Pharma- und Chemiekonzerne:Jahr der Mega-Deals

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Firmen aus der Pharma- und Chemiebranche fusionieren, eine Milliardenübernahme folgt auf die nächste. Auf diese Weise können sich die Konzerne behaupten und verschaffen sich Zugang zu neuen Medikamenten.

Von Elisabeth Dostert, München

Der Preis für Größenwahn geht ganz klar an Pfizer. 160 Milliarden Dollar bietet der US-Pharmakonzern für die irische Firma Allergan - Viagra kauft Botox. Noch fehlt die Zustimmung der Aktionäre. Wenn alles klappt, könnte es aber die bislang größte Fusion in der Pharmaindustrie werden. Pfizer treiben aus Sicht der US-Finanzbehörden eher niedrige Beweggründe, das zeigen die technischen Details. Das Fusionsprodukt wird zwar Pfizer heißen, aber offiziell geht Pfizer in Allergan mit Firmensitz in Irland auf. Das spart Steuern.

Pfizer ist exemplarisch für den Markt. Pharma- und Chemiekonzerne fusionierten im vergangenen Jahr als gäbe es kein Morgen mehr. Es war das Jahr der Mega-Deals, heißt es in aktuellen Studien der Beratungsunternehmen KPMG und PwC. In der Pharmabranche summierte sich das Volumen der abgeschlossenen Übernahmen und Fusionen laut KPMG auf 298 Milliarden Dollar; in der Chemieindustrie waren es 74 Milliarden Dollar. Noch voluminöser sind die Ankündigungen; da führt der Zusammenschluss von Dow Chemical und Dupont mit 62 Milliarden Dollar die Rangliste an. Auch Deutsche mischen mit. Das Familienunternehmen Boehringer-Ingelheim verhandelt mit dem französischen Konzern Sanofi über einen Spartentausch: Selbstmedikation gegen Tiergesundheit. Boehringer Ingelheim würde zur Nummer zwei bei Tiergesundheit, Sanofi zur Nummer eins bei verschreibungsfreien Medikamenten.

Das ist einer der Gründe für den Fusionsdrang: Die Firmen bringen sich in Marktstellung. Oder einfacher ausgedrückt: Wer mitspielen will, muss vorne sein. Ein anderer Grund: Durch die Übernahme von Biotech-Firmen verschaffen sich die Pharma-Konzerne Zugang zu neuen Medikamenten, die zum Teil noch gar nicht auf dem Markt sind. Es ist eine Art Verjüngungskur für die Bieter. So will der britische Konzern Astra Zeneca 2,7 Milliarden Euro für die US-Firma ZS Pharma ausgeben. Zum Wertvollsten, was das erst 2008 gegründete börsennotierte Unternehmen bietet, gehört der Kationenaustauscher Zirkonium-Cyclosilikat (ZS-9) gegen Hyperkaliämien. Ein erhöhter Kaliumspiegel ist oft die Folge von Nieren- und Herzinsuffizienz.

Für die Chemieindustrie könnte sich die Fusion von Dow Chemicals und Dupont nach Ansicht von PwC-Experte Volker Fitzner als "echter Game-Changer" entpuppen. Kaum vollbracht soll der dann größte Chemiekonzern der Welt wieder in drei spezialisierte Konzerne aufgespalten werden: Agrochemie, Kunststoffe und Spezialchemie. Die Mitbewerber werden, schreibt Fitzner, reagieren müssen, etwa indem sie Abspaltungen der neuen Konzerne kauften und um sich ebenfalls zu spezialisieren. Nicht jede Ankündigung wird Wirklichkeit. Der US-Konzern Monsanto blitzte 2015 bei Syngenta ab. Mit einem Transaktionswert von 46 Milliarden Dollar ist es der größte gescheiterte Deal. Der Schweizer Agrochemie-Konzern bleibt aber im Spiel. Einen Alleingang hält Verwaltungsratspräsident Michel Demaré kaum für möglich. "Wenn sich unsere Konkurrenten zusammenschließen und wir außen vor bleiben, dann steigt der Druck auf uns, sagte er Ende Dezember der Zeitung Finanz und Wirtschaft. Der Fusionsreigen in der Chemie- und Pharmabranche, so sehen das auch KPMG und PwC in ihren Studien, geht 2016 munter weiter.

© SZ vom 13.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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