Plötzlich reich:Erst mal Urlaub machen

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Lotto ist eine Möglichkeit, schnell reich zu werden. Oder sogar superreich, so wie die US-Amerikanerin Mavis Wanczyk (2.v.l.). Sie gewann kürzlich die Rekordsumme von 758,7 Millionen Dollar. (Foto: Josh Reynolds/dpa)

Wer auf einen Schlag über viel Geld verfügt, sollte sich Zeit zum Nachdenken lassen - aber nicht zu viel, damit auf die schöne Summe keine Strafzinsen fällig werden.

Von Felicitas Wilke, München

Man muss nicht gleich den Jackpot knacken oder bei einer Quizshow gewinnen, um plötzlich eine große Summe Geld zur Verfügung zu haben. Genauso kann eine unerwartete Erbschaft einen Geldsegen herbeiführen, mit dem so nicht zu rechnen war. Und selbst der auslaufende Bundesschatzbrief oder die fällig werdende Lebensversicherung können ihre Besitzer überrumpeln, weil sie möglicherweise nicht mehr genau auf dem Schirm hatten, welche Summen sich über die Jahre angesammelt haben. Ist das Geld erst einmal da, stehen die neuen Wohlhabenden alle vor der gleichen Frage: zunächst durchatmen oder gleich handeln?

"Viele Menschen sind erst einmal überfordert, wenn sie auf einmal viel Geld besitzen", sagt der Wirtschaftspsychologe Janko Laumann. Dieses Gefühl begünstige überstürzte Entscheidungen, "die man mit klarem Kopf eher nicht getroffen hätte", sagt er. Manche kündigen wie die neue Multimillionärin Mavis Wanczyk, die gerade 758,7 Millionen Dollar im Lotto gewonnen hat, sofort ihren Job, andere kaufen sich ein Haus oder ein Auto, das sie gar nicht unbedingt bräuchten. Diese Impulshandlungen sollten die Menschen vermeiden, findet Laumann - und sich dazu durchringen, das Geld erst einmal liegen und die Gedanken schweifen zu lassen.

Mit hart erarbeitetem Vermögen gehen Menschen achtsamer um als mit gewonnenen Millionen

Frank Wieser ist Geschäftsführer der Vermögensverwaltung PMP in Düsseldorf und hat schon öfter Menschen beraten, die durch einen Lottogewinn oder einen Unternehmensverkauf plötzlich zu Millionen kamen. Weil es Freundschaften verändern kann, wenn einer plötzlich reich ist, rät Wieser den Neu-Reichen das gleiche wie die Lottogesellschaften - nämlich, "kein großes Ding" aus dem vielen Geld zu machen und nur einem kleinen Kreis davon zu erzählen. Und sonst? "Lange in den Urlaub fahren und im Kopf frei werden", sagt er. Das gelte auch für Menschen, die nicht gleich Millionen abgeräumt haben, sondern auf einmal über einen fünfstelligen Betrag verfügen.

Wenn die Reise vorbei ist, sollte man sich Wieser zufolge klar werden, was man möchte. Also etwa, ob man eine Immobilie oder Aktien kaufen und ob man den Betrag lang- oder kurzfristig anlegen will. Danach, schlägt Wieser vor, könne man sich drei bis fünf Angebote von unterschiedlichen Beratern einholen - und innerhalb von drei bis neun Monaten entscheiden, was mit dem Geld geschehen soll. "Man sollte zwar nicht vorschnell handeln, aber die Summe auch nicht zu lange auf dem Konto liegen lassen und am Ende Strafzinsen bezahlen", sagt der Vermögensverwalter.

Nicht jeder Geldsegen ist gleich. Der österreichische Wirtschaftspsychologe Erich Kirchler hat in einer Studie herausgefunden, dass Menschen mit ihrem hart erarbeiteten Geld achtsamer umgehen als mit durch Zufall erlangtem Reichtum. Sprich: Wer etwas leisten musste, um über Jahre hinweg Geldbeträge etwa in einen Sparplan stecken zu können, wird das Geld weniger leichtfertig ausgeben als andere, die es gewonnen oder unerwartet geerbt haben. "Selbst wenn der Sparplan mehr abwirft als erwartet, konnte man sich lange darauf einstellen, dass irgendwann eine höhere Summe fällig wird", sagt Wirtschaftspsychologe Laumann. Viele dieser Sparer hatten bereits einen Plan, wie sie das Vermögen verwenden möchten - und haben den unverhofft Reichen damit etwas voraus.

Wobei: Wahrscheinlich hat sich jeder schon einmal Gedanken darüber gemacht, was er oder sie denn tun würde, wenn plötzlich Unsummen auf dem Konto lagerten. Die Frage ist nur, ob man im Fall der Fälle wirklich so handeln würde. Als das Meinungsforschungsinstitut YouGov von den Menschen hierzulande wissen wollte, was sie mit unerwartet viel Geld tun würden, gab mehr als die Hälfte der Befragten an, den Betrag sparen zu wollen. 31 Prozent sagten, sie würden etwas Großes anschaffen, 20 Prozent teilten mit, sie würde die Summe anlegen. Vermögensverwalter Wieser hat noch eine andere Idee: "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es vielen Wohlhabenden hilft, einen kleinen Teil wohltätig einzusetzen, um dem Geld einen Sinn zu geben", sagt er.

Und was tun, wenn man es wie Mavis Wanczyk nicht geschafft hat, die frohe Kunde vom plötzlichen Reichtum für sich zu behalten? Auch hier hat der Vermögensverwaltet einen Tipp: "Kaufen Sie sich einen zweiten Anrufbeantworter!"

© SZ vom 28.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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