

Im Streit VW-Mitarbeiter gegen Porsche schmetterte das Gericht am Ende den Antrag Osterlohs ab. Hück, in einem Boot mit seinem Vorstand, triumphierte. Mehr als ein Etappensieg?

Seit Porsche sich anschickt, die Macht beim ungleich größeren Konkurrenten zu übernehmen, bangen die VW-Mitarbeiter um ihre Pfründen. Es geht um Einfluss, den sich die VW-Betriebsräte in Jahrzehnten erkämpft haben.

Stein des Anstoßes ist die Umwandlung der Porsche AG in eine Holding á la Societas Europaea (SE), im Volksmund: Europa-AG. Darin wollen die Familien Porsche und Piëch ihren Auto-Besitz bündeln: 100 Prozent an Porsche, 31 Prozent an VW.

Vollendete Tatsachen

"Eine Europa-AG erlaubt die Absenkung der Mitbestimmung", sagt Roland Startz, Aktienrechtsexperte bei der Kanzlei Beiten Burkhardt in München. "Damit das deutsche Mitbestimmungsrecht aber nicht ignoriert wird, müssen alle beteiligten Organe vor einer SE-Gründung sich über eine Lösung verständigen."

Das heißt: Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen sich einigen. Porsche-Chef Wiedeking und Betriebsrat Hück folgten den Buchstaben des Gesetzes: Sie zurrten fest, dass in dem Aufsichtsrat der Porsche Holding SE sechs Arbeitnehmervertreter sitzen sollen. Da Porsche derzeit nur 31 Prozent an VW hält, durfte ohne die VW-Mitarbeiter verhandelt werden.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche Chance die VW-Mitarbeiter noch haben.

Pikant: Sobald Porsche seine VW-Anteile auf mehr als 50 Prozent aufgestockt hat - der Schritt ist sehr wahrscheinlich - kommen die VW-Arbeitnehmer ins Spiel.

Zu spät, jammert Osterloh - und beantragte eine einstweilige Verfügung dagegen, dass die Porsche Holding SE schon Mitte November ins Handelsregister eingetragen wird. Das Ansinnen scheiterte am Mittwoch an den Ludwigsburger Richtern. Osterloh kündigte umgehend Widerspruch an gegen den Beschluss.

Was die VW-Mitarbeiter auf die Palme bringt: Laut Wiedeking-Hück-Deal stehen den VW-Arbeitnehmern im Holding-Aufsichtsrat drei Mandate zu, sobald Porsche die Mehrheit hält. Das sind genauso viel Sitze wie Hücks Mannen bekommen. Dabei ist VW (über 300.000 Mitarbeiter) deutlich größer als Porsche mit 12.000 Mitarbeitern.

Schleichende Entmachtung des VW-Aufsichtrats

Zwar bleibt die Volkswagen AG unter dem neuen Holding-Dach bestehen. Anwalt Startz spricht jedoch von einer "schleichenden Entmachtung" des VW-Aufsichtsrates. "Viele strategische Entscheidungen dürften bald in den Holding-Gremien getroffen werden."

Um ihren Einfluss in der SE im Nachhinein zu erhöhen, bleibe den VW-Mitarbeitern nur eins, sagt Startz: "Sie können auf eine Nachverhandlung pochen, wenn Porsche seine VW-Anteile auf mehr als 50 Prozent aufgestockt hat." Ob das Erfolg verheiße, sei unter Juristen umstritten.

Vielleicht macht ein gewerkschaftliches Trommelfeuer da mehr Eindruck auf die Porsche-Phalanx. Einen Vorgeschmack lieferte am Mittwoch Hartmut Meine, mächtiger IG-Metall-Chef in Niedersachsen.

"Fast jeder Beschäftigte bei Volkswagen ist Mitglied der IG Metall", sagte Meine im WDR. "Wir sind in der Lage, im Zweifelsfall auch zu streiten und zu kämpfen. Ich kann Herrn Wiedeking nur auffordern, diese Realitäten zur Kenntnis zu nehmen, sich mit uns zu arrangieren und auf Augenhöhe mit uns zu verhandeln."

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