Porsche und VW:Porsche pfeift auf eine "Hochzeit im Himmel''

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Die Autohersteller Porsche und VW schlüpfen unter ein Dach - und bleiben trotzdem eigenständig. Parallelen zu einer früheren Auto-Ehe weist Porsche-Chef Wiedeking weit von sich.

Dagmar Deckstein

Die Geburt eines neuen deutschen Autokonzerns erlebten die Aktionäre der Porsche AG auf einer außerordentlichen Hauptversammlung am Dienstag.

Zwar plant der Sportwagenhersteller aus Stuttgart-Zuffenhausen keinen Zusammenschluss mit Volkswagen; dennoch wird die Porsche AG mit den Anteilen am Wolfsburger Autohersteller zu einer neuen Holdinggesellschaft gebündelt.

"Es findet nicht nur keine Hochzeit im Himmel statt, nein, wir heiraten noch nicht einmal auf Erden'', erklärte Porsche-Chef Wendelin Wiedeking als Seitenhieb auf die seinerzeitige Fusion Daimlers mit Chrysler, die vom damaligen Konzernchef Jürgen Schrempp als "Hochzeit im Himmel'' gefeiert worden war.

Auch aus der missglückten Allianz von BMW mit Rover habe man gelernt. Porsche hat sich deswegen für eine andere Konstruktion entschieden, um seinen inzwischen knapp 31 Prozent betragenden Anteil an VW zu managen. Die Hauptversammlung beschloss eine neue Unternehmensstruktur und eine neue Rechtsform für Porsche.

Eine Vernetzung von Porsche und VW soll es nicht geben

Die neu zu bildende "Porsche Automobil Holding AG'' mit Sitz in Stuttgart hat die Aufgabe, Unternehmen und Beteiligungen zu leiten. Unter dem Holding-Dach ist zum einen der Sportwagenbauer "Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG'' angesiedelt und zum anderen die Beteiligung an der Volkswagen AG.

An eine Vernetzung beider Unternehmen etwa nach dem Modell Daimler-Chrysler sei nicht gedacht, betonte Wiedeking. Zugleich erhält die Porsche-Holding die Rechtsform einer SE (Societas Europaea), also einer Europa AG.

Wiedeking sagte, mit der neuen Struktur ändere sich für die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen nichts. So bleibe etwa die paritätische Mitbestimmung im Aufsichtsrat auch in der neuen Holding bestehen.

Die neue Holding hat zwei Vorstände: Wiedeking und Porsche-Finanzchef Holger Härter. Aufsichtsratschef soll wie schon in der alten Struktur Wolfgang Porsche werden. Damit soll sichergestellt sein, dass die Traditionsmarke erhalten bleibt: Porsche solle Porsche bleiben und Volkswagen bleibe Volkswagen, erläuterte Wiedeking den Aktionären.

Lesen Sie weiter, warum Porsche seinen Anteil an VW auf mehr als 30 Prozent erhöht hat.

"Wir schützen mit dieser Konstruktion nicht nur Volkswagen, sondern auch Porsche und stellen damit vor aller Augen sicher, dass nicht der Schwanz mit dem Hund wedelt'', fügte er hinzu. Wiedeking schloss zudem nicht aus, dass dereinst weitere Beteiligungen unter dem Holding-Dach angesiedelt werden könnten.

Spekuliert wird bereits seit längerem darüber, dass die Holding die Basis für einen großen Firmenverbund darstellen könnte, in dem VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch neben VW und Porsche auch einen neuen Nutzfahrzeugkonzern aus MAN, Scania und VW Nutzfahrzeugen einbringen könnte.

Erstmals erklärte Wiedeking öffentlich, was Porsche im März diesen Jahres bewogen hat, den VW-Anteil auf über 30 Prozent aufzustocken. Zuvor habe es einen ungewöhnlich schwunghaften Handel mit Volkswagen-Aktien gegeben, sodass der Verdacht nahegelegen sei, dass sich "hier eine dritte Partei positioniert'', dass also Finanzinvestoren den Wolfsburger Konzern attackieren könnten.

Erst nach der Anteilserhöhung habe man erfahren, dass eine Bank und kein Hedgefonds hinter dem schwunghaften Börsenhandel steckte. Ohne den Namen zu nennen meinte Wiedeking die WestLB. Im April war ruchbar geworden, dass WestLB-Mitarbeiter sich massiv mit VW-Aktien verspekuliert hatten.

Die Bank entließ zwei Manager, die die Handelslimits wiederholt überschritten und dem Vernehmen nach Kurse manipuliert haben sollen. Sowohl die Finanzaufsicht BaFin als auch die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft ermitteln inzwischen in dieser Sache.

Porsche-Jahresgewinn soll "deutlich über 2,1 Milliarden Euro liegen"

Vom Einstieg Porsches bei Volkswagen im September 2005 sollen Wiedeking zufolge die Stamm- und die Vorzugsaktionäre überdurchschnittlich profitieren. Nach dem Rekordgewinn vom vergangenen Jahr gebe es schon nach dem halben Geschäftsjahr 2006/07 "wieder einmal einen Ausreißer nach oben'' zu melden.

1,59 Milliarden Euro habe Porsche bereits im ersten Halbjahr verdient und Wiedeking stellte in Aussicht, dass das Jahresergebnis am Ende "deutlich, und ich meine deutlich über den 2,1 Milliarden Euro des Vorjahres liegen wird''.

Hintergrund für den weiteren Gewinnanstieg seien wiederum Kurssicherungsgeschäfte aus dem Erwerb der Volkswagen-Aktien und der Kursanstieg der VW-Papiere.

Allein die Tatsache, dass sich der Börsenkurs seit dem Porsche-Engagement mehr als verdoppelt habe und die daraus resultierende Neubewertung des Anteils habe im Halbjahresergebnis bereits mit 520 Millionen Euro positiv zu Buche geschlagen.

Mit der VW-Beteiligung, so Wiedeking weiter, sei Porsche zum "ernstzunehmenden Mitspieler im Konzert der Großen'' in der Autobranche aufgestiegen.

© SZ vom 27.06.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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