Piloten:"Zeit für mehr Geld"

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US-Piloten fordern nun einen Ausgleich für jahrelange Kürzungen nach den Insolvenzverfahren der großen Fluggesellschaften.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Es sind teils erstaunliche Zahlen sein, welche die amerikanischen Fluggesellschaften in diesen Wochen zu den Bilanzen des Jahres 2015 präsentieren. Nach einer Prognose des Branchenverbandes International Air Transport Association (IATA) wird der amerikanische Luftverkehrssektor einen Gewinn von fast 20 Milliarden Dollar ausweisen. So viel wie noch nie.

Damit machen die Airlines mehr als die Hälfte des Gewinnes der Branche weltweit. Nichts deutet darauf hin, dass es 2016 anders werden könnte, wieder sind beim Gewinn 20 Milliarden Dollar vorhergesagt.

Die Zahlen wecken Erinnerungen bei denen, die ziemlich viel dazu beigetragen haben, dass diese überhaupt zustande kommen konnten. Die Erinnerungen sind schmerzlich und wecken Begehrlichkeiten: Denn der aktuelle Erfolg der US-Fluggesellschaften beruht zu einem wesentlichen Teil auf den Kürzungen, die sie in den vergangenen Jahren im Zuge der großen Insolvenzverfahren durchgesetzt haben. Allen voran mussten die fürstlich dotierten Piloten bei den Branchengrößten Delta, United und American Gehaltskürzungen von etwa 40 Prozent hinnehmen. Außerdem haben sie ihre Betriebsrenten verloren. Die einst so mächtigen Piloten mussten zuschauen, wie ihre Errungenschaften binnen weniger Jahre verschwanden.

Die Pilotengewerkschaft Air Line Pilots Association (ALPA) hat nun beschlossen, dass es an der Zeit sei, aufzuholen. Delta und Southwest haben jüngst ihren Tarifkommissionen Angebote unterbreitet, doch die waren den Pilotenvertretern nicht gut genug. "Wir fordern erhebliche Gehaltserhöhungen und bessere Arbeitsbedingungen", so John Malone, ALPA-Verhandlungsführer bei Delta. "Diese stellen eine signifikante und gerechtfertigte Erhöhung der operativen Kosten von Delta dar. Aber Delta ist eine der profitabelsten Airlines, und das zum großen Teil wegen unserer Opfer in der Vergangenheit."

Um die Jahrtausendwende war es ein äußerst lukrativer Job, Pilot bei einer der großen US-Airlines zu sein. Gehälter jenseits der 250 000 Dollar waren schon damals möglich. Doch dann kamen die Terroranschläge vom 11. September 2001 und eine beispiellose Krise der Branche: Delta, United, American, US Airways - alle mussten sie Gläubigerschutz nach Chapter 11 des amerikanischen Konkursrechtes beantragen. Und nach den Insolvenzverfahren kamen die Fusionen: Die Marken Northwest, Continental, US Airways, America West, AirTran verschwanden. Heute kontrollieren die großen vier, American, Delta, United und Southwest, mehr als acht Prozent des Marktes auf den Inlandsstrecken, eine ähnliche Konzentration gibt es in keiner anderen Region. Dies hat Folgen: Die Airlines konnten ihre Kosten deutlich senken, zudem hielten sie die Kapazität knapp, die Preise stiegen und mit ihnen die Gewinne.

Doch die Piloten wollen nun ein deutlich größeres Stück davon abhaben. Wer als Erster Offizier bei einer der zehn großen oder mittelgroßen Airlines einsteigt, verdient im Durchschnitt gut 50 000 Dollar, Kapitäne in der Endstufe bekommen gut 200 000 Dollar, also deutlich weniger als vor 15 Jahren. Doch um wieder auf das Vorkrisen-Gehaltsniveau zu kommen und die Inflation der vergangenen 15 Jahre auszugleichen, müssten sie eher 350 000 Dollar verdienen, so rechnet ALPA vor. Und sie ist auf einem guten Weg: United hat einen neuen Tarifvertrag unterschrieben, der den Crews im Durchschnitt einen Zuwachs von 13 Prozent zugesteht, weitere Erhöhungen sollen folgen. American hatte schon vor einem Jahr den Anfang gemacht - dort verdienen Einsteiger nun gut 6000 Dollar und die erfahrensten Kapitäne 23 000 Dollar im Monat.

© SZ vom 02.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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